STEINGEDANKEN

S t e i n g e d a n k e n

Texte und Gedichte zum Thema Stein

zusammengetragen von Markus Kost

Steine

I like common materials, whatever is to hand, but especially stones. I like the idea that stones are what the word is made of.

 

Ich mag alltägliche Materialien, was immer gerade zur Hand ist, aber besonders mag ich Steine. Mir gefällt der Gedanke, dass Steine sind, woraus die Welt gemacht ist.

 

Richard Long 

Sprichwort

Wenn jemand in den Brunnen gefallen ist,
wirf ihm dann nicht noch Steine hinterher. 

Cassiano Ricardo

Der Stein ist das Kopfkissen, 
auf dem die Zukunft träumt. 

Antoine de St. Exupery

Ein Steinhaufen hört auf,
ein Steinhaufen zu sein,
sobald ein einziger Mensch ihn betrachtet,
der das Bild einer Kathedrale in sich trägt. 

...und Steine werden Brot.

… denn jede Trennung ist so

wie ein kleines Sterben.

Ich kenne jedes Glück und

jede Art von Schmerz.


 

Doch Dein "Wiedersehen"

das geht mir diesmal mitten

durchs Herz.

Dschungel voll Gefühl,

wenns nun Abschied heisst.


 

Dankbar für all das, was ihr

für mich seid. Aufbruch - immer neu.

Vorbei ist nicht vorbei.


 

Ein Lied trotz aller Not und Steine

werden Brot.

Auf Wiedersehen, was uns auch immer

droht.

Good bye, der zärtliche Chaot …


 

Songtext Udo Jürgens - Auszug aus: Zärtlicher Chaot

Die Zeit ist ein mächtiger Meister.

Selbst Steine gestaltet sie nach ihrem Willen. 
Wie viel mehr musst du dich ihr beugen. 
Falten im Antlitz der Erde, 
Zeichen des Wirkens der Zeit. 
Wenn der Stein nicht makellos bleibt, 
wie wenig dann erst der vergängliche Mensch. 
Durch den Stein in deiner Hand 
spürst du das Alter und die Kraft der Erde. 
Du weisst dich geborgen, in der Zeit getragen, 
von den Steinen, die dich auf deinem Weg begleiten. 

 

Brigitte Bohnhorst 

Zeit

So überschlägt sich die Zeit 
wie ein Stein vom Berge herunter, 
und man weiss nicht, 
wo sie hinkommt 
und wo man ist. 

Johann Wolfgang von Goethe 

Es reden die Steine

Es reden die Steine; 
Es raunt mir der Baum. 
Ich wand're alleine,
durch Zeit und durch Raum.

Und alle die Stimmen; 
Ich such' nach dem Sinn. 
Die Gedanken, sie schwimmen; 
ich weiss nicht wohin. 

Manfred Schröder

Aprilwind

Ich will nicht 
nach deiner Pfeife tanzen 
Aprilwind

 

Ich möchte wecken 
die Maitöne 
in meiner Flöte 
die schnitzte ein 
Hirt in Humora 
in der Baumzeit 
lang vor der Stacheldrahtzeit

 

aus dem Steingewicht 
winde ich mich 
übe prüfend 
den Maischritt 
den Flug

 

Unter bemoostem Stein 
die Flöte begraben 
wirf den Stein um 
Aprilwind

 

Härter der Flötenton 
heute 

 

Tanz nach meiner Pfeife 
Aprilwind 

 

komm mit mir 
zur Maimutter 
vielleicht weckt sie 
den sanfteren Ton 
in der Flöte 

 

Rose Ausländer 

Wunder

In dieser Welt können die einfachsten Dinge Wunder bewirken, 
wenn du nur bereit bist, sie wahrzunehmen. 


Ein Stein, der jahrelang auf dem Grund eines Sees gelegen hat, 
Kann dennoch dazu verwendet werden, Feuer zu machen. 


Eine kleine Kerze kann Licht in eine Höhle bringen, 
die jahrelang im Dunklen gelegen hat. 


Der Mond scheint in der Nacht und beleuchtet deinen Weg, 
eine Blume wächst am Wegesrand. 


Alles verändert sich, nichts ist für immer. 

Buddhistische Weisheit

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Geschichte vom kleinen Kieselstein

Am Wegesrand, mitten auf einem alten Steinhaufen, lag seit langer Zeit ein kleiner, grauer Kieselstein. Niemand beachtete im Vorbeigehen den Stein inmitten der anderen Steine, die scheinbar schon immer dort gelegen hatten. Von Jahr zu Jahr trotze der Kieselstein Wind und Wetter. Er wurde kalt und feucht, wenn es regnete. Er glänzte im Morgentau und an staubigen, heissen Sommertagen wurde er warm und Eidechsen sonnten sich auf ihm. Doch sonst interessierte sich niemand für ihn, er war ja nur ein Stein. Grau und wertlos. 

 

Eines Tages, als sich gerade ein bunter Schmetterling auf ihm ausruhte, kam wie aus dem Nichts eine kleine Hand. Sie gehörte einem Mädchen, das den Schmetterling entdeckt hatte. Als er wegflatterte, nahm sie den Kieselstein. Er passte genau in ihre Hand. Er fühlte sich gut an. Warm und stark. Sie steckte ihn in ihre Tasche und freute sich. Zu Hause malte sie einen schönen Schmetterling auf den grauen Stein, genau so einen wie den, den sie auf dem Stein gesehen hatte. Was für einen schönen Glücksbringer sie gefunden hatte! 

 

Ein Stein, der trotz seiner Kälte und Härte für das Leben steht, der Wärme und Stärke schenkt. An Ostern kommt dem Stein eine besondere Bedeutung zu. Der weggerollte Stein vor dem leeren Grab Jesu zeigt seinen Weg zu neuem Leben. 

Anna Steinacher 

Unterwegs

Der Weg ist holprig und steinig, 
trotz allem musst ich lachen 
und jedem Freude machen. 

Ich musst nicht alleine gehen 
denn mein Herz ist voller Liebe 
und kostbarer Menschen. 

Nicht alle gehen an meiner Seite 
aber ich werde für sie da sein 
soweit es für mich möglich ist. 

Isabella Petry 

Neue Wege

Sei es aus gesundheitlichen oder anderen Gründen…

Manchmal muss man einen  neuen Weg bauen, wenn man merkt, 
dass man den alten nicht mehr gehen kann. 

Doch man sollte bedenken... Nicht alle Steine des alten Weges eignen sich für einen neuen. 

Nimm dir überwiegend andere Steine, baue dir einen neuen Weg und gehe ihn mit ganzem  Herzen - Auch wenn es manchmal schwer ist. 

Peter Pratsch 

Die Unruhe loslassen

Immer noch gibt es Augenblicke, 
da spüren wir in uns den Anhauch 
von Ruhe und Gelassenheit. 
Vielleicht können wir dann die Leiter 
sehen aus Jakobs Traum, 
mit den Engeln, 
die daran hoch- und niedersteigen. 
Hernieder zu uns, 
in die Tiefe unserer steinigen Wege, 
sich herabneigend 
und den Segen Gottes zu uns tragend. 
Vielleicht können wir dann auf die 
unterste Sprosse der Leiter treten, 
die Unruhe loslassen, 
die uns umgibt. 
Segen empfangen 
und Segen weitertragen 
an Menschen 
in unserer Nähe. 

Barbara Cratzius

Lebenslauf

Ich war kein Stein keine Wolke 
keine Glocke und keine Laute 
geschlagen von einem Engel oder von einem Teufel 
Ich war von Anfang an nichts als ein Mensch 
und ich will auch nicht etwas anderes sein 
Als Mensch bin ich aufgewachsen 
und habe Unrecht erlitten 
und manchmal Unrecht getan 
und manchmal Gutes 
Als Mensch empöre ich mich 
gegen Unrecht und freue mich 
über jeden Schimmer von Hoffnung 
Als Mensch bin ich wach und müde 
und arbeite und habe Sorgen 
und Hunger nach Verstehen 
und nach Verstandenwerden 
Als Mensch habe ich Freude an meinen Freunden 
und habe Freude an Frau und Kindern und Enkeln 
und habe Angst um sie und Sehnsucht nach Sicherheit 
und will mit Menschen sein und manchmal allein sein 
und bedauere jede Nacht ohne Liebe 
Als Mensch bin ich krank und alt 
und werde sterben 
und werde kein Stein sein 
keine Wolke und keine Glocke 
sondern Erde oder Asche 
und darauf kommt es nicht an. 

Erich Fried 

Neue Wege

Sei es aus gesundheitlichen oder anderen 
Gründen... Manchmal muss man einen 
neuen Weg bauen, wenn man merkt, 
dass man den alten nicht mehr gehen kann. 

Doch man sollte bedenken... Nicht alle Steine 
des alten Weges eignen sich für einen neuen. 

Nimm dir überwiegend andere Steine, baue dir 
einen neuen Weg und gehe ihn mit ganzem 
Herzen - Auch wenn es manchmal schwer ist. 

Peter Pratsch 

Weil Steine leise sprechen

Weil Steine leise sprechen 
und nur im Flüstertone 
von ihrem Schicksal künden, 
vernehmen nur jene diese Stimmen, 
die auch der Stille des Windes, 
der Wolken und der Blumen lauschen 
und ihnen ihr Geheimnis abgewinnen. 

Dr. Carl Peter Fröhling 

Kiesel

Im sommerlichen Fluss suche ich unter den Steinen 
den unscheinbarsten. 
Der runde verwechselbare Kiesel 
(nicht ganz rund und nicht zu klein) 
der glanzlose graue 
wenn ihn die Sonne getrocknet hat 
ist der das nicht Nennenswerte 
die kleine Grösse 
in der es sich leben lässt 
im Gleichsein 
im Fluss? 

Heinar Kipphardt

Atem holen

Atem holen 
Leben schöpfen 
neu beginnen 
anders sehen 
Stein und Baum 
Zeit für Wirklichkeit 
und Traum 

Atem holen 

Hoffnung leben 
Zeit zum Ruhen 
und zum Schau'n 
neu dem Leben 
sich vertrau'n 

Atem holen 

Maria Baldus-Cohen-Or 

Problem

Es flog ein Stein so weit, so weit - 
und hatte doch kein Federkleid! 
Es war ihm ja zu gönnen. 
Indessen rechte Seltsamkeit, 
dass Steine fliegen können! 

Christian Morgenstern 

Es steht ein Stein

Es steht ein Stein im Garten 
alleine still für sich 
und träumt vom Meeresrauschen 
das längst verklungen ist 

Und noch in tausend Jahren 
hallt jeder Wellenschlag 
der ihn einmal umspülte 
auf seine Weise nach 

Im weiten Meer des Lebens 
hat alles seinen Sinn 
und nichts geht je verloren - 
weil einer sagt - ich bin 

Ihr gebt ihm viele Namen 
er weiss woran ihr denkt 
doch er bleibt stets der eine 
der selbst das Rauschen lenkt 

Es steht ein Stein im Garten 
und träumt vor sich hin 
ich möchte gerne wissen 
wer ich denn wirklich bin 

Robert Lerch 

Lebe dein Leben

Lebe dein Leben nicht in der 
Vergangenheit sondern im Jetzt. 
Jedoch, lasse dabei deine 
Vergangenheit nicht achtlos hinter dir. 
Denn eingebettet in ihr liegen deine 
Erfahrungen 
- die positiven, wie die negativen - 
welche die Lehrmeister deiner 
Gegenwart sind. 
SIE sind es, die dir die Rohstoffe liefern, 
mit denen du im Heute deine Wegsteine formst, 
auf denen du auch morgen noch gehen wirst. 
Darum achte darauf, welche Steine du formst. 
Vermeide Neid, Rache und Hass 
und die daraus entstehende innere Unruhe 
mit ihren immer wiederkehrenden 
Provokationen. 
Sondern forme Wegsteine der Güte, 
der Vergebung und der daraus 
entstehenden Liebe, 
auf dass du dir stets deinen 
inneren Frieden bewahrst.

Peter Pratsch 

Herz aus Stein

Bitte nimm mir mein Herz aus Stein! 
Ich will lieben wie du, mehr wie du will ich sein. 
Bitte nimm mir mein Herz aus Stein! 
Bitte gib mir ein Herz, das so ist, 
wie du willst, dass ich bin. 
Was ich getan hab‘, ist getan. Meine Worte - 
sie haben schon Wunden geschlagen. 
War blind und taub für Gefühle von anderen. 
Meine eig‘nen Interessen hab‘ ich nur verfolgt. 
Wie oft muss ich noch meine eig‘nen 
Ausreden hören und mir erzählen, ich wurd‘ 
auch verletzt? Wie vielen Freunden noch weh 
tun, wie viel Träume zerstörn, bis ich dir 
immer ähnlicher werd? 

Starrsinnig, stur und kalt wie Eis, 
ich wollte immer gut dastehn, um jeden Preis. 
Ich seh‘ jetzt, wie leicht man jemand verletzt, 
wenn doch Liebe das einzige ist, was er braucht. 
Wie oft muss ich noch weinend auf die Knie 
vor dir fall‘n, weil ich erkannt hab, wie hart 
mein Herz ist? Weil ich Freunde verletzt habe, 
weil ich Träume zerstört und ich doch sein 
möchte so, wie du bist. 

Bitte nimm mir mein Herz aus Stein! 
Ich will lieben wie du, mehr wie du will ich sein. 
Bitte nimm mir mein Herz aus Stein! 
Bitte gib mir ein Herz, das so sieht, wie du siehst. 
Bitte gib mir ein Herz, das so liebt, wie du liebst. 
Bitte gib mir ein Herz, das so ist, 
wie du willst, dass ich bin. 

Songtext & Musik: Dierk Bode 

Getragen

Durch 
den Stein 
in deiner Hand 
spürst du 
das Alter 
und die Kraft 
der Erde 

Du 

weisst dich 
geborgen, 
in der Zeit 
getragen 
von den Steinen, 
die dich 
auf deinem Weg 
begleiten 

Brigitte Bohnhorst 

Steinbearbeitung

Fäustel und Eisen, das Schlagen des Steins, 
Klang der Werkzeuge, 
Rhythmus, Zeit, Geduld, 
Meditation, Fühlen des Steins, 
Freude am Schaffen, Überwindung von Schwächen, Da sein, 
Stärke, Zeit, Geduld, Fühlen, Fühlen, 
der Form des Steins nachspüren, 
Freischlagen des inneren Bildes, Sich freischlagen, 
Einswerden mit der Zeitlosigkeit des Steins, 
Rhythmus, Zeit, Geduld, 
der Weg ist das Thema, Ruhe und Gelassenheit, 
Befreiung des Lichtes. 

C.M. 

Ulrich Erckenbrecht

Er fand den Stein der Weisen in seiner eigenen Brust:
sein versteinertes Herz. 

 

Altirischer Segenswunsch

Möge die Härte dein Herz niemals zu Stein verwandeln, wenn die Zeiten auch hart sind. Mögest du niemals vergessen, auch wenn dich Schatten umgeben: Du gehst nicht allein! 

 

Josef von Eichendorff

Im Stein schläft Gott, 
in der Pflanze träumt Gott, 
im Tier wacht Gott auf, 
im Menschen lebt Gott 

 

Marion Gitzel

Wer den ersten Stein wirft, braucht 
auf das Echo nicht lange zu warten. 

 

Freude ist 

wie ein Stein, 
der,
ins Wasser geworfen, 
immer grössere Kreise zieht. 

Adalbert Ludwig Balling 

Altirischer Segenswunsch

Möge die Härte dein Herz niemals zu Stein verwandeln, wenn die Zeiten auch hart sind. Mögest du niemals vergessen, auch wenn dich Schatten umgeben: Du gehst nicht allein! 

 

Robert Lerch

Das wahrhaft Gute,
selbst wenn wir es im Verborgenen tun,
zieht seine Kreise,
wie wenn wir einen Stein ins Wasser werfen. 

 

Jobst Quis

Dem Wasser des Lebens 

Bist du auch nur ein armer Tropf 
auf dem heissen Stein 
dein Zerfliessen, dein Vergehen 
wird den nächsten Kühlung sein 

 

Willy Meurer

Ein kluger Aphorismus ist ein Diamant für einen geistvollen Menschen und ein unnützer Stein im Kopf eines Narren. 

 

Karl Miziolek

Der Poet bearbeitet Steine mit Worten 
der Bildhauer mit dem Meissel 
die Natur mit Geduld. 

 

unbekannt

Sei vorsichtig, wenn du mich verurteilst … 
Der Stein, den du heute gegen mich wirfst, 
könnte der gleiche sein, über den du morgen stolperst. 

 

Georg Lysthenius (1532 - 1596)

Für kleines Geld verkauft man grosse Lügen, die Stein und Eisen überwiegen. 

 

unbekannt

Sei vorsichtig, wenn du mich verurteilst … 
Der Stein, den du heute gegen mich wirfst, 
könnte der gleiche sein, über den du morgen stolperst. 

 

Quelle: Elmar Schenkel, Die Stille und der Wolf

Der Name ist ein Intermezzo auf unserem Weg von der Namenlosigkeit in die Namenlosigkeit. Er bleibt eine Zeit lang sichtbar, wie die Kreise, die ein Stein im Wasser geworfen hat. Der Name ist ein Stein, der ins Wasser des Lebens geworfen wird. 

 

Andrea Mira Meneghin

Nicht jeder Stein liegt auf dem Weg - manchmal ist er im Schuh zu finden. 

Humberto Ak'abal

Die Steine sind eigentlich nicht stumm: sie schweigen nur.

Wenn Blicke sich treffen
und die Herzen dabei lieben, 
ist der Grundstein für die Liebe gelegt. 

crissi 

 

Für kleines Geld verkauft man grosse Lügen,
die Stein und Eisen überwiegen. 

Georg Lysthenius (1532 - 1596) 

 

Er fand den Stein der Weisen in seiner eigenen Brust: sein versteinertes Herz. 

Ulrich Erckenbrecht 

 

Der Name ist ein Intermezzo auf unserem Weg von der Namenlosigkeit in die Namenlosigkeit. Er bleibt eine Zeit lang sichtbar, wie die Kreise, die ein Stein im Wasser geworfen hat. Der Name ist ein Stein, der ins Wasser des Lebens geworfen wird. 

Quelle: Elmar Schenkel, Die Stille und der Wolf

 

Tausend und abertausend Ströme fliessen ins Meer, aber das Meer ist nie voll - und könnte der Mensch Stein zu Gold verwandeln, sein Herz ist nie zufrieden. 

Aus China 

 

Liebe ist nicht einfach da, wie ein Stein. 
Liebe muss gemacht werden, wie Brot; 
Sie muss ständig neu geformt werden. 

Ursula K. Le Guin 

crissi

Wenn Blicke sich treffen
und die Herzen dabei lieben, 
ist der Grundstein für die Liebe gelegt. 

 

Georg Lysthenius (1532 - 1596)

Für kleines Geld verkauft man grosse Lügen,
die Stein und Eisen überwiegen. 

 

Ulrich Erckenbrech

Er fand den Stein der Weisen in seiner eigenen Brust: sein versteinertes Herz. 

 

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Nicht jeder Stein liegt auf dem Weg - manchmal ist er im Schuh zu finden. 

Andrea Mira Meneghin 

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Steine werden erst unzerbrechlich, 
wenn sie zu Sand geworden sind. 

Sprichwort 

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Raubt man der Phantasie die Flügel, 
fällt sie schneller als ein Stein. 

Ekkehart Mittelberg 

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Es flog ein Stein so weit, so weit - 
und hatte gar kein Federkleid! 
Es war ihm ja zu gönnen. 
Indessen rechte Seltsamkeit, 
dass Steine fliegen können. 

Christian Morgenstern 

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Erinnerungen sind die Steine am Weg 
auf denen wir uns ausruhen können 

Anke Maggauer-Kirsche 

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Gerade jene Steine,
die dich ins Stolpern bringen,
sind deine Wegweiser. 

Martin Gerhard Reisenberg

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Wer von der Liebe getragen wird, 
braucht steinige Wege nicht zu fürchten. 

Marliese Zeidler 

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Die Steine deines Lebens werden immer 
da sein, aber das Meer der Zeit wird 
sie rund schleifen und du kannst lernen, 
auf ihnen zu tanzen. 

Sven Breitenstein 

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Eine Flaumfeder kann einen Kieselstein rund schleifen, 
sofern sie von der Hand der Liebe geführt wird. 

Hugo von Hofmannsthal 

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Fällt ein Stein auf den Topf:
wehe dem Topf;
fällt der Topf auf einen Stein:
wehe dem Topf;
in jedem Fall:
wehe dem Topf. 

Jüdisches Sprichwort 

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Wir sind nun mal zur Gemeinschaft geboren. Unsere gesellschaftliche Verbindung ist einem Steingebäude ähnlich, das einstürzen würde, wenn die Steine einander nicht wechselseitig stützten. 

Lucius Annaeus Seneca 

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Dem Wasser des Lebens 

Bist du auch nur ein armer Tropf 
auf dem heissen Stein 
dein Zerfliessen, dein Vergehen 
wird den nächsten Kühlung sein 

Jobst Quis 

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Herz aus! 
Herz aus Stein, 
bricht Herz aus Liebe! 

Dominik Mentorios 

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Ein Stein 
ist ein Stein.

Volker Harmgerdt

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Ein geduldiger Mensch
kann sogar Steine weich kochen
und den Sud geniessen. 

Sprichwort 

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Die Stimmung ist alles im menschlichen Leben.
Sie macht aus Steinen Gold und aus Gold Steine. 

Heinrich Laube 

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Es gibt Minuten,
in denen alle verborgenen Edelsteine
der Seele offenliegen! 

Robert Musil aus: Der Mann ohne Eigenschaften 

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Ewige Ostern 

Wer den Stein vom Herzen schiebt,
schenkt seiner Seele jederzeit ein Ostern. 

Monika Minder 

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Gott kann nicht alle Steine aus dem Weg räumen;
aber er hat uns die Fähigkeit gegeben,
es selber zu tun. 

Paul Schibler 

 

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Ehe ist
die gegenseitige Zärtlichkeit
von zwei Schleifsteinen. 

John Osbourne 

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Gut gehauene Steine
schliessen sich ohne Mörtel
aneinander! 

Marcus Tullius Cicero 

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Manche Menschen 
werfen Diamanten weg 
um ein paar Wochen mit 
Steinen zu spielen." 

unbekannt 

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Wer immer wieder daran denkt, 
was andere über ihn denken, 
legt sich selbst 
unnötig viele Steine 
in den Weg. 

Ernst Ferstl 

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Was geschah? Der Stein trat aus dem Berge. 
Wer erwachte? Du und ich. 
Sprache, Sprache. Mit-Stern. Neben-Erde. 
Ärmer. Offen. Heimatlich. 
Wohin gings? Gen Unverklungen. 
Mit dem Stein gings, mit uns zwein. 
Herz und Herz. Zu schwer befunden. 
Schwerer werden. Leichter sein. 

Paul Celan 

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Freunde sind wie Perlen, 
sie werden als Sandkorn geboren, 
festigen sich mit der Zeit 
und werden dann zum Schatz. 

unbekannt 

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Wir sind nun mal zur Gemeinschaft geboren. Unsere gesellschaftliche Verbindung ist einem Steingebäude ähnlich, das einstürzen würde, wenn die Steine einander nicht wechselseitig stützten. 

Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v. Chr – 65 n. Chr. 

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Manchmal musst du 
einen Stein nach dem anderen 
wegräumen, bevor du auf 
der Sonnenseite 
ankommst. 

unbekannt 

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Der Bach sieht weniger grossartig aus,
wenn keine Steine da sind,
über die er hinweg muss. 

Theodor Herzl 

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Viele Menschen schauen zu den höchsten Gipfeln auf und wollen sie erreichen. Doch viele stolpern schon über die kleinen Steine am Fusse des Berges. 

Frank Dommenz 

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Cuando el río suena es porque piedras trae. 

 

(Wenn der Fluss klingt, dann weil er Steine mitbringt.) 

 

Chilenisches Sprichwort 

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Als Rohdiamant geboren, 
vom Schicksal geschliffen, 
durch jedes Glück und jede Enttäuschung 
eine weitere Facette erhalten … 

Am Ende ein Brillant! 

unbekannt 

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Die Stimmung ist alles
im menschlichen Leben. 

Sie macht aus Steinen Gold
und aus Gold Steine. 

Heinrich Laube 

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Der Mensch stolpert nicht über Berge, 
sondern über einen Ameisenhaufen. 

Hans Fe Dse 

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Mit Steinen
kann man sich den Weg verbauen,
drüber stolpern oder sich dran erfreuen. 

Sabina Boddem 

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Wenn der geworfene Stein Bewusstsein hätte, so würde er sagen: Ich fliege, weil ich will. 

Blaire Pascal 

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Wirf nicht mit Steinen,
wenn es Gummibälle auch tun. 

Marion Gitzel 

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Willst du, dass wir mit hinein 
in das Haus dich bauen, 
lass´ es dir gefallen, Stein, 
dass wir dich behauen. 

Friedrich Rückert 

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Der Tod ist der Grenzstein des Lebens,
aber nicht der Liebe. 

unbekannt 

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Der Bach sieht weniger grossartig aus,
wenn keine Steine da sind,
über die er hinweg muss. 

Theodor Herzl 

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Steh auf Mädchen, steh auf 
Du stolperst über Steine, die du legst 
Steh auf Mädchen, steh auf 
Alles was du warst hat dich geprägt 
Steh auf 
Du stehst, du stehst, du stehst, du stehst 

Aus dem Songtext von Eule 

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Der Turm des Vertrauens
wurde Stein um Stein erbaut.
Deine Achtsamkeit ist der Mörtel,
der die Steine nicht wieder abbröckeln lässt. 

Ursula Schachschneider 

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Das Leben ist ein Schleifstein.
Ob er dich zermalmt oder poliert,
hängt vom Material ab,
aus dem du gemacht bist. 

Weisheitspruch 

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Der Vogel in der Luft, 
der Stein ruht auf dem Land. 
Im Wasser lebt der Fisch, 
mein Geist in Gottes Hand. 

Angelus Silesius 

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Wäre lügen so schwer wie Steine tragen, 
so würde jeder die Wahrheit sagen. 

Deutsches Sprichwort 

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Du willst,

wo nur ein Unrecht haust,
es offen sagen?
Das heisst:
Du willst
mit blosser Faust
Steine zerschlagen? 

Albert Roderich 

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Und irgendwann gewöhnte ich mir an,
jeden Stein einzeln wegzuräumen,
der meinen Weg säumte … 
Ich sammelte sie … 
… Und baute Brücken daraus … 

Alexandra Lewald 

Frühlingsbote

Der Frühling weiss zu finden 
Mich tief in Stadt und Stein, 
Giesst mir ins Herz den linden 
Fröhlichen Hoffnungsschein. 
Manch‘ grüne Wipfel lauschen 
Zwischen den Dächern vor, 
Ein Lerchenklang durch’s Rauschen 
Der Stadt schlägt am mein Ohr. 
Ein Schmetterling als Bote 
Flattert im Wind vorbei, 
Hinschwebend über das tote 
Steinerne Einerlei. 

Heinrich Seidel 

Ich wünsche dir

ich wünsche dir nicht 
dass dein Weg 
ohne Steine wär 
denn dann würdest du 
nicht mehr wachsen 

ich wünsche dir nicht 
du würdest nicht mehr straucheln 
sonst könntest du vergessen 
wie sicher der Boden ist 
der dich trägt 

ich wünsche dir nicht 
einen Weg ohne Schmerzen 
sonst würdest du dich 
am Ende wohl verlieren 
und nicht mehr zu dir finden 

doch ich wünsche dir 
einen sicheren Stab 
und wenn es dunkelt 
dass ein Licht dich 
leiten möge
und einen guten Freund 
an deiner Seite 

auf deinem Weg 

Anke Maggauer-Kirsche 

Der Stein

Es liegt ein grauer Stein im Bach, 
er ist ganz glatt und schimmert schwach. 
Ich heb ihn auf, er ist sehr kalt, 
mit Sicherheit ist er uralt. 
Der Stein wird warm in meiner Hand, 
es ist ein Glücksstein, den ich fand. 

Ingeborg Propson, Brigitte Schulze 

Das Leben

Das Leben als Spiel wäre so schön, 
nur jeder bestimmt die Spielart selbst, 
bestimmt die Regeln, ist Schiedsrichter, 
bestimmt, wer Zuschauer ist … 
wir sind wohl nicht in der Steinzeit 
geistig verhaftet geblieben, 
es wird doch eher die Zeit der Einzeller sein. 

Peter Sereinigg 

Die Steine und die Liebe

Ist ein Pärchen frisch verliebt, 
er sie mit zarter Sorgfalt umgibt: 
"He Kleinchen, heb die Beinchen 
es kommen Steinchen." 

Ist die Liebe etwas älter, 
klingt die Sorge etwas kälter: 
"He Kleine, heb die Beine, 
es kommen Steine." 

Doch wenn das Paar sehr lange verliebt, 
er nur noch den Hinweis gibt: 
"He Olle, heb die Botten, 
es kommen Klamotten." 

Wolfgang Rüdiger Guthmann 

Stille am See

Vorfrühling liegt in der Luft 
am Ufer ein schlafender Stein 
Die stürmischen Winde 
der letzten Tage 
vermochten nicht 
ihn aus den Träumen 
der Erdenjahre aufzurütteln 

Vorfrühling am Ufer des Sees
Nun da die sanften Kräfte der Natur 
dem Stein entgegenwachsen 
den Atem des Vorfrühlings verströmen 
und ein paar Sonnenstrahlen 
aus den Wolkenfenstern purzeln 
scheint es mir zu sehen 
wie das eine Auge des Steines blinzelt 
seine Nase sich leicht kräuselt 
Frühlingsgefühle werden wachgeküsst 
und verzaubern … 

R. G. 

Leise von den Alleen

Leise von den Alleen 
Ergriffen, rechts und links, 
Folgend dem Weitergehen 
Irgendeines Winks, 

Tritts du mit einem Male 
In das Beisammensein 
Einer schattigen Wasserschale 
Mit vier Bänken aus Stein; 

In eine abgetrennte 
Zeit, die allein vergeht. 
Auf feuchte Postamente, 
Auf denen nichts mehr steht, 

Hebst du einen tiefen 
Erwartenden Atemzug; 
Während das silberne Triefen 
Vor dem dunkeln Bug 

Dich schon zu den Seinen 
Zählt und weiterspricht. 
Und du fühlst dich unter Steinen, 
Die hören, und rührst dich nicht. 

Rainer Maria Rilke 

Umarmung

Die Kräuter bieten einander den Duft ihrer Blüten an, 
ein Stein strahlt seinen Glanz auf die anderen, 
und alles, was lebt, 
hat einen Urtrieb nach liebender Umarmung. 

Hildegard von Bingen, aus "Der Mensch in der Verantwortung" 

Steinreich

der Strand 
steinreich 
an Glück 
die Tage 
zwischen Steinen 
am Strand 

Annemarie Schnitt 

Stein vom Herzen

Mir fällt ein 
dass ich noch aufräumen muss 
mir fällt ein 
ich möchte noch einen Kuss 
mir fällt ein 
Lied nach dem anderen ein 

Mir fällt ein 
jetzt ist der Knoten geplatzt 
mir fällt ein 
mein Gott ich hab's nicht verpatzt 
mir fällt ein 
du wirst die Richtige sein 
Mir fällt ein Stein vom Herzen 
mir fällt ein Stein vom Herzen 
mir fällt ein Stein vom Herzen 

Mir fällt ein 
was ich für Fehler beging 
mir fällt ein 
es tut mir gut wenn ich sing 
mir fällt ein 
jetzt bin ich nicht mehr allein 

Mir fällt ein 
so lang und trüb war die Nacht 
mir fällt ein 
du hast mir Sonne gebracht 
mir fällt ein 
so war mein Leben gedacht 

Mir fällt ein Stein vom Herzen 
mir fällt ein Stein vom Herzen 
mir fällt ein Stein vom Herzen 

Von einem Moment auf den andern 
ist sie verschwunden 
die Last auf der Brust 
von einem Moment auf den andern 
hab ich sie wiedergefunden die Lust 
zu leben 
was kann es Schöneres geben 
Mir fällt ein Stein vom Herzen 
mir fällt ein Stein vom Herzen 
mir fällt ein Stein vom Herzen 

Songtext Heinz Rudolf Kunze

Les Beaux

Blöcke 
blau und braun  
ein schwebender Turm 
Kristalle 
aus Stein 
Uneben genau 
in der lila Luft 
diese geschichtete 
Masse Zeit 
Hart in der Höhe 
lichtwiederholt 
die weitgespannten 
kantigen 
Flügel 

Rose Ausländer 

Nicht alle Schmerzen sind heilbar

Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen 
Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein, 
Und während Tage und Jahre verstreichen, 
Werden sie Stein. 
Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre, 
Sie scheinen zerronnen wie Schaum. 
Doch du spürst ihre lastende Schwere 
Bis in den Traum. 
Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle, 
Die Welt wird ein Blütenmeer. 
Aber in meinem Herzen ist eine Stelle, 
Da blüht nichts mehr. 

Ricarda Huch 

nur Steine

Du sammelst nichts 
nur Steine 
sagtest du 

mir fiel 
ein Stein vom Herzen 
als du mich fandst 

du nahmst ihn 
legtest ihn zu den anderen 
in dein Leben 

eines Abends 
tauchte ich ein 
in deine Wärme und Schönheit 

versank darin 
wie eine Perle 
auf glitzernden Meeresgrund 

Diana Denk 

mosaik des lebens

du kennst dich schon dein ganzes leben 
hast viel erlebt in all der zeit 
doch ich ich lern dich jetzt erst kennen 
zeigst du mir die vergangenheit 
fügst stein zu stein aus deinem leben 
für mich zu einem bunten bild 
das ist dein mosaik des lebens 
was für mich zu entdecken gilt 

was waren deine schönsten träume 
wo kommst du her wo steht dein haus 
wo liegt bei dir der hund begraben 
war´s doch nur eine kleine maus 
sag welche zeit war deine schlimmste 
warst du im schatten oder licht 
weshalb denn seh ich manchmal tränen 
stumm kullern über dein gesicht 

bridge: 
ich wünscht ich könnte auch ein stein 
in deinem bild des lebens sein 

was war´n die schönsten urlaubszeiten 
stehst du auf berge oder meer 
zum frühstück lieber konfitüre 
den süssen wein nur zum dessert 
und wer war deine große liebe 
und warum ist sie heute fort 
vielleicht begannst du neu zu leben 
an einem völlig anderen ort 

gibt es in deinem leben lieder 
begleitest dich mit eigner hand 
spielst du auf saiten oder tasten 
bist du ein guter musikant 
du merkst ich habe tausend fragen
gibst du mir eine antwort drauf 
dann steht das mosaik des lebens 
und zeigt mir deinen lebenslauf 

sylt, januar 2016 
Lied von Nicole Oelmüller 

Auf dem Weg

Auf dem Weg, 
den du gehst, 
kommt es nicht nur auf 
die Anzahl der Schritte an, 
sondern auf 
die unvergesslichen 
Umwege, 
die unverhofften 
Begegnungen 
die Stolpersteine 
und auf die grossen und kleinen 
Abenteuer, 
die jeden Tag auf dich warten. 

unbekannt 

Erich Fried hatte einen Stein, der ihm beim Schreiben half.

Die kurze Geschichte lautet so: 

Die lange Geschichte ist folgende - und da möchte ich jetzt etwas ausholen - DU kannst ja dann die Geschichte umschreiben, kürzen oder erweitern: 

Es ist Anfang Dezember - und grauslich kalt und nass. Die schlechteste Zeit für Outdoor-Beschäftigungen ist immer auch die beste Zeit für Museums-Besuche. Ich war also im Wiener Bezirksmuseum Alsergrund - schön warm hier und voller Geschichte und Geschichten. Dort gibt’s auch einen Raum, der Erich Fried gewidmet ist … warum, fragst du? 

Dieser Exkurs würde jetzt meine Geschichte etwas zu sehr verlängern, daher nur kurz der Hinweis: Schau‘ ins Museum, dort erzählen sie dir gern auch diese Geschichte … oder du kannst dir bei Wikipedia selbst eine Antwort zurechtlesen. ;) 

Zurück ins Museum … und in den Ausstellungsraum zu Erich Fried … und jetzt ganz nahe ran an eine Vitrine: 

Jö, da liegt ein Stein mit einer Schnur dran … und daneben steht eine grosse alte Schreibmaschine. 

Das ist der Stein, der Erich Fried viele Jahre lang dabei half, Gedichte, Erzählungen, Briefe … zu schreiben. Denn als bei der Schreibmaschine der Rückholmechanismus kaputt ging, hat Fried - ein Tüftler, der nicht gleich alles (eigentlich nichts) weggeworfen hat, nur weil es wo zwickte - den Stein als Rückhol-Gewicht angebunden. 

Kannst du dir vorstellen, wie das dann ausgesehen hat? 

Die Schreibmaschine stand am Schreibtisch. Links vom Schreibtisch hing die Schnur mit dem Stein dran - und reichte fast bis zum Fussboden. 

Jeder getippte Buchstabe hat den Stein Stück-für-S-t-ü-c-k nach oben z-u-c-k-e-n lassen …

Jeder notwendige Zeilenwechsel hat den Stein wieder rrruuunter-rutschen lassen. 

Und so entstanden - Buchstabe für Buchstabe - Zeile für Zeile - während der Stein munter rauf hopste und runter rutschte - Liebesgedichte, Angstgedichte, Zorngedichte und Warngedichte … 

Vielleicht kennst du ja das eine oder andere Gedicht von Erich Fried? 

Vielleicht war der Stein auch dabei, als das Gedicht - Die Zeit der Steine - entstand? 

Vielleicht haben ja der Dichter und der Stein miteinander geredet? 

Vielleicht kommt daher auch die Zeile im Gedicht: 

Wer die Steine reden hört weiss, … 

Wer weiss, vielleicht hat der Stein den Dichter nicht nur jahrelang beim Schreiben geholfen, sondern auch beim Nachdenken? 

Nun, ich zumindest denke: 

Der Stein schrieb Gedichte - mit Erich Fried. 

Nun schreibt er - hier unter naDUr.at auch seine eigene Webgeschichte - mit mir. ;) 

Und vielleicht inspiriert er dich zu einer ganz eigenen Geschichte, wenn du ihn besuchen kommst - in seiner Vitrine im Bezirksmuseum Alsergrund. 

Autor ?, Webgeschichte 

Liebe

Der Wunsch,
zu vergeben und uns selbst Vergebung zu erlangen,
ist integraler Bestandteil der Liebe.
Er ist wie die unzähligen Steine,
mit deren Hilfe Menschen Gewässer aufwühlen,
die aus Gewohnheit zum Stillstand gekommen sind. 

Peter Ustinov 

How happy is the little Stone

How happy is the little Stone 
That rambles in the Road alone, 
And doesn't care abaout Careers 
And Exigencies never fears - 
Whose Coat of elemental Brown 
A passing Universe put on, 
And independent as the Sun 
Associates or glows alone 
Fulfilling absolute Decree 
In casual simplicity - 

Emily Dickinson (1830 - 1886) 

 

Wie glücklich ist der kleine Stein, 
Der über Wege streift allein 
Und um Erfolg sich kümmert nicht 
Auch kein Verlangen aus ihm spricht – 
Der eingehüllt in schlichtes Braun 
Um sich das Universum trägt, 
Und wie die Sonne frei und rein 
Verbindet und alleine leuchtet, 
das höchste Sein verwirklicht er 
durch schlichte Einfachheit - nichts mehr - 

Emily Dickinson, übersetzt aus dem Amerikanischen von Maoi Milalis 

Siddhartha

Wenn man einen Stein ins Wasser wirft, so eilt er auf dem schnellsten Weg zum Grunde des Wassers. So ist es, wenn Siddhartha ein Ziel, einen Vorsatz hat. Siddhartha tut nichts, er wartet, er denkt, er fastet, aber er geht durch die Dinge der Welt hindurch wie der Stein durchs Wasser, ohne etwas zu tun, ohne sich zu rühren: er wird gezogen, er lässt sich fallen. Sein Ziel zieht ihn an sich, denn er lässt nichts in seine Seele ein, was dem Ziel widerstreben könnte. Das ist es, was Siddhartha bei den Samanas gelernt hat. Es ist das, was die Toren Zauber nennen und wovon sie meinen, es werde durch die Dämonen bewirkt. Nichts wird von den Dämonen bewirkt, es gibt keine Dämonen. Jeder kann zaubern, jeder kann seine Ziele erreichen, wenn er denken kann, wenn er fasten kann. 

Hermann Hesse aus "Siddhartha" 

STEIN * REICH -

Steine, Steine - grosse, kleine, - 
rund und eckig - sauber - dreckig, - 
liegen stumm - nur so rum. - 

Manche riesig - andre kiesig - 
fein als Sand - oft am Strand - 
und in Mengen - die sich drängen. - 

Hochgeschichtet - steil errichtet, - 
fest gemauert, - überdauert - 
Zeit und Kriege - Tod und Siege. - 

… Es enthält - manches Feld - 
obendrauf - Steine zuhauf, - 
keiner mag - diese Plag. - 

Andre klare - wunderbare - 
schmücken Finger - kleine Dinger, - 
viele Kanten - als Brillanten. - 

Manch Gebein - wurd' zu Stein, - 
jetzt zu sehen - in Museen, - 
für viel Geld - aufgestellt … 

… Denk-mal dran - mahnen dann - 
uns oft Zeichen - solln nie weichen - 
für ewig sein - auf Kiesen-Stein - 

Oft durch Schmerzen - wurden Herzen - 
hart wie Stein, - können sein - 
böse Dinger - Unheil-Bringer! - 

Mancher Stein - bereitet Pein - 
bedrückt das Herz - mit Seelen-Schmerz, - 
befreit es wieder - fällt er nieder … 

Auf dem Grab - stellt' man ab 
meist behauen - um zu schauen 
wer entschlief - ruht dort tief. 

Es wird sein - solcher Stein 
einst wie mir - so auch dir. 
Doch die Zeit - lieg' recht weit! 

HAGETS Steingedicht 

Corona

Aus der Hand frisst der Herbst mir sein Blatt: wir sind Freunde. 
Wir schälen die Zeit aus den Nüssen und lehren sie gehn: 
die Zeit kehrt zurück in die Schale. 

Im Spiegel ist Sonntag, 
im Traum wird geschlafen, 
der Mund redet wahr. 

Mein Aug steigt hinab zum Geschlecht der Geliebten: 
wir sehen uns an, 
wir sagen uns Dunkles, 
wir lieben einander wie Mohn und Gedächtnis, 
wir schlafen wie Wein in den Muscheln, 
wie das Meer im Blutstrahl des Mondes. 

Wir stehen umschlungen im Fenster, sie sehen uns zu von der Strasse: 

es ist Zeit, dass man weiss! 
Es ist Zeit, dass der Stein sich zu blühen bequemt, 
dass der Unrast ein Herz schlägt. 
Es ist Zeit, dass es Zeit wird. 

Es ist Zeit. 

Paul Celan (1920 - 1970) 

Ostermorgen

Mir ist ein Stein vom Herzen genommen: 
meine Hoffnung, die ich begrub 
ist auferstanden 
wie er gesagt hat 
er lebt er lebt 
er geht mir voraus! 

Ich fragte: 
Wer wird mir den Stein wegwälzen 
Vom Grab meiner Hoffnung 
Den Stein von meinem Herzen 
Diesen schweren Stein? 

Mir ist ein Stein vom Herzen genommen: 
meine Hoffnung, die ich begrub 
ist auferstanden 
wie er gesagt hat 
er lebt er lebt 
er geht mir voraus! 

Lothar Zenetti 

Steine im Wildbach des Lebens

Ich brauch' sie einfach, 
die kleinen Freuden: 

ein Lächeln von dir, 
den Händedruck eines Nebenmir, 
ein "weisst du noch?" 
von alten Freunden. 
Ich kann nicht ohne Vorfreude, 
ohne Erwartung leben. 
Auch wenn ich deshalb 
oft enttäuscht bin. 
Sie werden mir nie 
selbstverständlich werden, 
denn ich weiss: 

Es sind Steine im Wildbach des Lebens. 

Wenn der Abstand von Stein zu Stein 
zu gross wird, 
werde ich jämmerlich ertrinken. 

Ute Maria Seemann aus: Mit einem Lächeln im Herzen 

Briefe

Warum versankst du mir so ganz? 
Ein Stein auf irgendeines Flusses Grund, 
tief unter Wellentanz und -glanz, 
ist mir nicht stummer als dein Mund. 

Geh hin zum nächsten Fluss, geh hin, 
und blick hinab, und siehst du einen Stein, 
so grüss dein dunkles Brüderlein 
und sag ihm traurig, wer ich bin. 

Nein sag ihm fröhlich, wer ich war! 
Ein Freund, mit dem du einst ein Herz und Sinn. 
Nein, sag ihm traurig, wer ich bin: 
ein Freund, nun aller Freundschaft bar. 

Christian Morgenstern 

Geh mit mir -

 

dann ist mir kein Weg zu steinig, 
kein Weg zu weit, 
kein Weg unmöglich. 

Sei nur bei mir - 
bleib an meiner Seite. 

Luise Schoolmann 

Fundstück: Rasselstein

(Für Helmut) 

Zerrieben von Gezeiten 
geworfen gestossen 
zerstossen 
Stein in Stein versteckt 
verschlossen vergessen 

bis du ihn findest 
ihn aufhebst 
an dein Ohr hältst 
im Rasseln 
ein Rufen zu hören 

Annemarie Schnitt 

Milch und Honig

Das Gewicht 
der Angst 
Die Länge und Breite 
der Liebe 
Die Farbe 
der Sehnsucht 
im Schatten
und in der Sonne 

Wieviel Steine 
geschluckt werden müssen 
als Strafe 
für Glück 
und wie tief 
man graben muss 
bis der Acker 
Milch gibt und Honig 

Erich Fried

Diamant

wie mag der Stein sich fühlen 
der krachend aus der Erde sprengt 
gepresst seit Millionen Jahren 
unscheinbar von aussen - kostbar von innen 
wie mag der Stein sich fühlen 
wenn der Diamantschleifer ihn ergreift 
Facette um Facette das Sonnenlicht 
im Innen leuchten lässt 
wie mag der Stein sich fühlen 
wenn er perfekt geschliffen 
über alle Facetten strahlend 
ins bunte Leben blickt 
in welcher Phase bist du noch in der Schleiferei 
erahnst du schon den unglaublichen Glanz in dir 
jammere nicht der Stein-Zeit hinterher 
um das Schleifen kommt keiner herum 
geniesse den Diamant in dir 
bring ihn zum Funkeln 
deine Klarheit lässt dich im Licht leuchten 
hast eh keine Wahl - 
wurdest als Diamant geboren 

Greta Silver: aus dem Buch "Lebensfreude pur"

Geborgenheit

Welle umspült 
den glatten Stein 
aus der Tiefe ans 
Licht geboren 
Gedanken bauen mir 
ein Haus 
umrauscht vom Wind - 
Trautes 
Lauschen 
bleibt drinnen 
geborgen. 

Otto Reinhards 

(Phantasiereisen-Identifikationen)

Der Stein

Nachdem die Welt entstanden war; alles Wasser in Meer, Flüsse, Seen und Bäche verteilt war, Tiere, Pflanzen und Menschen geschaffen waren, die Erde fruchtbar wurde und hohe Berge als Wächter alles überblicken konnten, blieben einige grosse Steine übrig. Sie liegen nun ganz verlassen herum. Steine in vielen Grössen und Formen, manche schroff und kantig, andere glatt und rund. Ein runder, glatter Stein liegt inmitten der anderen und fühlt sich dort nicht behaglich. Die anderen Steine liegen schwer auf ihm. Er hat wenig Platz für sich selbst, wenig Raum. Er fühlt sich beengt. 

Er fühlt sich schwer, ganz schwer. 

Fühl mal, wie schwer er ist. 

Er beklagt sich am Abend beim Mond. Der Mond kann allein nichts unternehmen, er kann nicht helfen. Er gibt die Klagen weiter an die Sonne, den Wind und den Regen. Sie alle versammeln sich zur mitternächtlichen Stunde und halten Rat. Der Wind ruft noch all seine Geschwister dazu. Zusammen werden sie zum Sturm, der über unermessliche Kräfte verfügt. Die Sterne müssen alles notieren, was der grosse Rat beschliesst, und der Mond wacht, dass sich kein Unbefugter einschmuggelt. Nach ausführlicher Beratung haben sie eine gute Idee. Der Sturm bläst mit all seiner Kraft, der Regen schicht Unmengen von Wasser auf die Steine. Der runde, glatte Stein fühlt, dass mit ihm etwas geschieht. Er kann sich von den anderen lösen. Immer mehr Platz bekommt er, immer mehr Raum. Plötzlich ist er aus der Mitte der anderen herausgelöst. Frei liegt er da. 

Er fühlt nun genügend Luft. Er kann tief durchatmen und fühlt sich frei. 

Fühl mal, wie frei er sich fühlt. 

Als der Sturm noch ein letztes Mal kräftig über ihn weht, rollt er immer weiter, bis hinunter zum Meer. Am Ufer eines blauen Meeres bleibt er im Sand liegen. Hier gefällt es ihm sehr gut. Er hat einen weiten, unbegrenzten Blick über das Meer. Zufrieden rutscht er noch etwas tiefer in den weichen, warmen Sand hinein. Er fühlt, das ist ein Platz, der zu ihm gehört. Es ist sein Platz. 

Er kann die Sonne rundum fühlen. Sie wärmt ihn angenehm. 
Fühl mal, wie angenehm warm sie scheint. 
Er fühlt die Winde, die sanft über ihn wehen. 
Er fühlt sich wohl. 
Fühl mal, wie wohl er sich fühlt. Und träum ein wenig weiter. 

Quelle: www.LESA21.de, Lernwerkstatt Sachunterricht, Steine, LehrerInnen Grundschule Haarentor 

Stehaufmädchen

Der Himmel über der Stadt, wird immer grauer und grauer 
Wie die Tage vorbei zieh'n, nichts scheint von Dauer 
Hast den Weckruf verpasst, stolperst in diesen Tag 
Du eckst hier und da an und trittst neben den Takt 
Ein richtiger Körper am falschen Platz 

Steh auf Mädchen, steh auf 
Du stolperst über Steine, die du legst 
Steh auf Mädchen, steh auf 
Alles was du warst, hat dich geprägt 
Steh auf 

Du stehst, du stehst, du stehst, du stehst 

Im System mit zwei Seiten und etlichen Brücken 
Der gezinkten Karten suchst du vergeblich die Lücken 
Fühlst dich kontrolliert, stösst dich an scharfen Blicken 
Doch du hast längst gezahlt, hier ist dein Tagesticket 
Fast wie ein Exot, in deiner eigenen Stadt 

Steh auf Mädchen, steh auf 
Du stolperst über Steine, die du legst 
Steh auf Mädchen, steh auf 
Alles was du warst hat dich geprägt 
Steh auf 

Du stehst, du stehst, du stehst, du stehst 

Steh auf Mädchen, steh auf 
Du stolperst über Steine, die du legst 
Steh auf Mädchen, steh auf 
Alles was du warst hat dich geprägt 
Steh auf, du stehst 

Songtext Eule 
Writer(s): Philip Speiser, David Leon August Stoltzenberg, Jessika Gudd, Emma Sophia Rosen, Markus Bremm 

Du stehst, du stehst, du stehst, du stehst 

Aus dem Songtext von Eule 

Geheimnisse

 

Alle Geheimnisse liegen in vollkommener 
Offenheit vor uns. Nur wir stufen uns 
gegen sie ab, vom Stein bis zum Seher. 
Es gibt kein Geheimnis an sich, 
es gibt nur Uneingeweihte aller Grade.    

Christian Morgenstern 

Katrin Zschauer

Erinnerungen sind tausende
von Pflastersteinen
auf deinem Lebensweg 

 

Rainer Marie Rilke

… Und die Musik,
immer neu,
aus den bebendsten Steinen, 
baut im unbrauchbaren Raum

ihr vergöttlichstes Haus. 
 

unbekannt

Eine erfolgreiche Person ist jemand,
der ein Fundament
mit den Steinen aufbauen kann,
die andere ihm in den Weg legen. 

 

unbekannt

Die besten Diamanten findet man nur
unter tausend Tonnen von Dreck. 

 

Aus der Türkei

Der Mensch ist härter als Stein
und zarter als eine Rose. 

 

Celine Rosenkind

Aus Steinen, 
die man mir auf meinen Lebensweg warf, 
habe ich einen Schutzwall gebaut 
um meine Seele. 
Wie wertvoll sie dadurch für mich geworden sind … 

 

Erhard Horst Bellermann

Der Stein,
der uns vom Herzen fällt,
zählt zu den echten Glückssteinen. 

 

Ernst Ferstl

Der Stein des Anstosses
ist meist nichts anderes
als ein Körnchen Wahrheit. 

 

Napoleon I. Bonaparte, (1769 – 1821)

Achte auf die Steine unterwegs,
gerade zum Stolpern
brauchst du Umsicht und Erfahrung. 

 

Andrea Redmann

Auch ein Herz aus Stein lässt sich erweichen.
Es dauert nur länger! 

 

unbekannt

Eine erfolgreiche Person ist jemand,
der ein Fundament
mit den Steinen aufbauen kann,
die andere ihm in den Weg legen. 

 

unbekannt

Geburtstage sind Meilensteine 
- sind sie es doch, 
die uns immer wieder darauf aufmerksam machen, 
dass die Zeit nicht stehen bleibt. 

 

Martin G. Reisenberg

Gerade jene Steine, 
die dich ins Stolpern bringen, 
sind deine Wegweiser 

 

unbekannt

Wenn du dich mal schlecht fühlst,
denk daran:
Seeotter haben eine kleine
Tasche in ihrer Haut,
in der sie ihren
Lieblingskieselstein aufbewahren. 

 

Muhammad Ali

Es ist nicht der Berg,
der dir zum Klettern so hoch erscheint,
es ist der Kiesel in deinem Schuh. 

 

Claudia Klein

Bleibe dran,
auch wenn die Steine
manchmal
sehr gross sind
und dir den Weg noch versperren! 

 

Wolfgang Menzel

Der Philosoph muss graben
nach dem Stein der Weisen,
dem Dichter fällt er als Mondstein
vom Himmel herab. 

 

Ernst Ferstl

Es ist sinnlos,
Liebenden Steine in den Weg legen zu wollen 
- sie sind auf dem Weg zu den Sternen 

 

unbekannt

Und mit jedem Stein,
den man mir in den Weg legt,
baue ich mir eine Treppe. 
Mit jeder Stufe mehr,
stehe ich über den Dingen! 

 

Isabella Petry

Behalte immer ein wenig Kind in dir, 
so kann dein Herz nie ganz zu Stein werden 

 

Lilli U. Kressner

Der eine Stein,
den du ins Rollen bringst,
kann hundert andere mitreissen. 

 

Angelus Silesius

Mensch,
nichts ist unvollkomm'n;
der Kies gleicht dem Rubin, 
Der Frosch ist ja so schön
als Engel Seraphim. 

 

Gerlinde Nyncke

Der Stein der Weisen
liegt vielleicht
in der Tiefe der Seele. 

 

Oscar Wilde, (1854 – 1900), eigentlich Oscar Fingal O’Flahertie Wills

Ah, ohne Liebe ist das Leben nicht besser
als der unbehauene Stein im Steinbruch,
bevor der Bildhauer ihm Gott eingefügt hat. 

 

Mila Haugowà

Und vollkommen reglos am Ende 
eines jeden Weges wartet der Stein. 

 

Lorenz Kellner

Unerschöpflich
ist die Einbildungskraft der Kinder:
Ihnen redet die Puppe, der Stein
und die Blume
und was sie ergreifen,
das möchten sie ändern
und gestalten. 

 

Blaire Pascal

Wenn der geworfene Stein
Bewusstsein hätte,
so würde er sagen:
Ich fliege, weil ich will. 

 

 

Horst Reiner Menzel

Wenn dich Sorgen und Ängste erdrücken,
vertraue sie einem guten alten Stein an,
werfe ihn in ein stilles, tiefes Wasser
und hoffe, dass sie mit ihm versinken. 

 

Steine

Weil Steine leise sprechen 

und nur im Flüstertone

von ihrem Schicksal künden,

vernehmen nur jene diese Stimmen,

die auch der Stimme des Windes,

der Wolken und der Blumen lauschen 

und ihnen ihr Geheimnis abgewinnen.


Dr. Carl Peter Fröhling

Bunte Kieselsteine

Wie gerne 
Sammle ich euch 
Bunte Kieselsteine 
Vom Weges- oder Meeresrand 
So sammle ich 
Mit jedem 
Eine kleine Erinnerung 
In meiner Hand 
Rund oder kantig 
Bunt oder schwarz oder grau 
Wie gerne 
Schaue ich euch an 
Wenn ihr 
Im Sonnenlicht leuchtet 
An eurem neuen Platz 
Hier bei mir 
Auf der Fensterbank 

Doris Wohlfarth 

Der Stein

Der Stein
In meiner Hand 
liegt ein kühler Stein. 

Meine Hand 
wärmt den Stein. 

Meine Finger 
schliessen Freundschaft 
mit dem Stein.

Georg Bydlinski 

Vom Stein, der fliegen wollte

An der norwegischen Küste, in der Nähe von Tromso, liegen seit vielen Jahrtausenden Steine am Ufer, kleine und grosse, in vielen verschiedenen Farben und Formen. Darunter war ein kleiner grauer Kiesel. Er war sehr flach, fast rund in der Form und durch die Jahrhunderte von Wasser ganz glatt geschliffen. Wenn Flut war, wurde er von Wasser überspült, und die Wellen liessen ihn mit den anderen Steinen durcheinander purzeln. Wenn Ebbe war, lag er zwischen den andern Steinen und trocknete. Das Schönste für ihn war, wenn die letzte Welle der Flut ihn nach oben auf die andern Steine rollte. Dann lag er da, schaute zur Sonne hoch, trocknete als Erster und gab sich seinen Träumen hin. Die anderen Steine kannten seine Träume. Sie hatten oft miteinander geredet. 

Einmal kletterte eine kleine Krabbe über ihn hinweg. 

"Na, Krabbe, wohin?", fragte der kleine graue Kiesel. 

"Heute Richtung Süden", sagte die Krabbe. 

"Du hast es gut, Krabbe, du kannst laufen, aber eines Tages werde ich auch von hier fortgehen!" 

Die Krabbe drehte sich zu ihm um: "Quatsch, kein Stein kann laufen oder springen!" 

"Du wirst schon sehen", sagte der Stein. 

Beinahe ärgerlich lief die Krabbe weiter und brummelte: "Unglaublich. Ein Stein hat doch keine Beine. So ein Unsinn. Ein Kiesel liegt da, wo er liegt!" 

An anderen Tagen kamen Sturmmöwen vorbei und liessen sich auf den Steinen nieder. Eine kannte den kleinen Stein bereits. 

"Na, Stein, träumst du immer noch vom Fliegen?" 

"Ja, sagte der kleine Kiesel. "Eines Tages werde ich fliegen." 

"Er spinnt", sagte eine andere Sturmmöwe. 

"Natürlich spinnt er", sagte die erste. 

"Ihr werdet schon sehen", sagte der Kiesel. 

Die Sturmmöwen aber lachten und schüttelten ihre Hälse. 

"Ein Stein kann nicht fliegen!" rief eine andere. "Niemals. Er hat doch gar keine Flügel!" 

"Und er ist zu schwer!", kreischte wieder eine andere. 

Dann flogen die Sturmmöwen auf und liessen sich vom Wind davontragen. 

Bei Flut schwamm ein Makrelenschwarm dicht am Ufer. 

"Eines Tages werde ich draussen im Meer schwimmen, wie ihr", rief ihnen der Kiesel zu. 

"Unmöglich. Du bist ein Stein und hast keine Flossen! Wie soll das gehen?" sagte eine Makrele. 

"Und ich werde tauchen wie ihr!" rief der Kiesel. 

Aber die Makrelen kannten den Kiesel schon. Sie hörten ihm gar nicht zu, sondern schwammen einfach weiter. 

Eines Tages kam die Elfe Norah vorbei. Sie setzte sich auf die Uferfelsen und blickte aufs Meer. An diesem Tag wehte kein Wind, und kaum eine Welle schwappte ans Ufer. Das Meer lag fast still. Lediglich eine leichte Dünung bewegte das Wasser. Die Steine redeten leise, und die Elfe Norah hörte ihnen zu. 

"Ich werde eines Tages von hier fortgehen", sagte der Kiesel. 

"Niemals. Du bist doch nur ein Stein. Wie wir!", sagte ein anderer Stein. 

"Schwimmen werde ich. Und tauchen!", wiederholte der Kiesel unbeirrt. 

"Nerv nicht herum, und halt endlich die Klappe!" schrie ein anderer Stein. 

"Ich werde schwimmen und tauchen!", bekräftigte der Kiesel. 

"Das erzählst du jetzt schon seit zweihundert Jahren", sagte der Nächste. 

"Ihr werdet schon sehen!" sagte der kleine graue Kiesel. 

Da ging die Elfe Norah zu ihm und nahm ihn in die Hand. 

"Du möchtest fortgehen, fliegen, schwimmen und tauchen?", fragte Norah. 

"Für mein Leben gern. Das ist mein grösster Wunsch!", sagte der Kiesel. 

Da warf die Elfe Norah den runden Kiesel flach auf das Wasser, und er sprang über die Wasseroberfläche, setzte sieben Mal auf und sprang weiter und flog dazwischen durch die Luft, dann tat er noch drei kleine Hüpfer und tauchte ins Meer. 

Trudelnd sank er zum Meeresboden. 

Die anderen Steine staunten. 

"Er ist tatsächlich fortgegangen!", sagte einer. 

"Und getaucht ist er!", flüsterte ein anderer. 

"Ob er wiederkommt?", fragte jetzt leise der erste Stein. 

Die Elfe Norah lächelte. "Vielleicht bringt das Meer ihn euch zurück. Wenn ihr ein paar Jahre Geduld habt, wird er mit den Wellen wieder zurückwandern an dieses Ufer." 

Dann ging sie. 

Und seitdem erzählen die Steine, die Wesen und die Menschen in Norwegen die Geschichte vom kleinen Kiesel, der springen, fliegen, schwimmen und tauchen konnte. 

Bernd Gieseking 

Spätsommer

Noch schenkt der späte Sommer Tag um Tag 
Voll süsser Wärme. Über Blumendolden 
Schwebt da und dort mit mildem Flügelschlag 
Ein Schmetterling und funkelt sammetgolden. 

Die Abende und Morgen atmen feucht 
Von dünnen Nebeln, deren Nass noch lau.
Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht 
Weht gelb und gross ein Blatt ins sanfte Blau. 

Eidechse rastet auf besonntem Stein, 
Im Blätterschatten Trauben sich verstecken. 
Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein 
In Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken. 

So wiegt sich manchmal viele Takte lang 
Musik, zu goldener Ewigkeit erstarrt, 
Bis sie erwachend sich dem Bann entrang 
Zurück zu Werdemut und Gegenwart. 

Wir Alten stehen erntend am Spalier 
Und wärmen uns die sommerbraunen Hände. 
Noch lacht der Tag, noch ist er nicht zu Ende, 
Noch hält und schmeichelt uns das Heut und Hier. 

Hermann Hesse 

Song-Text von Heinz Rudolf Kunze

Stein

Erzähl mir nichts lass alles ruhen 
geh keinen Schritt in meinen Schuhen 
keine Vor- und Überschriften 
weh denen die den Tag vergiften 
ich will nichts hören ich will nichts fühlen 
doch hör nicht auf mich zu umspülen 
ich bin ein Stein das Flussbett brennt 
ein weicher Stein den keiner kennt 
das Herz ist alt die Nase voll 
ein Stein den keiner werfen soll 
ein Stein den keiner finden soll 

Red weiter 
wie zu einem andern 
ich bin ein Stein 
und ich muss wandern 

Erzähl mir nichts kein fauler Zauber 
bemüh dich nicht der Wind wäscht sauber 
das Horoskop bleibt ungeschrieben 
neun Katzenleben um sind sieben 
kein Zifferblatt soll Reue bluten 
Tag X verging in Schreckminuten 
ich bin ein Stein ein feiger Felsen 
In Babylon in Rom und Belsen 
red weiter lass mich nicht allein 
ich möchte nicht die Antwort sein 
erzähl mir nichts umarm den Stein 
Red weiter 
wie zu einem andern 
ich bin ein Stein 
und ich muss wandern 

Red weiter 
summ mich in den Schlaf 
den Stein der nur 
ins Schwarze traf 

Das Herz ist alt die Nase voll 
ein Stein den keiner werfen soll 
ein Stein den keiner finden soll 

Die Berge zum Greifen

Bisweilen kehren die Dinge wieder 
an ihren angestammten Platz zurück 
alte Dias hinter Glas der Keramikkrug 
in Katzenform die Pinien der Zeltplatz 
am Meer eine lose Zeile aus Vaters 
Werkstatt: Sei dir nicht mehr fremd als 
nötig! Da seh ich dann alles sehr nah 
was uns war die Kindheit ein Spiel eine 
Hüpfburg die Berge zum Greifen und 
der Stein in der Faust ein Versprechen 

Brigitte Fuchs 

Inselstille

Karges Land in müden Farben 
Ocker, grau und weisser Stein 
Sanfte Heilung aller Narben 
Seele kann sich selbst befreien. 

Ocker, grau und weisser Stein 
Sonnenwarm und windgeschliffen 
Seele kann sich selbst befreien 
Meerumtost mit scharfen Riffen. 

Sonnenwarm und windgeschliffen 
Inselstille, Zeit gegeben 
Meerumtost mit scharfen Riffen 
Hoffnung kehrt zurück ins Leben. 

Inselstile, Zeit gegeben 
Karges Land in müden Farben 
Hoffnung kehrt zurück ins Leben 
Sanfte Heilung alter Narben. 

Isabella Kramer 

Sieh, ich war so oft allein

Sieh, ich war so oft allein, 
Und ich lernte gleich den Zweigen, 
Gleich dem Stein, 
Träume wachen, Worte schweigen. 

Denke, dass ich Dichter bin. 
Eure Sonne ist nicht meine. 
Nimm als Freund mich hin, 
Wenn ich dir auch fremd erscheine. 

Lass mich lauschen aus der Ferne, 
Wenn ihr tanzend schwebt, 
Dass auch ich das Schwere lerne: 
Wie man narrenglücklich lebt. 

Joachim Ringelnatz 

Der Stein

Fast wär vom Dach ein Ziegelstein 
mir auf den Kopf geflogen, 
jedoch “es hat nicht sollen sein”: 
er machte einen Bogen. 
Dass er das tat, ja, das war gut! 
Doch hat der Fall bewiesen: 
man sei beständig auf der Hut 
und geh nie ohne diesen! 

Heinz Erhardt

Leseliste

Lies einen Stein, 
ein Stück Rinde, ein Blatt, 
die Blindenschrift eines Menschengesichts; 
es wird deine Sprache, dein Leben 
verändern. 

Christine Busta 

Steine

Wenn die Steine reden könnten, 
wenn wir ihnen Sprechzeit gönnten, 
wenn wir sie doch schreien hörten, 
die in ihrem Fels gestörten, 
die zersprengten harten Brocken, 
die mit Wut zu Tale rocken, 
klein gemahlen, stumm geschlagen, 
angehäuft, dann fortgetragen, 
kugeln nach Millionen Jahren 
mit dem Bach zu Tal in Scharen, 
glatt geschliffene Trophäen, 
die wir suchen und erspähen, 
die wir mühsam in den Garten 
tragen und auf Antwort warten. 

Traute Rech-Schiffler 

Lebender Fels

Ich bin ein Stein, 
Leben sah ich und Tod, 
fühlte Glück und Gram und Kummer. 
Ich lebe das Leben des Felsens. 
Ich bin ein Teil der Erdmutter. 
Ich fühlte ihr Herz pochen an meinem. 
Ich fühlte ihren Schmerz. 
Ich fühlte ihr Glück. 
Ich lebe das Leben des Felsens. 
Ich bin ein Teil unsres Vaters, 
des Grossen Geheimnisses. 
Ich habe seine Trauer gefühlt. 
Und ich fühlte auch seine Weisheit, 
sah seine Geschöpfe, die Brüder mir sind, 
die Tiere, die Vögel, 
die flüsternden Wasser und Winde, 
die Bäume und alles auf Erden 
und jegliches Ding im All. 
Ich bin ein Verwandter der Sterne. 
Ich spreche, wenn Du mit mir sprichst. 
Ich will lauschen, wenn Du zu sprechen begehrst. 
Ich kann Dir helfen, wenn Du Hilfe brauchst, 
doch tue mir kein Leid, 
unser Fühlen ist eins. 
Ich bin gefüllt mit heilender Kraft, 
doch wirst Du sie suchen müssen. 
Du denkst, ich sei ein Felsen, 
welcher liegt in der Stille, 
in der Feuchte des Grundes. 
Doch das bin nicht ich, 
sondern Stück allen Lebens. 
Ich bin lebendig denen, die denken, 
ich bin zu helfen hier. 

Cespoch (Dancing Eagle Plume, 
aus „Neue indianische Poesie“, 
übersetzt von Anneliese Rudwaleit, 
entnommen aus „ Die Erdenhüter-Kristalle“ 
von Wolfgang Hahl 

Ruhe

In ihrem letzten Ziele suchen alle Kreaturen Ruhe, ob sie es selbst wissen oder nicht. Im Stein wird die Bewegung nicht früher geendet, bis er auf dem Boden liegt. Ebenso tun alle Geschöpfe: Sie suchen ihre natürliche Statt. Also sollte auch die liebende Seele ruhen als in Gott. 

Meister Eckhart (1260 – 1327) 

Die Kristallkugel

Es war einmal eine Zauberin, die hatte 3 Söhne. 

Irgendwann, da bekam sie Angst, dass ihre Söhne ihre Macht rauben würden und sie verwandelte den Ältesten in einen Adler. Von diesem Moment an, lebte dieser im Felsengebirge und hin und wieder konnte man ihn am Himmel sehen, wie er in grossen Kreisen auf- und ab schwebte. Den Zweitältesten ihrer Söhne verwandelte sie in einen Wal. Von nun an musste dieser im tiefen Meer leben und man sah ihn nur hin und wieder einen mächtigen Wasserstrahl in die Höhe werfen. Beide durften nur 2 Stunden am Tag in ihrer menschlichen Gestalt verbringen. Den Rest des Tages lebten sie als Tier. Der Jüngste bekam es nun mit der Angst zu tun, die Mutter könnte auch ihn in ein wildes Tier verwandeln, zum Beispiel in einen Bären oder einen Wolf, und so schlich er sich davon. 

Auf seinen Reisen hörte er irgendwann vom Schloss der goldenen Sonne und dass dort eine Königstochter auf ihre Erlösung warte. Schon 23 junge Männer hätten versucht, sie zu erlösen und alle seien gestorben. Nur noch ein einziger dürfe es jetzt versuchen. Und da sein Herz keine Angst kannte, wollte der jüngste Sohn der Zauberin versuchen, die Königstochter vom Schloss der goldenen Sonne zu erlösen. Er machte sich auf den Weg und fragte jeden, der ihm begegnete, ob sie wüssten, wo sich das Schloss der goldenen Sonne befände. Aber niemand konnte ihm helfen. 

Irgendwann, da kam er in einen grossen Wald und er verlief sich darin. Plötzlich erblickte er in der Ferne zwei Riesen, die ihn zu sich winkten. Als er näher kam, sprachen sie zu ihm: "Du kommst uns grad recht. Wir streiten, wem dieser Hut gehören soll und da wir beide gleich stark sind, kann keiner den anderen überwältigen. Und da die kleinen Leute klüger sind als wir, sollst du für uns entscheiden!" 

"Weshalb streitet ihr euch überhaupt um diesen alten Hut?" wollte der junge Mann wissen. 

Die Riesen lachten: "Du weisst nicht, was für Eigenschaften dieser Hut besitzt: Es ist ein Wunschhut! Jeder, der ihn aufsetzt und sich an einen Ort wünscht, befindet sich schon im nächsten Augenblick dort!" 

"Ich habe eine Idee!", sagte der junge Mann, "Gebt mir den Hut und ich gehe ein Stück des Weges. Dort hinten gebe ich euch ein Zeichen und auf mein Zeichen rennt ihr los. Wer immer von euch beiden zuerst bei mir angekommen ist, dem soll der Hut gehören!" 

Die beiden Riesen waren einverstanden und gaben ihm den Hut. Der Sohn der Zauberin setzte sich den Hut auf und machte sich auf den Weg. Doch je weiter er sich von den Riesen entfernte, desto mehr wanderten auch seine Gedanken. Irgendwann, da seufzte er laut auf: "Ach wäre ich doch nur schon auf dem Schloss der goldenen Sonne!" Kaum waren diese Worte über seine Lippen gekommen, da befand er sich vor einem Schlosstor auf einem hohen Berg. Er verstand sofort, wo er gelandet war. Neugierig ging er in das Schloss hinein und durchsuchte alle Zimmer. Im letzten Zimmer aber fand er die Königstochter. Als sie sich zu ihm umdrehte, da erschrak er. Sie hatte ein graues Gesicht voller Runzeln langes, strähniges Haar und trübe Augen. "Seid ihr die Königstochter vom Schloss der goldenen Sonne, die in aller Welt für ihre Schönheit und ihr gutes Herz bekannt ist?" 

 "Ja die bin ich. Aber lass dich nicht täuschen. Was du siehst, ist nicht meine wahre Gestalt. Ich wurde verwunschen." Sie nahm einen kleinen Handspiegel. "Schau in diesen Spiegel. Er zeigt mein wahres Gesicht." 

Der junge Mann blickte in der Spiegel und darin sah er eine wunderschöne junge Frau, der die Tränen nur so über die Wangen liefen. Da fragte er: "Wie kannst du erlöst werden?" 

"Nur wer die Kristallkugel dem Zauberer, der mich verwunschen hat, vor das Gesicht hält, kann damit seine Macht brechen und mir meine wahre Gestalt zurück geben. Aber schon so viele haben es versucht und sind meinetwegen gestorben. Ich will nicht, dass dir etwas passiert!" 

"Ich lass mich nicht davon abbringen, es zu versuchen. Also erzähl mir, was ich tun muss." 

Die Königstochter erklärte ihm darauf, dass er eine lange Treppe hinter dem Schloss heruntersteigen müsse, bis er an eine Quelle gelangt. Dort müsse er gegen einen mächtigen Stier kämpfen. Wenn er diesen besiegt, dann entsteige dem Stier ein Feuervogel, der in sich ein Ei trägt. Dieses Ei lasse er aber nur fallen, wenn er sich bedroht fühle. In dem Ei befinde sich als Eidotter die Kristallkugel, mit der sie befreit werden könne. Aber er müsse vorsichtig sein, wenn das Ei auf die Erde falle, dann verbrenne alles rundherum und die Kristallkugel ebenso. Und dann sei alles verloren. 

Der junge Mann verabschiedete sich von der Königstochter und stieg dann zur Quelle hinab. Unten angekommen bebte die Erde, als der wilde Stier angerannt kam. Der junge Mann kämpfte mit dem Stier und lange Zeit war nicht klar, wie dieser Kampf ausgehen würde. Irgendwann gelang es dem Jungen aber, den Stier zu töten und aus dessen Körper erhob sich ein wunderschöner Feuervogel in die Luft. Der junge Mann überlegte schon hin und her, wie er den Feuervogel verfolgen könne, da schoss ein Adler vom Himmel und jagte den Feuervogel bis zum Meer. Als der Feuervogel vom Adler immer mehr bedrängt wurde, konnte der junge Mann beobachten, wie er ein Ei auf eine Fischerhütte am Strand fallen liess. Die Hütte fing an zu brennen und der junge Mann rannte so schnell er konnte auf die Hütte zu. Er wusste, dass er zu spät kommen würde und die Krstiallkugel geschmolzen sein würde. 

Da erhob sich aus dem Meer ein mächtiger Wal und machte mit seiner Schwanzflosse so grosse Wellen, dass die Flammen in der Fischerhütte gelöscht wurden. Der junge Mann suchte sofort nach dem Ei und stellte verwundert fest, dass es noch nicht geschmolzen war. Die Schale war zwar bereits sehr warm und liess sich problemlos öffnen, aber der Kristallkugel war nichts passiert. 

Mit der Kristallkugel eilte der junge Mann zu dem Zauberer, welcher die Königstochter vom Schloss der goldenen Sonne verwunschen hat. 

"Meine Macht ist nun gebrochen.", meinte der Zauberer, "Mit dieser Kristallkugel kannst du auch deinen Brüdern ihre wahre Gestalt zurückgeben!" 

Der jüngste Bruder wollte das gerne tun und so umarmte er schon bald seine beiden älteren Brüder, die ihre menschliche Gestalt zurückerlangt hatten. Dann rannte er aber ins Schloss der goldenen Sonne. Im letzten Zimmer traf er die Königstochter an und als sie sich umdrehte und ihn anstrahlte, da war sie wieder in ihrer wahren Gestalt. Beide freuten sich sehr. 

Bald darauf wurde im Schloss der goldenen Sonne ein grosses Hochzeitsfest gefeiert und der junge Mann wurde König vom Schloss der goldenen Sonne. Er hat das Land noch lange und weise regiert und allen Menschen in seinem Volk  ist es gut ergangen. 

Aus der Sammlung Gebrüder Grimm 

Natur

Wenn immer sie mich fragen, 
Ob ich ein Freund sei der Natur, 
Was soll ich ihnen nur 
Dann sagen? 
 

Ich kann eine Bohrmaschine, 
Einen Hosenträger oder ein Kind 
So lieben wie Blumen oder Wind. 
 

Ein Sofa ist entstanden, 
So wie ein Flussbett entstand, 
Wo immer Schiffer landen, 
Finden sie immer nur Land. 
 

Es mag ein holder Schauer 
Nach einem Erlebnis in mir sein. 
Ich streichle eine Mauer 
Des Postamts. Glatte Mauer aus Stein. 
 

Und keiner von den Steinen 
Nickt mir zurück. 

Und manche Leute weinen 
Vor Glück. 

Joachim Ringelnatz 

Ruth

Leih mir dein weisses Hütchen 
für den Husch 
durch den Sommer 
leih mir deine Gummischuh 
für den Sprung 
über Muschel-Gestein 
leih mir deine Sonnenbrille 
ungeblendet Bilder 
zu bündeln 

Annemarie Schnitt 

Am Strand von Miramar

 

… Ich streife jetzt seit einem vollen Jahr über den Strand von Miramar und ich habe in dieser Zeit viele Menschen kennengelernt, die sagen, sie würden gern auch so ein Strandläufer sein wie ich. Für sie ist das die einfachste Sache der Welt. Sie meinen, dazu brauche man nichts als die richtigen Klamotten … 

... Ich sehe sie am Strand entlanggehen, einen Monat, eine Woche, ein paar Tage, die Köpfe gesenkt, Steine und Muscheln aus dem Sand klaubend. Sie halten inne, um mit mir zu plaudern, und holen aus irgendeiner tiefen Tasche einen angeschwemmten Schatz hervor, als hätten sie ein verlorenes Amulett wieder gefunden. Nach einiger Zeit verschwinden sie jedoch und widmen sich wohl wieder der Beschäftigung, von der sie unbedingt hatten frei sein wollen … 

Aus: Am Strand von Miramar (Das Kind sieht) von Richard Bode 

Weite

Die Weite, die Weite. Sie ruft mich, sie lockt mich, sie holt mich zu sich, sie lacht 

Ich reise in ihr von Hügel zu See, von Berg zu Wolke und weiter hinein in das endlose Land. 

Ich springe von Stein zu Stein, wirble Staub auf, atme den Wind. Frisch bläst er mir nach und entgegen. 

Stille finde ich und das Säuseln des Wassers. 

Ich tauche in Farben und Licht, breite meine Flügel aus und singe. 

Carola Vahldiek 

Kinder

Und ich habe viel über die Kinder nachgedacht,
die mit ihren weissen Kieseln spielen
und sie verwandeln:
Sieh doch, sagen sie, dort marschiert ein Heer
und dort sind die Herden:
Der Vorübergehende aber,
der nur Steine sieht,
weiss nichts
vom Reichtum ihrer Herzen. 

Antoine de Saint-Exupéry

Hoffnung

Aber ich sag dir, 
damit du nicht 
fortgehst, 
es lohnt sich 
zu warten, 
denn wir werden 
mit den Bäumen 
zurückwachsen 
in die Wurzeln ,
mit den Strömen 
umkehren 
zum Berg, 
mit den Steinen 
weich werden 
im Feuer 
und endlich 
erzählen können, 
was wir sein wollten. 

Peter Härtling 

Wechsel

Auf Kieseln im Bache da lieg ich, wie helle! 
Verbreite die Arme der kommenden Welle, 
Und buhlerisch drückt sie die sehnende Brust. 
Dann führt sie der Leichtsinn im Strome danieder; 
Es naht sich die zweite, sie streichelt mich wieder: 
So fühl ich die Freuden der wechselnden Lust. 

Und doch, und so traurig, verschleifst du vergebens 
Die köstlichen Stunden des eilenden Lebens, 
Weil dich das geliebteste Mädchen vergisst! 
O ruf sie zurücke, die vorigen Zeiten! 
Es küsst sich so süsse die Lippe der Zweiten, 
Als kaum sich die Lippe der Ersten geküsst. 

Johann Wolfgang von Goethe 

Weil verlieren so leicht ist

Der Ring mit dem hellblauen Stein 
den dir ein Traum gegeben 
du hast die Hand geöffnet 
im Schlaf 
da verlorst du den Ring 
Kroch eine Schnecke hindurch 
eine nackte Schnecke im Regen 
und trug ihn in ihr schleimiges Erdloch 
den Ring mit dem Traumstein? 
Fiel er dir in den Brunnen 
während du schliefst? 

Du hast im Schlaf die Hand geöffnet 
da verlorst du den Ring 
wie du alles verlierst 
- wie wir alle alles verlieren - 
Tag um Tag, 
was wir haben verlieren 
weil verlieren so leicht ist 
nur verloren haben 
so schwer 
Weil mühsam ist 
bewahren was wir lieben 
mühsam wir selbst zu sein 

Hilde Domin 

Aus Steinen werden Stufen

 

Auf jedem deiner Wege 
wirst du Steine finden. 
Du kannst sie umgehen, 
überspringen oder darüber 
stolpern. 
Du kannst aus ihnen 
aber auch Stufen bauen, 
Stufen, die dich weitertragen. 

Annegret Kronenberg 

Auf dem Fluss

 

sich treiben lassen 
entlang verwilderter Ufer 
vorbei am lauernden Reiher 
begleitet von Treibholz 

unterwegs sein 
lautlos dahingleiten 
umhüllt von Stille und Dämmerung 
beschirmt vom dunkelnden Himmel 

ankommen 
am Ende des Tages 
im Einfall der Nacht 

Frank Fischer 

Der Stein und das Gänseblümchen

 

Es war Frühling. In einem verwilderten Garten lag ein Stein. Auf seiner Oberfläche war eine Mulde, in der hielt sich nach dem Regen das Wasser. So diente der Findling den Vögeln als Tränke. 

Dem Stein gefiel das. Viele Jahre hatte er sich Gedanken darüber gemacht, was er eigentlich wert sei. 

Die Bäume hatten es gut. Sie legten im Frühling ihr grünes Blätterkleid an und spendeten den Menschen und Tieren Schatten. Manche waren sogar voller Früchte und wenn der Stein sah, dass die Kinder von den süssen Kirschen naschten, dann wurde er immer ein wenig neidisch. 

Ja, und die Blumen, diese zarten Geschöpfe, sie waren die Geschwister der Sterne. Das wusste der Stein von der alten Walli, die den Kindern immer so schöne Geschichten erzählte. Manchmal setzte sich die Walli zum Erzählen ins Gras und lehnte sich an den Stein. Diese Momente waren ihm heilig. Was gab es Schöneres, als einer Geschichte zu lauschen? 

Wie gern hätte der Stein die Walli gefragt, was seine Rolle auf der Welt sei.

Manchmal machte eine Hummel Rast auf dem Stein, das kitzelte und der Stein musste lachen. „Na, Dickerchen“, kicherte die Hummel, habe ich dich am Bauch gekitzelt?“ Da musste der Stein noch mehr lachen. 

Der Stein hatte immer wieder versucht mit den Menschen zu reden. Doch nie hatte ihm jemand geantwortet. Entweder hörten sie ihn nicht, oder sie verstanden nicht, was er sagte. Wie anders sollte er sich bemerkbar machen, es gelang ihm nicht, sich von der Stelle zu rühren, so sehr er sich auch anstrengte. 

Einmal aber, vor vielen Jahren, war es ihm fast gelungen ein wenig zur Seite zu rollen. Damals hatte ein Gänseblümchen zu ihm gesprochen und da es ganz nah bei ihm stand, konnte er es nicht sehen. Die liebliche Stimme des Blümchens hatte ihn aber so verzückt, dass er es unbedingt anschauen wollte. „Geh ein wenig weiter, damit ich dich sehen kann“, bat er. Doch das Gänseblümchen sagte traurig: „Das geht nicht, ich bin eine Pflanze und ich habe meine Wurzeln im Erdreich. Schau dir meine Schwestern an, dann weisst du, wie ich aussehe.“ 

„Deine Schwestern sind wunderschön, aber das ist doch nicht das Gleiche, als wenn ich dich betrachten könnte“, jammerte der Stein, nahm all seine Kraft zusammen und versuchte, ein wenig zur Seite zu rollen. Dabei ächzte und stöhnte er vor Anstrengung. 

„Pst, sei leise“, flüsterte das Blümchen. „Da kommen die Kinder, sicher wollen sie wieder Blütenkränze flechten.“ 

Das Blümchen verhielt sich mucksmäuschenstill. Annika und Tine setzten sich auf den Stein, der von der Sonne ganz warm war. „Sollen wir uns ein Kränzchen machen?“, fragte Annika. „Das ist langweilig, lass uns Geschichten erfinden, das macht mehr Spass“, schlug sie vor. 

Der Stein war erleichtert, es hätte gut sein können, dass es seinem Gänseblümchen an den Kragen gegangen wäre. 

„Sag mal“, fragte Annika, „wie findest du eigentlich den Neuen in der Klasse?“ Tine bekam ein knallrotes Gesicht. 

„Geht so!“, antwortete sie. 

„Na, du bist doch wohl nicht verknallt?“, lachte Annika, sprang auf und tanzte um den Stein herum. Dabei sang sie: „Tine liebt den Neuen, Tine liebt den Neuen!“ 

„So ein Quatsch!“ Tine stampfte verärgert mit dem Fuss auf. 

„Hast du denn nicht bemerkt, dass er dich in der Stunde immer nur anschaut und auf dem Schulhof läuft er auch dauernd hinter dir her.“, behauptete Annika und grinste von einem Ohr zum anderen. 

„Das ist gar nicht wahr“, stammelte Tine, aber irgendwie gefiel ihr der Gedanke doch sehr gut, denn der Felix, so hiess der Neue, war ein netter Junge. 

„Es lässt sich leicht feststellen, Moment!“ Annika pflückte ein Gänseblümchen und hielt es Tine hin. „Hier, du musst nur die Blütenblätter auszupfen und dabei sagen: „Er liebt mich, er liebt mich nicht… solange, bis kein weisses Blättchen mehr zu sehen ist. Dann weisst du’s!“ 

Tine nahm das Blümchen und stellte es in die Wassermulde auf dem Stein. „Du bist gemein, es vertrocknet doch!“ Sie nahm sich aber vor, später wieder herzukommen und den Test zu machen, wenn Annika nach Hause gegangen war. Sie musste ja schliesslich nicht alles wissen. 

Der Stein aber war verärgert. Die Menschen konnten ja ganz nett sein, und die Kinder mochte er besonders gern leiden. Schade, dass sie gar nicht darüber nachdachten, dass das arme Gänseblümchen nun sterben musste. Ach könnte er doch reden, dann würde er den Mädchen schon was erzählen. 

Am Abend kam Tine noch einmal in den Garten und setzte sich auf den Stein. Sie betrachtete lange das Gänseblümchen, das sich im Wasser frisch gehalten hatte und jetzt die Blütenblätter geschlossen hielt wie jeden Abend. „Ich werde dir die Blättchen nicht auszupfen, kleine Blume. Mir ist es auch egal, ob er mich liebt. Wenn es so sein sollte, dann werde ich das schon merken.“ 

Könnte der Stein lächeln, dann hätte er das jetzt sicher getan. „Wenn der Felix dich nicht liebt, dann ist aber einer da, der dich ganz arg gern hat“, dachte der Stein und dann seufzte er laut: „Ich liebe dich!“ 

„Ich dich auch!“, sagte Tine und streichelte den Stein. Dann ging sie zurück ins Haus. 

„Und ich auch“, flüsterte das Gänseblümchen und seine zarten Blütenblätter erröteten ganz leicht an den Spitzen. 

Der Stein war nicht ganz sicher, ob es ihn, oder die Tine gemeint hatte. Er wollte es auch gar nicht wissen, er würde es schon merken. 

Regina Meier zu Verl 

Pruth

Da zirpten die Kiesel im Pruth 
ritzten flüchtige Muster in 
unsre Sohlen 
Narzisse wir lagen im Wasserspiegel 
hielten uns selbst im Arm 
Nachts vom Wind bedeckt 
Bett mit Fischen gefüllt 
Goldfisch der Mond 
Schläfenlockengeflüster: 
der Rabbi in Kaftan und Stramel 
von glückäugigen Chassidim umringt 
Vögel - wir kennen nicht 
ihre Namen ihr Schrei 
lockt und erschreckt 
Auch unser Gefieder ist fertig 
wir folgen euch 
über Kukuruzfelder 
schaukelnde Synagogen 
Immer zurück zum Pruth 
Flösse 
(aus Holz oder Johannisbrot?) 


pruthab 
Wohin ihr Eilenden 
und wir hier allein 
mit den Steinen? 

Rose Ausländer 

Pruth: ein Fluss 

Der Fels in der Brandung und das Kieselsteinchen

Teil I 

Die Begegnung – Kennen lernen 

Ein Fels in der Brandung und ein Kieselsteinchen am Strand diskutierten über den Sinn und Zweck ihres Daseins. 

Fels: Ich bin der Fels in der Brandung. Ich bin stark und widerstandsfähig. 

Kieselsteinchen: Ich bin ein Steinchen am Strand, das beweglich ist und anschmiegsam. 

Fels: Bedenke, liebes Kieselsteinchen, dass dich jeder aufheben, nehmen, aber genauso auch wieder wegwerfen und verlieren kann. 

Kieselsteinchen: Dafür bist du unbeweglich und kommst nie von der Stelle. 

Fels: Da hast du Recht, aber ich verändere mich, weil die Elemente an mir arbeiten und mir ein neues Bild verleihen, aber im Kern bleibe ich mir treu, weil ich nicht wegschwimme. Du aber kannst fortgetragen werden vom Wasser oder von Menschen. Jeder kann mit dir spielen. Sie fragen dich nicht, ob dir das angenehm ist, was mit dir passiert und wohin du kommst. Ausserdem schleift dich das Wasser immer kleiner … 

Kieselsteinchen: Das ist das Risiko in meinem Leben. Ich habe zwar nicht die Wahl, wohin ich gelange, aber ich glaube daran, dass ich in gute Hände und an gute Orte gelange. Ich habe jedenfalls die Möglichkeit, an einem geschützten Platz zu liegen, an dem sich ein Mensch erfreut. Ich kann zu einem Glücksstein oder Talisman werden oder eine schöne Erinnerung an den Ort, an dem ich lag. Ich kann mich in eine warme Hand schmiegen und selbst zum Handschmeichler werden. Ja vielleicht verändere ich sogar mein Äusseres, weil ich bemalt werde oder komme als Schmuckstein zur Geltung … 

Fels: Das stimmt. Auch für mich ist es ein Risiko, wie sich meine äussere Veränderung vollzieht. Ich könnte ausgehöhlt werden, aber auch dabei kann ich eine Höhle bilden zum Schutz für Menschen oder Tiere. Ich bin immer da, wenn ich gebraucht werde. Man darf mich aufsuchen und sich ebenso meines Anblickes erfreuen. Ich bin von Ferne schon sichtbar und kann damit eine ganze Landschaft verzaubern. Ich halte das Wasser ab, damit es keine Überschwemmung gibt … 

Kieselsteinchen: Okay, du hast ja Recht, aber dafür bist du unnahbar. Niemand nimmt dich in die Hand. Du kannst dich auch nie verstecken und dich niemals anschmiegen. Du bist an vielen Stellen zwar vom Wasser glatt gespült, aber auch an vielen Teilen sehr, sehr kantig. Ich hingegen bin immer glatt und anschmiegsam. 

Fels: Liebes, ich habe es nicht nötig, mich zu verstecken. Ich stehe zu meinen Ecken und Kanten. Und weisst du wie langweilig das sein kann, wenn man immer glatt und manipulierbar ist. Ausserdem lebt meine Oberfläche. Darauf wächst Gras und Moos. Und manchmal kommen Menschen, um sich darauf auszuruhen. Sie liegen oder sitzen auf mir. Ich spüre ihre Wärme. Sie geniessen die Sonne und haben eine wunderbare Aussicht mit Meerblick auf dem höchsten Punkt meines Seins. Sie fühlen sich befreit und leicht … 

Kieselsteinchen: Hm, mir fällt nicht mehr viel ein. Irgendwie können wir jetzt so weitermachen oder damit aufhören? Was meinst du dazu, Fels? Ich fühle mich unwohl. 

Da herrschte plötzlich Stille … 

Nach einer Weile sprach der Fels: Weisst du liebes Kieselsteinchen, dass ich dich brauche? 

Kieselsteinchen: Wie? Du, mächtiger Fels, brauchst mich kleines Steinchen? Das musst du mir jetzt aber mal erklären. 

Fels: Das will ich gerne tun. Ich bin seit Jahrtausenden entstanden durch viele kleine Kieselsteinchen, die sich an mich geschmiegt haben. Deine Artgenossen sind ein Teil von mir. Du bist aus der gleichen Substanz wie ich! Ohne ein Steinchen wie dich, gäbe es mich gar nicht. Ausserdem schmiegst du dich gerade auch an mich am Fusse des Strandes. Und ich spüre deine glatte Oberfläche. Das tut so gut. 

Kieselsteinchen: Lieber Fels, es tut so gut, dich zu spüren. In deinem Schutz zu liegen. Ja, ich bin gerne bei dir. Doch, wenn ein Mensch kommt und mich mitnimmt oder die Wellen mich forttragen, dann ist es Zeit loszulassen. Dann sind noch viele andere Steinchen da, die sich mit dir unterhalten. Ich bin austauschbar. Du darfst hier bleiben, wo du hingehörst. Du hast eine Heimat und trotzdem Abwechslung. Du musst jedoch mit dem vorlieb nehmen, was auf dich zukommt. Und auch immer wieder von dem Abschied nehmen. Manche verweilen länger, manche streifen dich nur kurz. Dafür darf ich andere Länder sehen oder habe die Möglichkeit, in einem Haus oder Garten zu liegen. 

Fels: Was machst du denn, wenn du an einen Ort gerätst, an dem du nicht sein möchtest oder dort unverändert liegen bleibst? Vielleicht sogar ungeachtet von einem Menschen, weil der Reiz, den du anfangs hattest, vorbei ist, der Urlaub zu lange her ist oder der Mensch, der dich als Geschenk erhielt, dich aus Liebeskummer in den Müll wirft? Was machst du, wenn ständig auf einem Gehweg auf dir herumgetreten wird? … 

Es wurde plötzlich ganz still … 

Dann fragte das Kieselsteinchen ärgerlich, weil es mit seinen Ängsten konfrontiert wurde: Was machst du denn, wenn die Brandung so gross wird, dass das Meer dich verschlingt und du nicht weglaufen kannst? Du versinkst im Wasser, und niemand sieht dich mehr. Vielleicht strandet deshalb ein Schiff auf dir und geht unter, weil es dich nicht gesehen hat. Dann ertrinken Hunderte von Menschen deinetwegen! … 

Wieder herrschte grosse Stille …. 

Nach langem Überlegen sprach der Fels: Liebes Kieselsteinchen. Wir beide sind miteinander verwandt, mehr noch als alles andere. Alles im Universum ist miteinander verbunden. Uns kann gar nichts passieren, wenn wir unsere Gedanken positiv denken. Jeder ist eine Bereicherung für den anderen. Es gibt kein Gut oder Schlecht. Kein Stärker oder Schwächer! Du wirst gebraucht und ich auch. Was auch passiert, es geschieht gemäss eines universellen göttlichen Plans. Alles hat einen Sinn, wenn wir vertrauen können, dass alles im Hier und Jetzt gut ist, so wie es ist und gut wird. Komm, kleines Steinchen, und reibe dich ein bisschen an mir. Es tut mir gut. 

Das Kieselsteinchen fühlte sich plötzlich so frei und stark wie der Fels. Es hat den Fels insgeheim immer bewundert und beneidet um seine Standhaftigkeit, seines Mutes, seiner Stärke und Grösse. Um sich selbst stark zu fühlen, hat es ihm jedoch Arroganz und Sturheit, Starre und viele negativen Eigenschaften mehr zugeschrieben. 

Der Fels fand Kieselsteinchen zwar wunderschön, aber auch ziemlich wankelmütig und wechselhaft, weil sie sich doch immer nur von einem zum anderen Punkt tragen liessen, ohne sich wehren zu können. Insgeheim wünschte er sich doch auch mal geborgen und geschützt sein zu können und einfach mal Schwäche zeigen zu dürfen. 

In diesem Gespräch wurde beiden klar, dass sie ohne einander nicht existieren können und, dass jeder gut so ist wie er ist. Dass alles davon abhängt, im Hier und Jetzt dankbar zu sein, und alles einen Sinn macht. Dass zu allem Lebendigen Licht und Schattenseiten gehören. Das Beste daraus machen, darauf kommt es an. Das Dasein ist ein Abenteuer. Alles bereichert sich gegenseitig und lebt voneinander. Neid ist dumm. Das haben auch die beiden erkannt. 

Ob sie heute noch aneinander geschmiegt im Gespräch sind, der Fels und das kleine Kieselsteinchen? Das wissen nur der Wind und das Universum. 

Vielleicht liegt das Steinchen in einem dunklen Kästchen und lernt gerade, die Dunkelheit und Stille auszuhalten, weil es zu seinem Lebensplan gehört. Denn es kommt gestärkt irgendwann aus dieser Dunkelheit ans Licht und weiss, wie überlebensfähig es sein kann. Es durfte sich nur ausruhen, weil es diese Ruhe zugelassen hat und weiss, dass es nur zu sein braucht und nichts mehr beweisen muss. Es hat dadurch vielleicht gelernt, sein Glück nicht mehr im Aussen zu suchen und in der Bestätigung anderer. 

Vielleicht ist der Fels im Meer ertrunken und lernt nun, im Verborgenen, für die Wassertiere und Pflanzen ein Zuhause zu sein … 

Wer weiss? 

Was bleibt ist nur die Erinnerung an einen Fels in der Brandung und an ein Kieselsteinchen, die sich begegnet sind und voneinander gelernt haben, wie wertvoll sie beide sind … Geschöpfe der universellen Liebe und trotzdem Schöpfer ihres eigenen Lebensplanes. Eben zwei unzähliger Wunder der Natur … 

So, wie DU!!! 

… Gerade kommt ein Mensch vorbei und fotografiert Kieselsteinchen am Felsen, weil ihn der Anblick dieser Gegensätze so fasziniert … 

Sabina Boddem 


 

Der Stein

Der Stein der Angst 
Ist weggewälzt 

Der Stein 
Der empfundenen 
Ausweglosigkeit 
Der Verzweiflung 
Der Enge 
Und 
Des Zugeschnürtseins 

Seit Ostern 

Gudrun Kropp 

Der Schmunzelstein

Ich schenk’ dir einen Schmunzelstein,
schau her, er lacht dich an,
er passt in jede Tasche rein,
und stupst dich manchmal an.

Wenn’s Leben mal nicht ganz so leicht,
er nicht von deiner Seite weicht.
Dann schau ihn an und werde heiter,
das Leben geht gleich leichter weiter.

So hilft er dir an trüben Tagen
und will mit seinem Schmunzeln sagen:
Nach Regen, da kommt Sonnenschein,
den lasse in dein Herz hinein.

Unbekannt

Sorglos

 

Heb einen Kieselstein auf 
und übergib ihm deine Sorgen, 
deine Ängste und Zweifel. 
Und dann wirf ihn ins Meer. 
Die Wellen machen Sand daraus, 
langsam aber sicher. 
Wunderbaren, feinen Sand, 
der zum Strandspaziergang einlädt 

Jochen Mariss 

Ach wehe, meine Mutter reisst mich ein …

Ach wehe, meine Mutter reisst mich ein. 
Da hab ich Stein auf Stein zu mir gelegt, 
und stand schon wie ein kleines Haus, um das sich 
gross der Tag bewegt, 
sogar allein. 
Nun kommt die Mutter, kommt und reisst mich ein. 
Sie reisst mich ein, indem sie kommt und schaut. 
Sie sieht es nicht, dass einer baut. 
Sie geht mir mitten durch die Wand von Stein. 
Ach wehe, meine Mutter reisst mich ein. 
Die Vögel fliegen leichter um mich her. 
Die fremden Hunde wissen: das ist der. 
Nur einzig meine Mutter kennt es nicht, 
mein langsam mehr gewordenes Gesicht. 
Von ihr zu mir war nie ein warmer Wind. 
Sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind. 
Sie liegt in einem hohen Herz-Verschlag 
und Christus kommt und wäscht sie jeden Tag. 

Rainer Maria Rilke 

Wunsch

Wir wünschen dir,
dass auf deinem Weg durchs Leben
nur wenig Steine liegen,
dass sie klein sein mögen
und leicht zur Seite zu räumen,
und dass um einen grossen,
schweren Stein immer genug Raum sein möge,
damit du ihn umgehen kannst. 

unbekannt 

Federleicht

sei leicht 
wie eine feder 
vieles hast du schon 
erreicht 
du 
nicht jeder 

mit schaft und fahne 
wechselnden launen 
ich ahne trotz hakenstahl 
alle deine daunen 

sei leicht 
wie eine feder 
nicht schwer 
wie ein stein 
du 
nicht 
jeder 
kannst 
federleicht 
geerdet sein 

sei leicht 
wie eine feder 
und trotzdem bodenständig 
nicht seicht 
und übe wie noch nie 
plumologie 

Sabine Heuser 

Steine auf der Seele

Nun gut, es ist wieder Januar, aber wir werden diesen Monat fröhlich durchleben, es sei denn, wir haben Übergepäck auf der Seele. 

Wie wird man diese schweren Steine los? 

Mit leichtem Gepäck rennen die reichen Hedonisten bergauf und bergrunter, 

aber auch die Reichen haben Probleme, denn Reichtum ist relativ. 

Auch ich musste oft im Leben laut schnaufen, aber nur bergauf und tatsächlich habe ich die Steine im seelischen Rucksack manchmal wirklich vergessen, 

denn ich war zwischendurch mal reich. Die Steine waren aber noch da. 

Ich hatte keine Ahnung, wer mir die schweren Steine heimlich in den Rucksack gelegt hat, und als ich das wusste, wurden die Steine dann aber gar nicht leichter. 

Deshalb versuchte ich gar nicht nach den Schuldigen zu suchen. Rache ist anstrengend und wird oft zum Rohrkrepierer. Das Beste ist in einem solchen Fall das Loslassen: 

LOSLASSEN: 

Man kann oft die Menschen, die unsere Feinde sein wollen, gedanklich einfach loslassen, 

damit befreit man sich selber. Feindschaft besteht meistens schlicht aus Irrtümern, die zufällig entstehen können. 

Ein Schutzwall mit "Freunden" aufzubauen kann schützen, aber dieser Schutz ist nie gratis: 

Man muss gefallen, man muss sich verbiegen und Risiken eingehen. 

Man kann zum Steineträger der Freunde werden, die dich verlassen, sobald sie merken, dass du selber schwach bist. 

Loslassen bedeutet die Vergangenheit zu akzeptieren und bedeutet auch, in der Gegenwart zu leben, 

nur in der Gegenwart wohnt unser Glück. 

In meiner Jugend waren mir die liebsten Freunde und Freundinnen, die bescheiden, aber lieb zu mir waren. 

Warum? Sie hatten selber Steine auf der Seele! Auch wenn sie meine eigenen Gewichtssteine sahen, blieben sie mir treu. 

Ich habe ihre Sorgensteine ihnen aus dem Rucksack genommen und an den Wegrand gelegt. Meine eigenen Sorgen habe ich gezeigt, ohne Hilfe anzufordern. Das war vielleicht mit Prestigeverlusten verbunden, das musste man eben aushalten. 

Der Zugang zur Liebe und Sexualität war bei den Steineträgerinnen leichter, ihr Sexualempfinden war natürlicher und menschlicher: Es war tatsächlich Liebe! Vielleicht suchten sie auch nur Trost oder wollten mir was Gutes tun? 

Sie konnten mich dann loslassen, ohne mich in die Ehe zu zwingen. 

Loslassen ist das Rezept für einen freien Seelenflug: Man darf nicht klammern. Ich bin mehr als 50 Jahre verheiratet, weil ich meine Frau gedanklich losgelassen hatte. Ich betrachtete sie auch in der Ehe als freier, liebenswerter Mensch. 

Ich habe ihre schweren Steine weggeworfen und dafür meinen Respekt voll Liebe hineingelegt. Sie hat heimlich und leise meine schweren Seelensteine aus meinem Rucksack genommen und an den Wegrand gelegt: Ich habe das kaum bemerkt, denn sie machte keine grosse Geschichte daraus … 

Georges Ettlin 

Die Krähe und der Krug

Eine durstige Krähe fand einen grossen Krug. In diesem Krug war wenig Wasser. Die Krähe wollte daraus trinken, aber sie musste feststellen, dass entweder ihr Hals zu kurz war oder das Wasser zu niedrig stand. Sie strengte sich sehr an und verrenkte sich, aber kein einziger Tropfen Wasser kam in ihre Kehle. 

Da beschloss die Krähe den Krug einfach umzustossen, aber entweder war der Krug zu gross oder zu schwer oder die Krähe war zu klein oder zu schwach. Alle ihre Bemühungen das Gefäss umzustossen, waren umsonst. Da wollte die Krähe schon aufgeben. 

Schliesslich hatte sie aber einen Einfall: Sie hob im Garten einen Kieselstein auf, trug ihn im Schnabel herbei und liess ihn in den Krug fallen. Das Wasser stieg ein wenig. 

Dann holte sie einen zweiten Kieselstein und warf auch diesen hinein. Das Wasser stieg noch höher. 

Danach brachte sie immer mehr Steine herbei und liess sie in den Krug fallen. 

Endlich war das Wasser so weit gestiegen, dass die Krähe nach Herzenslust ihren Durst stillen konnte. 

Fabel nach Äsop 

Aus Hänsel und Gretel

 

Und als der volle Mond aufgestiegen war,
so nahm Hänsel sein Schwesterchen
an der Hand
und ging den Kieselsteinen nach,
die schimmerten wie neugeschlagene Batzen
und zeigten ihnen den Weg. 

Gebrüder Grimm

Leben

Aus dem Steine 
dringt das Leben, 
aus dem rissigen Gemäuer 
Blume, Blatt und Baum. 
Fruchtbar noch im Unfruchtbaren, 
saugt das Leben, 
stark und heiter, 
gross und hell sich 
mühelos ins 
Licht hinein. 

Dr. Carl Peter Fröhling 

Wegsteine

Lebe dein Leben nicht in der 
Vergangenheit sondern im Jetzt. 
Jedoch, lasse dabei deine 
Vergangenheit nicht achtlos hinter dir. 
Denn eingebettet in ihr liegen deine 
Erfahrungen 
- die positiven, wie die negativen - 
welche die Lehrmeister deiner 
Gegenwart sind. 
SIE sind es, die dir die Rohstoffe liefern, 
mit denen du im Heute deine Wegsteine formst, 
auf denen du auch morgen noch gehen wirst. 
Darum achte darauf, welche Steine du formst. 
Vermeide Neid, Rache und Hass 
und die daraus entstehende innere Unruhe 
mit ihren immer wiederkehrenden 
Provokationen. 
Sondern forme Wegsteine der Güte, 
der Vergebung und der daraus 
entstehenden Liebe, 
auf dass du dir stets deinen 
inneren Frieden bewahrst. 

Peter Pratsch 

Mittagsstille am See

 

Vogelpfeifen 
Mädchenlachen 
Blau der Himmel 
himmelblau 
mit einem weissen Wolkenband 

Blau der See 
türkis die Mitte 
meerblau bis zum weiten Ufer 
grün-blau, 
erdig das seichte Wasser am Strand 
Ein Stein darin 
Still liegt er da 
Was ist denn wohl in seinem Sinn? 

Es müssen blaue Träume sein 
nicht nur zur blauen Stunde 
Blaue Träume in der Bläue der Mittagsstille 

R. G. 

… Erinnerungen

 

… diese bunten Steine habe ich im Sommer in einem Bach aus meiner näheren Umgebung gesammelt. Da stand ich mutterseelenalleine in der brütenden Nachmittagssonne mitten im ausgetrockneten Bachbett der Luther. Umgeben von kipperweise bunt geschliffenen Steinen aus Nagelfluh-Molassegestein der Napfberglandschaft! 

Mein Glücksgefühl und Sammelfieber dort inmitten dieses ruhigen Steinbettes waren anhaltend und allmählich fühlte ich mich komplett zeitlos und frei von Gedanken. 

Erst als die Sträucher vom Flussufer her ihre langen Schatten über das Bachbett warfen, bemerkte ich, dass es spät geworden war. Rückkehrzeit in die Zivilisation … 

Elisabeth Bussmann

Kieselsteine

Die Kiesel, die kalten,
die ur-ur-uralten, 
im Bergbach liegen sie still. 
Ist mancher darunter, 
manch feiner, manch bunter, 
manch blankes, herrliche Ding. 
Der Fritz kommt vorüber 
gleich beugt er sich nieder, 
den Schönsten sucht er sich aus. 
Betrachtet und prüft ihn, 
umfasst ihn und wiegt ihn 
und wirft ihn, so weit er kenn. 
Der Stein lernt das Fliegen 
und wird wieder liegen 
tausend Jahre still. 

Josef Guggenmos 

Aus den Steinen

 

Aus den Steinen 
unserer Hoffnung, 
unserer Ziele, 
unserer Wünsche, 
unserer Träume 
möchte ich mit dir 
die Stadt bauen, 
deren Gesetz lautet: 
Füreinander leben. 
Miteinander leben. 
Mit Liebe leben. 
In Frieden leben. 

George Ghannam

Aufbruch

 

Stein 
dem die Adern sich öffnen 
durch die Kraft des Lebendigen 
 

Wurzeln 
erlösen ihn 
aus dem Vergessen 
in die Vergänglichkeit 
 

Ich 
sagt der fröhliche Mensch 
bin durchwachsen vom Geist 
Der hebt mich empor 
zu meinesgleichen 
 

Bernd Knebelmann

Türmen Steine

 

sich zuhauf 
schwing kühn 
dich obendrauf 
halt Ausschau du 
in alle Winde 
wo ein guter Weg 
sich finde 

Annemarie Schnitt 

Der Stein

 

Ein kleines Steinchen rollte munter 
Von einem hohen Berg herunter. 
Und als es durch den Schnee so rollte, 
Ward es viel grösser als es wollte. 
Da sprach der Stein mit stolzer Miene: 
“Jetzt bin ich eine Schneelawine". 
Er riss im Rollen noch ein Haus 
Und sieben grosse Bäume aus. 
Dann rollte er ins Meer hinein, 
Und dort versank der kleine Stein.

Joachim Ringelnatz

alle steine auf dem weg

 

alle steine auf dem weg, alle 
wellen im feld und die furchen 
die das meer pflügen. 
alle wolken in der nacht 
und die sterne, die in den nächten wohnen 
und bei tag schlafen sie 
im lehm. alle schritte 
die du getan und alle wege 
die dich führen und die schiffe 
die du hast ausfahren sehen 
und die, die träumen 
auf dem grund aller meere. 
und du und ich, wie wir waren 
und du und ich, wie wir werden. 
und alle träume, die wir schon träumten 
und all dieser raum, der sich im innern verzweigt 
wie ein baum 
all dieser raum ... 

Anna Montero 

Fehmarn

 

dich nenne ich 
fragt mich wer 
nach meiner grossen Liebe 
 

spröde dein Gesicht 
von Strömungen umrissen 
deine steinerne Gestalt 
 

ausgeliefert den Stürmen 
der Sonne preisgegeben 
verloren unter Sternen 
 

dich nenne ich 
fragt mich wer 
nach meiner grossen Liebe 
dich 
gehalten 
von den Armen 
des Himmels 
 

Annemarie Schnitt 

Der Zauberstein

 

Einst lag ein goldbraun funkelnder Bernstein zwischen Muscheln und Treibholz im Sande. Das Meer hatte ihn an Land geworfen, aus irgendeiner Laune heraus, wie es so manches an Land wirft und anderes wieder verschlingt. Dort lag er nun, glatt und klar auf der einen, rau und undurchsichtig auf der anderen Seite, überzogen von einer feinen Kruste aus Salz. 

Wie lange der Stein dort lag, weiss niemand. Doch eines Tages kam ein Junge des Wegs, barfuss über den Sand schlendernd, die Schuhe in der Hand. Er war auf dem Weg in das nahegelegene Fischerdorf, doch er hatte es nicht eilig. So bummelte er am Strand, liess sich die Wellen um die Knöchel spülen und stiess gelegentlich ein Stück Holz oder eine Muschel zurück ins Meer. Plötzlich fiel sein Blick auf den leuchtenden Stein. 

Er blieb stehen und beugte sich hinab, seinen Fund näher zu betrachten. „Was haben wir denn hier?“ sprach er, „ein Juwel oder bloss eine Scherbe?“ Eilig setzte er seine Schuhe auf den Sand, ausser Reichweite des Meeres, dessen flache Wellen nach allem leckten, was auf dem Strand zu finden war. Dann fasste er nach dem im Sand eingebetteten Stein, löste in vorsichtig heraus und hob ihn hoch. Aber in diesem Moment verzog sich sein Gesicht vor Enttäuschung, war das vermeintliche Juwel doch viel zu leicht. Einen Moment betrachtete er den Stein geringschätzig, drehte ihn hin und her, warf ihn ein paar Zoll in die Höhe und wog ihn in der Hand. 

„Du bist ja gar kein richtiger Stein!“ sprach er. „Schade, ich dachte schon, du könntest mir ein wenig Kleingeld bescheren auf dem Markt. Aber so ein leichtes Ding ist wohl kaum zu etwas nütze.“ Und mit diesen Worten holte er weit aus und warf den Stein in hohem Bogen hinaus ins Meer. Der Bernstein jedoch war sehr betrübt durch diese Worte, denn niemand möchte unnütz sein, nicht einmal ein Stein. So sehr grämte er sich, dass  er seinen klaren Glanz verlor und seinerseits ganz trübe wurde. Es war ihm, als müsste er nun für immer sinnlos im Meer treiben, das ihm plötzlich so endlos erschien. Endlos und öde. 

Doch das Meer warf ihn erneut an Land. Aus welcher Laune auch immer fast genau an jene Stelle, an der er zuvor schon gelegen hatte. Dort lag er nun wieder, nicht mehr funkelnd und leuchtend, sondern nur noch schwach schimmernd, unauffällig zwischen Muscheln und Holz. Wie lange er dort lag, ist nicht bekannt, doch eines Tages kam ein Mädchen daher. Es kam aus dem nahegelegenen Fischerdorf und war an den Strand geeilt, um alleine zu sein. 

Es war ein kühler und nebliger Tag, ein feiner, aber nicht weniger durchdringender Nieselregen fiel, und das Meer lag bleigrau und schwer in der Bucht. Sehnsucht und Trauer hingen in der Luft, durchaus passend zur betrübten Stimmung des Mädchens, das von seinem Kummer an den Strand getrieben wurde. Ihr Liebster war in die Stadt gezogen, aus Not, denn schon lange gab der Fischfang nicht mehr genug her, um davon zu leben. „Zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben,“ sagte er und dann hatte er ihr beteuert, schon bald Nachricht zu geben und dereinst wiederzukehren. Doch das war Monate her, und keine Silbe hatte sie seither von ihm gehört. Den Sommer hindurch war es ihr gelungen, ihre Hoffnung festzuhalten, doch nun, in den grauen Nebeln des Herbsts, begann diese, ihr allmählich zu entgleiten. 

So lief sie mit tränenverschleiertem Blick am Strand entlang, ohne Ziel, nur um in Bewegung zu sein, denn Innehalten machte alles noch schlimmer. Doch plötzlich war da ein kleiner gelber Fleck vor ihren Füssen, der sie aufschauen ließ. „Was ist das?“ dachte sie und stoppte ihren Schritt. Ein goldbrauner trüber Stein lag zwischen Muscheln und Treibholz, unscheinbar zwar, aber dennoch unwiderstehlich anziehend. Unwillkürlich beugte sie sich hinab und streckte ihre Hand aus, um ihn aufzuheben. 

Der Stein war überraschend leicht. Er war salzverkrustet und etwas Sand klebte an ihm. Sie wandte sich zum Meer, um ihn in einer auslaufenden Welle zu reinigen. Trotz des kalten Wassers fühlte er sich warm an, als sie ihn vorsichtig abzuwischen begann. „Ein warmer Stein im kalten Sand“ wunderte sie sich und nahm ihn in ihre Hände. Hin und her drehend betrachtete sie ihn von allen Seiten. Er war glatt, hell und trübe auf der einen, rau und undurchsichtig dagegen auf der anderen Seite. 

„Du bist etwas ganz Besonderes!“ sprach sie zu dem Stein. „So warm und leicht, so wunderschön!“ Sanft streichelten ihre Finger über die Unebenheiten in der Gestalt des Steins und es schien es ihr, als breite seine Wärme sich allmählich in ihrem Inneren aus. Es wurde ihr leicht ums Herz, tief strömte der Atem in ihre Brust und die Trauer fiel von ihr ab. Ihre Augen wurden hell und klar und ihr bis dahin stets gesenkter Blick erhob sich. „Was für ein Glück, dass ich dich gefunden habe!“ 

Diese Worte erfreuten den Bernstein und auch sein Sinn erhellte sich wieder. Der trübe Nebel, der ihn verschleiert hatte, schwand und der klare Glanz des Steines kehrte wieder. Wie wunderte sich das Mädchen da, als sie die Verwandlung in ihren Händen sah. Der trübe, wenn auch warme Stein wurde plötzlich funkelnd und leuchtend. „Bist du ein Zauberstein?“ fragte sie und es schien ihr, als würde ein kurzes Aufblitzen ihre Frage bestätigen. In diesem Moment bemerkte sie, dass auch der Nieselregen aufgehört hatte und zwischen den Wolken wieder der blaue Himmel zu sehen war. Und als sei das noch nicht genug, senkte sich plötzlich ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke geradewegs auf den Strand, an dem sie stand. 

Das Mädchen fühlte sich wie verzaubert. Eine Woge des Glücks strömte durch sie hindurch, während sie staunend den Bernstein in ihrer Hand betrachtete. Auch um sie herum, über Strand und Meer schien das Glück sich auszubreiten. Selbst der nasse Sand schien aufzuatmen, die Wellen des Meeres schienen lustiger zu plätschern und die letzten Nebelfetzen tanzten feengleich über dem Wasser. Sie konnte nicht anders, als ihre Arme auszubreiten, lauthals zu lachen, zu singen und schliesslich am Strand zu tanzen, den Bernstein fest in der Hand. Die Welt um sie herum erschien ihr wieder hell, sie fühlte sich eins, das Leben war schön! 

Schliesslich kehrte wieder Ruhe ein. Still, aber noch immer von Freude erfüllt, nahm sie den Stein an sich, fest entschlossen, ihn nicht mehr loszulassen. Leichten Schrittes ging sie zurück zum Dorf, wo sie den alten Katner aufsuchte, der auf vielerlei Fragen stets eine Antwort wusste. Von ihm brachte sie in Erfahrung, dass sie einen Bernstein gefunden hatte, das Seegold der Wikinger, der Sage nach ein Juwel aus dem Schatz des Meereskönigs. Der Alte zeigte ihr auch, wie sie vorsichtig ein Loch in den Stein bohren konnte, ohne ihn zu verletzen, so dass er von nun an an einem Band getragen werden konnte. 

Auch der Bernstein erfreute sich an diesem neuen Sein. Die Freude des Mädchens und aller, die ihn betrachteten, waren ihm Nahrung und Licht, das er gerne in Funkeln und Glänzen zurückgeben konnte. Auch blieb ihm eine geheimnisvolle Wirkung zu eigen, nämlich nahenden Kummer durch Trübung und bevorstehende Freude durch Klärung zu künden. So war er abwechselnd Warnung oder Hoffnungskünder und für viele Jahre blieb er der geliebte Zauberstein des Mädchens. 

Und was hernach mit ihm geschah - nun, das ist eine andere Geschichte … 
 

Ein Märchen von Michael Gienger 

(Selbstvertrauen, „Anderssein“, Abwertung)

Der wichtigste Stein

Neulich erzählte mir mein Freund Hane von seinem Stall-Aufbau auf der Alp. 
 

Die grosse Staub-Lawine vom letzten Winter blies seinen Stall mit dem grossen Torbogen einfach um, kein Stein blieb auf dem andern. Und dabei habe er noch Glück gehabt, denn die Steine lagen nach der Schneeschmelze nebeneinander. 
 

Alle waren sie rechteckig behauen, einige ein wenig schräg zwar aber alle ähnlich. Er begann sie zu sortieren. Es gab grössere und kleinere, ältere und neue, einige waren rissig und andere seitlich abgeschabt, aber alle waren eckig und mehr oder weniger gleich dick und lang. 
 

Er habe nun alle Steine sortiert, die ganz geraden auf die eine Seite und die ein wenig schrägen auf die andere. Er beschloss die Hütte wieder aufzubauen, so wie sie gewesen war, drei Wände und in der vierten den steinernen Torbogen, Stein auf Stein. Nun aber habe ein Stein überhaupt  nicht zu den anderen gepasst. Der war weder rechteckig, noch ein wenig angeschrägt oder von der Grösse her passend. Ihn habe er nach längerem Betrachten als Ausschuss erkannt und ins Tobel geschmissen. 
 

Die dicken Mauern seien verhältnismässig schnell aufgebaut gewesen, drei Seiten hochziehen, in der vierten das Tor aufmauern, so wie sie vorher gestanden haben. Als er nun so ziemlich alle Steine verbaut gehabt habe, da bemerkt er, dass ein Stein fehle, welche den Torbogen und die drei Mauern zusammenhalte und versperren konnte. Eine Lücke war zwar da, aber die war ein wenig anders. 
 

Nun, da waren noch Steine da, aber keiner habe passen wollen. Der Mörtel zog langsam an und Eile war angesagt, denn ohne Schlussstein hielt weder der Torbogen noch die Wände. Da sei es ihm siedend heiss eingefallen, dass der fehlende Stein seiner Form nach nur der sein könne, welchen er ins Tobel geschmissen habe. Er habe zwei Stunden gebraucht um den Stein wieder heraufzuholen. So ziemlich fertig und ausser Atem habe er im letzten Moment, bevor der Mörtel ganz ausgehärtet war, mit dem Stein alles so verfestigen könne, dass die drei Wände und der Torbogen fest und stabil dastanden, wie vorher auch, wahrscheinlich noch stabiler. Da habe er sich geschworen, in Zukunft gerade auf die Steine zu achten, welche eben nirgends reinpassen. 
 

Quelle: redensArt, therapeutisches Erzählen, Martin Niedermann 

Du sammelst nichts

 

Du sammelst nichts
nur Steine 
sagtest du 

mir fiel 
ein Stein vom Herzen 
als du mich fandst 

du nahmst ihn 
legtest ihn zu den anderen 
in dein Leben 

eines Abends 
tauchte ich ein 
in deine Wärme und Schönheit 

versank darin 
wie eine Perle 
auf glitzernden Meeresgrund

Diana Denk 

Wenn ich die Augen schliesse

 

Hör ich tief drinnen meine Wölfe heulen 
Und der Mond geht auf wie ein Omelett 

Auf der Lichtung meiner Wut hör ich sie spielen 
Die Schnauzen voll Fett 
Tobende Bündel 
Mein Geschwistergesindel 
Und wenn die Stunden schwer wie Steine um mich liegen 
Über der Erde kreiselt das Omelett 
Hör ich die Fledermäuse wie sie tief drinnen fliegen 
Flirrend Flageolett 
Auf der Suche nach Beute 
Meine Nachtseelenmeute 

Eidechsen schlüpfen rein mit grinsenden Gesichtern 
Leise verschwindet das Omelett 
Ich lerne langsam auf meine Rache zu verzichten 
Leg mich ins Bett 
Und meine Tiere geigen 
Mich in den Mittsommerreigen 
 

Linard Bardill 

Ströme, milde Frühlingsluft

 

Ströme, milde Frühlingsluft 
In das Haus hinein, 
Ströme, milder Frühlingsstrahl 
Auch ins Herz hinein. - 

In die Herzen hart wie Stein, 
kalt wie Kupfergeld, 
Schmelze drei Lawinen drein, 
Hochmut, Selbstsucht, Geld! 

Friederike Kempner 

Der Lochstein

 

"Was hast du da an der Kette um den Hals? fragte der kleine König das Kind. 
 

"Das ist ein Lochstein, den mir meine Oma mitgebracht hat. Am grossen Meer hat sie ihn gefunden. Viele hat sie gefunden. Sie hat daraus Ketten gemacht, die jetzt im Garten hängen." 
 

"Und wie kommt das Loch in den Stein?" fragte die Königin, denn sie trüge wohl selber gern solch einen Stein. 
 

"Hier, ich halte dir den kleinen Stein an dein Ohr. Er wird dir seine Geschichte erzählen." 
 

Und tatsächlich begann der Stein zu reden. 
 

"Vor wohl zweihundert Millionen Jahren hat der Schöpfer mich geschaffen. Damals lebten die Dinosaurier. In meiner Mitte aber lag ein Klumpen Kalk. Durch ein grosses Wasser wurde ich ins Meer gerollt. Über all die langen Jahre warfen mich die Wogen herum, hin und her, und nagten und wuschen am Kalk, bis er hinausgespült war. Viele von uns liegen deshalb am Meer. Die Menschen sagen, dass ich denen Glück bringe, die mich finden." 
 

"Das ist eine grossartige Geschichte", piepte die kleine Königin. 
 

"Ich schenke dir den Stein", flüsterte Hedda. Da kullerten der kleinen Königin ein paar dicke Tränen über das fedrige Gesicht, vor Glück, und sie gab dem Kind einen zarten Kuss mit dem Schnabel. 
 

"Siehst du", sagte das Kind, "er bringt dir Glück." 
 

"Steine sind die Tresore der Vergangenheit", meinte die Eule. 
 

"Sie erzählen aus der unendlich langen Geschichte der Schöpfung. Seht ihr: Da am Rand des Waldes liegt unser alter grosser Findling. Er ist aus Granit. Wir nennen ihn von heute an Glücksstein". 
 

Als sich die Tiere dem Riesen näherten, entstand wie durch Zauber in seiner Mitte ein tiefes Loch. Sie sahen hinein und erblickten die bunte Welt der Ursprünge. Dann schloss sich das Loch wieder. 
 

"Und wovon träumst du, kleiner Lochstein?" fragte die Eule. 

"Ich träume vom Glück", antwortete der Kleine. Aber allen schien es, als hätte der Riese gesprochen. 

 

Peter Spangenberg: aus "Das Konzil der Tiere" 
(der kleine König: Zaunkönig) 

Chor der Steine

Wir Steine, 
wenn einer uns hebt, 
hebt er Urzeiten empor - 
wenn einer uns hebt, 
hebt er den Garten Eden empor - 
wenn einer uns hebt, 
hebt er Adams und Evas Erkenntnis empor 
und der Schlange staubessende Verführung. 
Wenn einer uns hebt, 
hebt er Billionen Erinnerungen in seiner Hand, 
die sich nicht auflösen im Blute
wie der Abend. 
Denn Gedenksteine sind wir, 
alles Sterben umfassend. 
Wenn einer uns wirft, 
wirft er den Garten Eden - 
den Wein der Sterne - 
die Augen der Liebenden und allen Verrat. 
Wenn einer uns wirft im Zorne, 
so wirft er Äonen gebrochener Herzen 
und seidener Schmetterlinge. 
Hütet euch, hütet euch, 
zu werfen im Zorn mit einem Stein - 
unser Gemisch ist ein vom Odem Durchblasenes. 
Es erstarrte im Geheimnis, 
aber kann erwachen an einem Kuss. 

Nelly Sachs 

Leichtigkeiten

 

Licht umhülle mich 
Regen tränke mich 
Sonne stillt 
mein Sehnen 
 

Wolken tragen 
Worte kleiden mich 
Engel fliegt 
durch Mauern 
 

Sterne lieben mich 
Blüten küssen mich 
Lachen heilt 
die Seelen 
 

Augen nähren mich 
Arme bergen mich 
Gott sagt leise: 
Du 
 

Cornelia Elke Schray 

Du ziehst durch mein Leben wie ein spiegelnder Fluss

 

Du ziehst durch mein Leben wie ein spiegelnder Fluss, 
Trägst Berge davon mit silbernem Fuss.
Wie der Herbsttag durchsichtig erhellst du die Welt; 
Du bist zart wie ein Blatt, das im Frost hinfällt, 
Kostbar vom Geblüt wie die Blume des Wein, 
Das Land, das dich trägt, wird ein Edelstein. 
 

Max Dauthendey 

Auch kleine Steine ziehen grosse Kreise

Ein Korn ist nur ein Korn und wird zum Baum 
Ein Hoffnungsschimmer wird zum Menschheitstraum 
Ein Funke wird zum Feuer 
Ein Hauch wird zum Orkan 
Drum tu', wonach dir ist und glaub' daran! 
Der stille Bach wächst an zum Wasserfall 
Und aus dem Nichts entstand der Erdenball 
Aus Blicken, da wird Liebe 
Aus Tönen wird ein Lied 
Wenn man nur will, dass es geschieht! 
 

Auch kleine Steine ziehen grosse Kreise 
Nicht nur der Mächtige hat Macht allein! 
Drum schicke die Visionen auf die Reise 
Sperr' die Hoffnung niemals ein! 
 

Auch kleine Steine ziehen grosse Kreise 
Und mancher Kiesel wird zum Meilenstein! 
Drum schicke deine Träume auf die Reise 
Und was geschehen soll, das wird auch sein! 
Und was geschehen soll, das wird auch sein! 
 

Aus scheuem Licht wird sonnenheller Tag 
Der Vogel steigt mit jedem Flügelschlag 
Aus Tropfen werden Meere 
Aus Sekunden wird die Zeit 
Aus Zuversicht wird Wirklichkeit! 
 

Auch kleine Steine ziehen grosse Kreise 
Nicht nur der Mächtige hat Macht allein! 
Drum schicke die Visionen auf die Reise 
Und sperr' die Hoffnung niemals ein! 
 

Auch kleine Steine ziehen grosse Kreise 
Mancher Kiesel wird zum Meilenstein 
Drum schicke deine Träume auf die Reise 
Was geschehen soll, das wird auch sein, 
 

Und was geschehen soll, das wird auch sein! 
 

Song von Udo Jürgens: Komponist und Interpret 
Wolfgang Hofer: Texter 

Es war einmal ein Stein

 

Der war hart wie ein Stein. Entweder lag er regungslos am Flussufer in der Sonne oder er wurde ein Stück weit von den reissenden Wellen fortgetragen. Oder er wurde an einem warmen Tag von kühlem, glasklarem Wasser sanft umspült. Der Stein war stumm, in sich gekehrt, und hatte nichts mehr zu sagen. Er war voll Bitterkeit und steinhart. Tief drinnen unter seinen Steinschichten lag etwas winziges Lebendiges verborgen. Aber das wusste niemand. 

Eines Tages, es war ein ganz gewöhnlicher früher Sommermorgen, geschah etwas. Es kam ein sanfter Tau vom Himmel irgendwoher. Er legte sich auf die Gräser und Blumen, auf die Erdkrumen und Baumrinden, auf die Zweige und Blätter, auf die Oberfläche des fliessenden Wassers und ebenso legte er sich auf den Stein. Der Stein war vieles gewohnt und hatte schon jedes Wetter erlebt. Er blieb unverändert liegen und registrierte nichts. Doch der Tau war ein besonderer Tau und umgab den Stein wie ein frischer, liebevoller Hauch, in der aufgehenden Sonne sanft schillernd in Regenbogenfarben. Er bedeckte die ganze harte Oberfläche des Steines, still, bescheiden, mit unaufdringlicher Zärtlichkeit. 

Die Sonne stieg am Himmel empor, liess ihre Strahlen über die Landschaft wandern und sog die leichte Feuchtigkeit auf, die auf den Gräsern und Blumen lag, auf den Erdkrumen und Baumrinden, auf den Zweigen und Blättern; und das Wasser des Baches verdunstete an seiner Oberfläche, ein leichter Nebel erhob sich, strich flüchtig über die Wiesen und wanderte weiter. 

Als die Sonne suchend umherblickte und tastend umherstreifte, ob sie noch einen Tau fände, den sie zum Himmel auf die Wanderschaft schicken sollte, entdeckte sie den glitzernden Stein, auf dessen taubedeckter Oberfläche sich ihre eigenen Strahlen brachen wie auf einem Diamanten. Das sah sie und war innerlich berührt. Sie lächelte, huschte vorbei und tat so, als hätte sie den Tau übersehen; und gab ihm damit die Erlaubnis entgegen aller ewigen Gesetze, zu bleiben. Der Tau lächelte ebenfalls, liess seine Tröpfchen in kleinere zerfallen und schmiegte sich noch fester an den Stein. 

Tief drinnen unter seinen Steinschichten begann sich im Verborgenen etwas zu regen. Es zitterte leicht und wurde unruhig - ein Gemisch von Gefühlen aus Furcht und Erstaunen. Eine Spur von Empörung war da, nach unendlichen Zeiten geweckt zu werden aus dumpfem Schlaf und versteinerter Bitterkeit. Nach aussen hin bemerkte man nichts von dem, was sich innen regte, doch es gab kein Aufhalten mehr. Die Seele des Steines begann sich zu bewegen, mittlerweile ein Gemisch von Gefühlen aus Erstaunen und Freude. Die Furcht hatte sich in Neugier verwandelt, und diese bewirkte unweigerlich, dass die Härte des Steines und die Bitterkeit anfingen, zu schmelzen. Währenddessen lag der Tau dort und umgab den Stein wie ein frischer, liebevoller Hauch, und in der aufsteigenden Sonne begann er grün zu leuchten wie ein Smaragd. 

Es vergingen Zeiten und weitere Zeiten und in der Klarheit des Taus bildeten sich zarte grüne Wesen, die ihre weichen, kleinen Arme nach allen Richtungen ausstreckten und an den Stein anschmiegten: Moos wuchs auf der unbeweglichen Oberfläche. 

Da begann sich das Innere des Steines zu öffnen; die harte Schale über seiner Seele bekam Risse und die zarten grünen Wesen streckten ihre Füsschen in seine Tiefe, indem sie dort wurzelten. Der Tau gab ihnen zu trinken und brachte Fruchtbarkeit in den aufgebrochenen Stein. Dieser jubelte, er fing an zu leben, alle Angst war gewichen, alle Bitterkeit geschmolzen. Die Sonne hörte das Jubeln und lächelte warm. Der Wind trug die gewichene Angst davon und die geschmolzene Bitterkeit, und brachte stattdessen auf seinen unsichtbaren Flügeln die Samenkörner von kleinen Pflanzen herbei. Diese begannen auf und in dem Stein zu keimen, nachdem sie sich häuslich niedergelassen hatten; und, gespeist von dem Tau, von herbeigewehten Erdkrumen, von dem Lächeln der Sonne, von dem Wohlwollen des Windes und der Liebe des Steines begann sein Äusseres zu wachsen und zu blühen, sich auszudehnen und zu spriessen in fröhlicher Lebendigkeit. 

Und so entstand, während der Stein sich öffnete und verschenkte, ein unvergleichliches Gärtlein von unbeschreiblicher Schönheit, und dieses brachte hundertfältige Früchte. 

Solch ein Wunder geschieht immer wieder, wenn sich ein Mensch - wie der Stein - der Liebe öffnet, die wie ein Tau vom Himmel irgendwoher auf ihn herniederkommt und seine Seele lebendig macht. 

Sabine Rennwald 

Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens

 

Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. 
Siehe, wie klein dort, 
siehe: die letzte Ortschaft der Worte, und höher, 
aber wie klein auch, noch ein letztes 
Gehöft von Gefühl. Erkennst du’s? 
Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. Steingrund 
unter den Händen. Hier blüht wohl 
einiges auf; aus stummem Absturz 
blüht ein unwissendes Kraut singend hervor. 
Aber der Wissende? Ach, der zu wissen begann 
und schweigt nun, ausgesetzt auf den Bergen des Herzens. 
Da geht wohl, heilen Bewusstseins, 
manches umher, manches gesicherte Bergtier, 
wechselt und weilt. Und der grosse geborgene Vogel 
kreist um der Gipfel reine Verweigerung. - Aber 
ungeborgen, hier auf den Bergen des Herzens ... 
 

Rainer Maria Rilke 

Weg am Wasser

 

Von Wellen 
geworfen zum Strand 

mit dem Morgenwind 
Hand in Hand 

barfuss taghinein 
über Gestein 
 

Annemarie Schnitt 

Windstille

 

wie müdes Laub 
legt sich das Meer 
an die Ufer 
 

nur ab und zu 
leckt es 
am Sand 
 

Steine liegen leer 
Sehnsucht nach mehr 
Zärtlichkeit 
 

Anke Maggauer-Kirsche

Dann sammle ich Steine

 

Zuhause ist 
wo der Schlüssel ist 
Ich geb drauf Acht, dass du immer ein bei dir hast 
Ich bin für dich da 
bin wegen dir hier 
nur wegen dir 
wenn du traurig bist, trag ich dein Schwarz für dich 
hast du Angst im Dunkeln, mach ich Licht 
Ich bin für dich da 
bin wegen dir hier 
nur wegen dir 
nur wegen dir 
Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
dann sammle ich Steine 
dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 
Du hattest mich beim ersten Atemzug 
die Welt, wie sie war, war mir genug 
Ich bin für dich da 
bin wegen dir hier 
nur wegen dir 
Seit diesem Tag bin ich die Mühe wert 
für dich, die als schöneren Wert 
Ich bin für dich da 
bin wegen dir hier 
nur wegen dir 
nur wegen dir 
Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
dann sammle ich Steine 
dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 
Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
dann sammle ich Steine 
dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 
Ich darf sehen, wie du gross wirst 
das ist das Grösste von allem 
dass du mich jetzt nicht mehr los wirst 
ich hoff, das wird dir gefallen 
Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
dann sammle ich Steine 
dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 
 

Songtext Von Brücken 

Ansichtssache

 

Bunte Dreiecke in einem Glasdach - 
und auf dem Boden: Sonnenmalerei. 
Ein Weg aus Pflastersteinen. 
Kein gerader Weg. 
Kein voller Schein. Nur Lichtzipfel. 
Abbild eines Lebensweges - 
Ironie des Schicksals - 
meines Lebens? 
Mich weiterhangeln von einem Wimpel 
zum nächsten … Danke, nein! 
 

Andererseits: das Licht entdecken, 
seinen vielen Gestalten nachgehen … 
Denn Licht hat nicht immer Lichtgestalt. 
Ein Bild kann ein Licht sein, 
ein Buch, eine Blume. Oder ein Mensch. 
Gemeinsames Lachen, Gespräche, 
das Streicheln einer Hand. 
Weiterwandern 

von Lichtstelle zu Lichtstelle … 
Mein Lebensweg? Bitte, ja! 
 

Elke Langstein-Jäger 

Der kostbare Stein

Der Sannyasi hatte den Dorfrand erreicht und liess sich unter einem Baum nieder, um dort die Nacht zu verbringen, als ein Dorfbewohner angerannt kam und sagte: "Der Stein! Der Stein! Gib mir den kostbaren Stein!" 

"Welchen Stein?" fragte der Sannysi. 

"Letzte Nacht erschien mir Gott Shiwa im Traum", sagte der Dörfler, "und sagte mir, ich würde bei Einbruch der Dunkelheit am Dorfrand einen Sannyasi finden, der mir einen kostbaren Stein geben würde, so dass ich für immer reich wäre." 

Der Sannyasi durchwühlte seinen Sack und zog einen Stein heraus. "Wahrscheinlich meinte er diesen hier", sagte er, als er dem Dörfler den Stein gab. "Ich fand ihn vor einigen Tagen auf einem Waldweg. Du kannst ihn natürlich haben." 

Staunend betrachtete der Mann den Stein. Es war ein Diamant. Wahrscheinlich der grösste Diamant der Welt, denn er war so gross wie ein menschlicher Kopf. Er nahm den Diamanten und ging weg. Die ganze Nacht wälzte er sich im Bett und konnte nicht schlafen. Am nächsten Tag weckte er den Sannyasi bei Anbruch der Dämmerung und sagte: "Gib mir den Reichtum, der es dir ermöglicht, diesen Diamanten so leichten Herzens wegzugeben." 
 

Anthony de Mello 

Hoffnung

 

Manchmal 
bricht ein Strahl 
durch die Wolken 
Ein Leuchten 
verändert 
das Gesicht meiner Seele 
Dann 
spriessen 
Hoffnungsblumen 
in den grauen Ritzen 
der Steine 
Schritte sind möglich 
Lachen wird laut 
Bunte Ideen, Trost und Träume 
gedeihen wieder 
und 
ich kann 
glauben, lieben, hoffen 
 

Christine Ruppert

Sonne sein!

 

Nicht warten, bis die Schatten weichen, 
der graue Nebel sich verzieht, 
die dunklen Zeiten bald verstreichen 
und irgendetwas neu geschieht! 
 

Nicht regungslos am Boden kauern, 
so schwer und träge wie ein Stein, 
nicht stumm dem Licht entgegenlauern, 
stattdessen: selber Sonne sein! 
 

Jörn Heller 

Stein für Stein

 

Wir sind durch's Feuer geflogen und unter Eis hergeschwommen 
Wir ham uns schon so oft die Luft zum Atmen genommen 
Zu lange aus den Augen, fast nicht wieder erkannt 
Haben uns Kopf und Herz zerbrochen und verbrannt 
 

Die vielen Blumen und Gedichte, verblassen mit der Zeit 
Uns're gemeinsame Geschichte, vergessen wird so leicht 

Die Welt bricht ein, Stein für Stein 
Immer dann wenn du gerade nicht in meiner Nähe bist 
Die Welt bricht ein, es fehlt ein Stein 
Und es wird erst immer klar wenn man alleine ist 
Ich bin nur halb ohne dich 
Ich bin nur halb ohne dich 
 

Zwischen Scherben und Trümmern gingen Träume verlor'n 
Die Uhr zurück gedreht und nochmal von vorn 
So oft das eigene Denkmal beschmiert und zerstört 
Doch es bleibt zusammen weil es zusammen gehört 
 

Die vielen Blumen und Gedichte, die haben ihre Zeit 
Unsere gemeinsame Geschichte, die schreiben wir zu zweit 
 

Die Welt bricht ein, Stein für Stein 
Immer dann wenn du gerade nicht in meiner Nähe bist 
Die Welt bricht ein, es fehlt ein Stein 
Und es wird erst immer klar wenn man alleine ist 
Ich bin nur halb ohne dich 
Ich bin nur halb ohne dich 
 

Die Welt bricht ein, Stein für Stein 
Immer dann wenn du gerade nicht in meiner Nähe bist 
Die Welt bricht ein, es fehlt ein Stein 
Und es wird erst immer klar wenn man alleine ist 
 

Songtext von Johannes Oerding, Mark Smith 

Wenn die Insel

 

Anker wirft zur Nacht 
wenn die Konturen schwinden 
letzte Schimmer ins 
Schilfgras fallen 
Häuser verschwimmmen 
zu Lichtpunkten 
Steine aufleuchten 
wie von Zauberhand 
wenn der Himmel im Schwarz 
einen Sternteppich knüpft 
rund um die Insel 
wird es märchenhaft am Meer 
wird dein Blick geschärft 
für die Traumhälfte 
des Seins 
 

Annemarie Schnitt 

Der Sandsturm

 

Hin und wieder hat das Schicksal 
Ähnlichkeit mit einem örtlichen Sandsturm, 
der unablässig die Richtung wechselt. 
Sobald du deine Laufrichtung änderst, um ihm auszuweichen, 
ändert auch der Sturm seine Richtung, um dir zu folgen. 
 

Eigentlich bist der Sandsturm du selbst. Etwas in dir. 
Also bleibt dir nichts anderes übrig, als dich damit abzufinden 
und, so gut es geht, einen Fuss vor den anderen zu setzen, 
Augen und Ohren fest zu verschließen, damit kein Sand eindringt, 
und dich Schritt für Schritt herauszuarbeiten. 
 

Vielleicht scheint dir auf diesem Wege weder Sonne noch Mond, 
vielleicht existiert keine Richtung und nicht einmal die Zeit. 
Nur winzige, weisse Sandkörner, wie Knochenmehl, 
wirbeln bis hoch hinauf in den Himmel. 
So sieht der Sandsturm aus, den ich mir vorstelle. 


Natürlich kommst du durch. Durch diesen tobenden Sandsturm. 
Und wenn der Sandsturm vorüber ist, wirst du kaum begreifen können, 
wie du ihn durchquert und überlebt hast. 
Du wirst auch nicht sicher sein, ob er wirklich vorüber ist. 


Nur eins ist sicher: 
Derjenige, der aus dem Sandsturm kommt, 
ist nicht mehr derjenige, der durch ihn hindurchgegangen ist. 


Haruki Murakami, aus: Kafka am Strand 

.

Keiner kennt die Härte
eines Kiesels besser,
als wer auf ihn einschlägt! 

Seneca 

.

Wirf einen Stein in den Strom,
und die Kreise,
die sich ausbreiten,
sind der schöne Typus
jeglicher Verursachung. 

Ralph Waldo Emerson 

.

Bei jeder Art von Grösse
besteht der bleibende Ruhm darin,
den Grundstein gelegt zu haben. 

Ernest Renan 

.

Einen Stein kann man zertrümmern,
aber man kann ihm nicht
seine Härte nehmen. 

Lü Bu We v

.

Wenn ein uns lieber Mensch 
etwas mit seinen eigenen Händen 
Stein für Stein aufgebaut hat, 
dann sehen wir dies in einem 
anderen emotionalen Licht  
als das, was jemand mit viel Geld 
hat aufbauen lassen. 

Karl Talnop 

.

Die Steine aus deiner Vergangenheit
sind das Fundament
für die Treppe in deine Zukunft …
und du allein entscheidest,
ob es auf- oder abwärts geht. 

KekzZ_MazZacre 

.

Steine verwittern, aber Worte* nicht. 

Samoa-Inseln 

*Kränkungen 

.

Wie froh bin ich, einmal in Gebüschen, Wäldern, unter Bäumen, Kräutern, Felsen wandeln zu können. Kein Mensch kann das Land so lieben wie ich - geben doch Wälder, Bäume, Felsen den Widerhall, den der Mensch wünscht. 

Ludwig van Beethoven 

.

Kinder werden nicht lebensfähig,
wenn wir alle Steine aus dem Weg räumen. 

Jesper Juul 

.

Ein aufrichtiges Herz
kann selbst einen Stein
zum Blühen bringen. 

unbekannt 

.

Steiler durchs Urgestein 
sind Wege gefügt, 
tiefer im Erdreich 
gewurzelt der Baum, 
dunkler Winteräste am Stamm. 
Aber auch heller die Vögel 
in der Krone des Sommers, 
blühender Blumen, inniger offen 
der Liebkosung des Falters 

Gretel Winterling 

.

Feiere deine 
Ecken und Kanten! 
Diamanten sind 
auch nicht rund. 

unbekannt 

.

Wer entschlossen ist,
seine Ziele zu verwirklichen,
erkennt die Hindernisse nicht als Stolpersteine,
sondern als Trittbretter. 

Ljubica Radke 

.

Wer sich zwischen den Steinen bewegt,
kann nur noch lächeln über die kostbaren
Fussböden der Reichen. 

Seneca 

.

Die Eltern legen den Grundstein, 
für das Glück ihrer Kinder 

Franz Schmidberger 

.

Auch wenn ich einen Weg
immer wieder gehe, 
muss ich mich nicht immer wieder 
an denselben Steinen stossen. 

B. Geller-Wollentin 

.

Doch das Leben baut selten etwas auf, wofür es die Steine nicht woanders herholt. Die meisten Philosophen haben ihr Gedankengebäude auf den Trümmern ihrer Vorgänger erbaut, nicht aber, wie sie oft meinen, auf der Ruine der ganzen Philosophiegeschichte. 

 

Richard David Precht 

.

Ein erfolgreicher Mann ist jemand,
der eine solide Grundlage
mit den Steinen baut,
die andere auf ihn werfen. 

David Brinkley 

.

Wenn der Wind der Veränderung weht,
bauen die einen Mauern,
die anderen Windmühlen. 

Chinesisches Sprichwort 

.

Künstler, nie mit Worten,
mit Taten begegne dem Feinde!
Schleudert er Steine nach dir,
mache du Statuen draus! 

Christian Friedrich Hebbel 

.

Jede Mauer hat irgendwo ein Ende. 

Jeder Berg lässt sich irgendwie umgehen. 

Über jeden Fluss führt irgendwann eine Brücke! 

Irgendwo wird immer das Wort Hoffnung stehen. 

 

unbekannt 

.

Aus Steinen, 

die man mir auf meinen Lebensweg warf, 
habe ich einen Schutzwall gebaut 
um meine Seele. 
Wie wertvoll sie dadurch für mich geworden sind … 

Celine Rosenkind 

.

Wer anderen
immer wieder Steine in den Weg legt,
verbringt seine Leben
mit Steine schleppen. 

Ulvi Gundüz 

.

Aus Stolpersteinen,
die einem in den Weg gelegt werden,
kann man Treppen zum Himmel bauen. 

Lilli. U. Kressner 

.

Die Erfahrungen, 
die wir mit den Jahren sammeln, 
sind die Steine, mit denen wir 
unser Lebenswerk bauen. 

Kartini Diapor-Öngider (Grafik Werkstatt) 

.

Wirkliche Umwälzungen beginnen damit,
dass nicht wir den Stein umwälzen,
sondern der Stein uns. 

Peter Amendt 

.

Wenn der Fluss klingt,
dann weil er Steine mitbringt. 

(Cuando el río suena es porque piedras trae.) 
Chilenisches Sprichwort 

.

Liebe die Steine, die dir auf deinem Weg begegnen. 

Mark Nepo 

.

Wenn der Fluss klingt,
dann weil er Steine mitbringt. 

(Cuando el río suena es porque piedras trae.) 
Chilenisches Sprichwort 

.

Liebe die Steine, die dir auf deinem Weg begegnen. 

Mark Nepo 

.

Der Philosoph muss graben nach dem Stein der Weisen,
dem Dichter fällt er als Mondstein vom Himmel herab. 

Wolfgang Menzel 

.

Steine im Schnee - 
Herzchen aus Stein - 
hab euch gefunden - 
Steinmännchen trommelt - 
Abschied für Herrn Winter - 
Es ist Zeit zu gehen - 
Gib der Zeit der Farben, der Blüten 
und der Düfte ihren Raum … 

unbekannt 

.

Kein steinern Bollwerk
kann der Liebe wehren,
und Liebe wagt,
was Liebe irgend kann. 

William Shakespeare (aus: Romeo und Julia) 

.

Wie du in deinen Büchern liesest,
so bin ich bestimmt, 
im Buche Gottes zu lesen
und die Steine und die Blumen 
und die Lüfte
und die Sterne sind seine Buchstaben. 

Adalbert Stifter 

.

Aus der Hand eines Freundes
ist ein Stein ein Apfel. 

Aus Algerien 

.

Aufrichtige Liebe
bringt sogar ein Herz aus Stein
zum Schmelzen 

Armageddon 

.

Auch wenn dir Steine
auf deinen Weg gelegt werden. 
Falle hin und steh wieder auf. 
Es wartet schon etwas Neues
und Wundervolles auf dich. 

unbekannt 

.

Ich wäre gerne mal Sandbank im Meer, 
anstatt Fels in der Brandung. 

unbekannt 

.

Wer nie zurückschaut,
weiss nicht,
wohin er geht; 
wer langsam geht,
erkennt jeden Stein. 

Anke Maggauer-Kirsche 

.

Tugend ist wie ein kostbarer Stein

- am besten in einfacher Fassung. 
 

Francis Bacon 

Steine am Meer

Eine schöne Freude am Strande ist mir das: mit dem Blick nach unten über die Millionen von Steinen und Steinchen zu wandern, zu steigen, zu kriechen. Um in ihrer mannigfaltigen Masse Formenwunder und Farbenwunder zu entdecken. Um Anregendes, Aufregendes, Seltsames zu finden oder auch etwas, womit mein Ehrgeiz meinen Strandbekannten aufwarten kann. 
 

Ich finde immer etwas. Erfreulicherweise am wenigsten das, was leider auch ich suche, wie ausser mir viele Menschen, Dinge von Geldwert oder Sammelwert. Zum Beispiel den Bernstein. 
 

Aber ich finde sonsterlei. Selbstverständlich die bekannten, immer ähnlich sich wiederholenden Steinformen. Die Kugel, das Ei, der Pilz. Oder die dünne, runde Scheibe, die man flach über das Wasser wirft, um sich daran zu ergötzen, wie sie, am Wasser abprallend, noch mehrere anmutige Sprünge macht. Oder der Donnerkeil, um den so unklare Sagen ziehn. Neben der billigen Kartoffel hebe ich anderes Essbare auf. Als läge das meinem Interesse am nächsten. Gurke, Käse oder Käsescheibe, Wurststücke, Früchte. Ebenso auffallend häufig zeigen sich Tierähnlichkeiten. Vögel, Hunde, Robbe, Fisch, Säugetiere, Nagetiere, alle Tiere. 
 

Ein Würfel, ein Kobold, orthopädische Modelle, ein Medaillon, ein Napoleon, ein Hammer. Ein anderer Stein, der mir wieder entgleitet und an einem härteren zerschellt, ist nun eine Urne mit Deckel. Ich spähe weiter: ein Magengeschwür, wie ich es einmal in Spiritus sah, dann etwas, was ich nicht nennen darf, dann ein Knochen. Ein rührendes Stück Madonna, eine Nase, verschiedene Nasen. Meine eigene Nase fand ich noch nicht. 
 

Dafür ragen am Meeresufer abwechselnd im Trockenen oder im Wasser gigantische Felsblöcke, wertvolle Quader aus der Unzahl von kleinen und kleinsten Geschwistern empor und reden genau so wie diese von Ureltern, Kampf und Geschichte. Ich darf sie nicht aufheben. Es ist verboten. (Ich schreibe dies 1929 auf der Insel Hiddensee.) Sie werden als Küstenschutz heilig gehalten. Und sind auch zu schwer. 
 

Ich beschäftige mich lieber mit den kleinen Gebilden, von denen die See täglich Tausende ausspült und gelegentlich viele wieder abholt. Das heisst, eigentlich von den Aussenseitern darunter. Deren Gestaltung, deren Gesichter und Fratzen geben ebenso der Phantasie wie dem Humor endlos zu denken. Was sie zeigen, ist angedeutet oder deutlich. Man kann ihre Ähnlichkeit mit Dingen oder Wesen leicht verstärken. Ein Tintenstrich, ein aufgetuschtes Punktauge kann genügen, um eine mystische, antike Plastik oder eine arktische Landschaft nachweisbar entdeckt zu haben. 
 

Aber ich suche keine Kunstwerke, auch keine geologischen oder petrographischen, überhaupt keine wissenschaftlichen Aufklärungen. Ich gebe mich spielerisch den Eindrücken hin, die aus dieser stummen Steinwelt zu mir kommen. Und ich will von ihnen nicht belehrt werden, sondern in ihnen träumen und ahnen. 
 

Es macht mir nichts aus, dass ich manchmal ob dieser Liebhaberei belächelt werde. Ich komme mir selber wie ein Kind vor, wenn ich nicht müde werde, so im Steingeröll zu forschen. Ich bilde mir dann rührsam ein, schon als kleines Kind so gespielt zu haben. Aber dass das Täuschung ist, merke ich, wenn ich heute die kleinen Kinder beobachte, die dort um mich herum mit Steinen spielen. 
 

Ich habe doch seit meiner Kindheit so viel gelernt, erlebt und erfahren. Ich weiss heute zu erklären. Ich kann logisch folgern und deuten. Und doch - meine ich – bewegt mich vor diesen Steinen auch heute noch ein Staunen, ein Bangen, ein Sehnen wie damals. 
 

Joachim Ringelnatz 

Der ganze Text Steine am Meer von Joachim Ringelnatz: Eine schöne Freude am Strande ist mir das … 

Veröffentlicht 8. Februar 2013 vom Joachim-Ringelnatz-Museum auf Facebook 

Lichtblüten

fallen den Steinen 
Tag und Nacht 
aus Wolkenflügeln 
in den Traum 

und während Menschenhand 
lauschend 
aus Steinen Kelche formt 
Sonnengefässe 

kann es sein 
dass ein Flüstern sich befreit 
Flamme wird im Raum 
stilles Erkennen 

dass im Stein 
namenlos der Stern schläft 
der Baum 
die Blume 
und das wilde Tier 

unendlich nach innen horchend 

Maryse Bodé

Jetzt

 

Lebe dein Leben nicht in der 
Vergangenheit sondern im Jetzt. 
Jedoch, lasse dabei deine 
Vergangenheit nicht achtlos hinter dir. 
Denn eingebettet in ihr liegen deine 
Erfahrungen 
- die positiven, wie die negativen - 
welche die Lehrmeister deiner 
Gegenwart sind. 
Sie sind es, die dir die Rohstoffe liefern, 
mit denen du im Heute deine Wegsteine formst, 
auf denen du auch morgen noch gehen wirst. 
Darum achte darauf, welche Steine du formst. 
Vermeide Neid, Rache und Hass 
und die daraus entstehende innere Unruhe 
mit ihren immer wiederkehrenden 
Provokationen. 
Sondern forme Wegsteine der Güte, 
der Vergebung und der daraus 
entstehenden Liebe, 
auf dass du dir stets deinen 
inneren Frieden bewahrst. 
 

Peter Pratsch 

am Meer

 

Wenn man ans Meer kommt 
soll man zu schweigen beginnen 
bei den letzten Grashalmen 
soll man den Faden verlieren 
 

und den Salzschaum 
und das scharfe Zischen des Windes einatmen 
und ausatmen 
und wieder einatmen 
 

Wenn man den Sand sägen hört 
und das Schlurfen der kleinen Steine 
in langen Wellen 
soll man aufhören zu sollen 
und nichts mehr wollen wollen nur Meer 
Nur Meer 
 

Erich Fried 

Wenn Kieselsteine sonnenbaden

„Wenn ich’s dir sowieso nicht recht machen kann, kann ich auch gehen!“, nörgelte Lotta beleidigt. Sie zog an der Tür und liess sie mit einem lauten Krachen zufallen. Der Lärm nahm etwas von der Aggression, die Lotta umtrieb und liess ein wenig Verstand in ihr Denken. Er machte ihr bewusst, dass sie sich kindisch verhielt, aber sie konnte einfach nicht anders. Der Streit mit ihrer Mutter war eskaliert und Lotta konnte nicht einfach zurücknehmen, was sie ihr im Ärger so an den Kopf geworfen hatte. 

 

Dafür war der Vorwurf ihrer Mutter, Lotta würde sich vor allen Arbeiten im Haushalt nur noch drücken, zu unerwartet und zu heftig gewesen. Und nicht zuletzt zu berechtigt. Das war das Schlimmste, sie war ertappt, noch bevor es ihr selbst aufgefallen war. Tatsächlich hatte sich in ihrem alltäglichen Verhalten ein Schlendrian eingeschlichen, den sie wohl unterschätzt hatte. Zu bequem war es, so zu tun, als hätte sie gar nicht bemerkt, dass der Geschirrspüler fertig und das Geschirr bereit zum Aufräumen war. Zu gross die Versuchung, das leere Glas Nutella zurück in den Schrank zu stellen, die benutzte Tasse auf dem Tisch stehen zu lassen oder den Müllsack im Flur beim Rausgehen zu „vergessen“. 

 

Dennoch, legte sich Lotta zurecht, hätte ihre Mutter auch mal früher drauf aufmerksam machen können, als alles hinzunehmen und dann zu einem völlig unerwarteten Zeitpunkt stumpf zu explodieren. Verärgert und beleidigt stieg Lotta auf ihr Fahrrad und fuhr los. Erst mal einfach nur weg. Frust und Ärger liessen sie kräftig in die Pedale treten und schnell fuhr Lotta aus der Stadt hinaus, dann durch Felder und Wiesen. Während Lotta energisch in die Pedale trat, stritt sie sich in Gedanken mit ihrer Mutter und formulierte in ihrem Kopf Vorwürfe, Verteidigungen und Antworten, die ihr vorhin in der Küche nicht eingefallen waren. Sie hatte jede Menge Frust, Aggression und schlechtes Gewissen abzubauen, so dass sie recht schnell etliche Kilometer zurückgelegt hatte, bevor sie das erste Mal so richtig ihre Umgebung wahrnehmen konnte. Sie war in einem Waldstück, in dem sich ein schöner Natursee befand. Das war genau der richtige Ort, um wieder einen freien Kopf zu kriegen, fand Lotta. 
 

Nach einigen weiteren Kurven und Kehren sah sie durch die Bäume das Wasser des Sees glitzern. Sie lehnte ihr Rad gegen einen dicken Baum am Ufer und blickte einen Moment über den See. Sie sammelte ein paar Kieselsteine, die sie so flach wie möglich über die Wasseroberfläche schmetterte, sie brachte es immerhin auf sechs Sprünge, bevor der Stein im Wasser versank. Ausgepowert und müde von den Emotionen machte sie sich in einer kleinen Kuhle, die von zwei dicken Baumwurzeln geformt wurde, so bequem wie möglich. Entspannt lehnte sie sich an den breiten Baumstamm und guckte versonnen über das Wasser, das in der Sonne glitzerte. 
 

Da ploppte plötzlich der Stein, den Lotta eben noch hatte über’s Wasser hüpfen lassen, wieder an die Oberfläche und hüpfte doch tatsächlich in sechs Hüpfern wieder an Land zurück. Er kam direkt vor Lotta auf und guckte sie vorwurfsvoll an. 
 

Lotta zwinkerte etwas, sie hatte sich sicherlich geirrt, denn ein Stein konnte bekanntlich nicht gucken. Und doch tat er es. Lotta war das gar nicht aufgefallen, doch der Stein hatte zwei dunkle Vertiefungen, die sie unbeirrt anstarrten. Bevor sie sich ganz zu dem Stein vorbeugen konnte, hallte eine quäkende Stimme in ihrem Kopf. „Musste das sein? Musstest du mich ausgerechnet jetzt ins Wasser schmeissen? Das war nicht nett. Gar nicht nett, ich war grade so am Dösen und habe die Sonnenstrahlen genossen … seufz“ machte der Stein theatralisch. Lotta starrte den Stein verblüfft an. „Na super, jetzt höre ich schon Steine sprechen …“ murmelte sie und rieb sich die Augen. „Na und? NATÜRLICH können Steine sprechen … wir können ja nichts dafür, wenn ihr uns nicht hört!“ Der Stein wackelte leicht und Lotta hätte schwören können, dass der Stein, hätte er eine Brille aufgehabt, sie dann über den Brillenrand hinweg streng angeguckt hätte. 
 

Das brachte Lotta völlig aus dem Konzept. Sie starrte den Stein an, als ob … nun ja, wie starrt man einen Kieselstein an, der eben gesprochen hat: entgeistert, fassungslos, perplex: Lotta’s Gesichtsausdruck spiegelte das alles wider. Das schien dem Stein zu gefallen, sofern man einem Stein ansehen kann, ob ihm etwas gefällt. Doch, Lotta hatte entschieden den Eindruck, als würde der Stein die Aufmerksamkeit geniessen, mit der Lotta ihn eingehend betrachtete. „Wieso sprichst du ausgerechnet jetzt und mit mir?“, wollte sie wirklich gerne wissen. „Na hör‘ mal, irgendwann muss man sich doch mal äussern dürfen, wenn man immer wieder so schändlich missbraucht wird!“ Nun schien der Stein theatralisch nach oben zu blicken. Hätte er Arme und Hände gehabt, er hätte sich bestimmt eine Hand mit grosser Geste an die Stirn gehalten. Lotta musste plötzlich lachen … die Situation war so absurd, dass sie einfach nur noch lachen konnte. 
 

„Das ist kein Grund, sich jetzt auch noch über mich lustig zu machen!“, echauffierte sich der Kieselstein. Ein Kieselstein, der sich echauffiert … damit war’s um Lotta’s Fassung geschehen. Sie schüttete sich aus vor Lachen und konnte gar nicht mehr aufhören. Währenddessen schimpfte der Kieselstein weiter vor sich hin, was Lotta aber immer wieder dazu brachte, von neuem loszuprusten, sobald sie sich einigermassen beruhigt hatte. 
 

Die blanke Neugier brachte Lotta am Ende dazu, wieder ernst zu werden. So eine einmalige Gelegenheit durfte man nicht ungenutzt verstreichen lassen. Wer weiss schon, wann wieder einmal ein Stein mit ihr sprechen würde. Also wischte Lotta sich die restlichen Tränen aus den Augen und räusperte sich. Sie versuchte, ein ernsthaftes Gesicht aufzusetzen, das ihr aber immer wieder zu entgleisen drohte, sobald sie den Kieselstein ansah, der höchst beleidigt zurückstarrte. 
 

„Entschuldige bitte, ich hatte noch nie Gelegenheit, mit einem Stein zu sprechen, das ist eine besonders verwirrende Situation für mich“ erklärte Lotta. Das schien den Stein etwas zu besänftigen. „Nun ja, ich kann nicht bestreiten, dass meine Art sich im Allgemeinen eher wortkarg gibt“… lenkte der Stein ein. „Wortkarg“ … ja, so kann man das sagen … stimmte Lotta zu und musste sich einen erneuten Lachanfall verkneifen. Der Stein tat so, als hätte er das nicht bemerkt und erklärte stattdessen: „Sie müssen wissen, dass wir eher von gemächlichem Temperament sind … 
 

„Pffff …" Lotta prustete von neuem los … von gemächlichem Temperament … Steine! Das war die Untertreibung des Jahrhunderts. Wieder guckte der Kieselstein Lotta gleichermassen empört und genervt an. „Ich weiss überhaupt nicht, was daran so lustig sein soll“ legte er los. „Wir sind seit Anbeginn der Welt hier und haben die Entwicklung dieses Planeten quasi von Anfang an begleitet, durch Hitzeperioden und Eiszeiten, durch Naturkatastrophen und Zeiten des Überflusses. Wir kennen alles und haben alles selbst mitgemacht.“ Mit dieser ernsthaften Ansage brachte er Lotta schliesslich dazu, sich wieder zusammenzureissen. Mit einiger Genugtuung beobachtete er, wie Lotta‘s Lachen langsam erstarb und fuhr mit seinen Ausführungen fort. „Ja, es ist bestimmt nichts Lächerliches dabei, die Geschichte des Planeten Erde persönlich mitzuerleben und mitzugestalten.“ Der kleine Kieselstein sah tatsächlich so aus, als würde er sich in Positur stellen, als er fortfuhr. „Wir sind Zeitzeugen längst vergangener Epochen. Für uns ist Zeit ein relativer Begriff und ein einzelnes Menschenleben bedeutet uns im Grunde nichts. Wir sind auf die Ewigkeit ausgerichtet …“ Der letzte Satz sass. Lotta war nun wirklich beeindruckt. 
 

„Das, was Sie aktuell vor sich sehen, mag nur wie ein lächerlicher, kleiner Kieselstein aussehen, doch in den Anfängen der Erde war ich Teil eines riesigen Urgesteins.“ Stolz wiegte der Stein langsam hin und her. „Für mich scheint es erst gestern gewesen zu sein, da lag ich als grosser Felsen am Grunde eines die halbe Weltkugel bedeckenden Gletschers, etwas später wurde ich von einem reissenden Strom viele Kilometer weit getragen, geschliffen, poliert und verkleinert. Ich habe wahrlich eine weite Reise hinter mir.“ Lotta nickte nun ernst. 
 

„Und dann darf ich mich doch wohl aufregen, wenn mich ein freches, junges Gör einfach so aus meinem Sonnenbad reisst, um mich quer über den Teich zu schleudern …!“ Der Gesichtsausdruck des Steines wurde wieder etwas verdrossen. Lotta war jedoch bei weitem nicht beeindruckt genug, um das ohne Widerspruch hinzunehmen. „Also hören Sie mal! Ich bin grade mal 19 Jahre auf dieser Erde und hab‘ keine Ahnung, was Sie schon alles durchgemacht haben, bzw. wer oder was Sie früher einmal waren. Und schon gar nicht wissen kann ich, ob es Ihnen nun grade angenehm ist, ins Wasser geworfen zu werden. Schliesslich sprechen Sie und ihresgleichen normalerweise nicht mit unsereinem. Wie sollten wir dann eine Ahnung von Ihren Befindlichkeiten haben?!“ 
 

Der Stein guckte böse und setzte zu einer Antwort an, … um plötzlich nichts mehr zu sagen. Er stutzte und schien tatsächlich etwas ratlos zu sein. „Nun ja … ganz offensichtlich entbehrt Ihre Argumentation nicht einer gewissen Logik“ musste er zugeben. Das wiederum stimmte Lotta versöhnlich. „Wissen Sie, wenn ich nur geahnt hätte, dass es Sie stört, ins Wasser geworfen zu werden, hätte ich mir bestimmt einen anderen Stein ausgesucht“ räumte sie ein. Der Stein nahm das mit einem kurzen Wackler, der wie ein Nicken wirkte zur Kenntnis. „Ausser Ihnen hätte ich allerdings niemandem geglaubt, der mir erzählt hätte, dass Steine gerne Sonnenbäder nehmen.“ Lotta lächelte. Auch der Stein lächelte … obwohl man das nicht mit Sicherheit hätte sagen können … bei einem Stein. „Oh ja, wir Steine lieben die Sonne und die Hitze. Wir tanken die Sonnenenergie in unserem Inneren, können sie allerdings nicht allzu lange halten.“ 
 

Eine kleine Pause entstand. Da fiel dem Stein offensichtlich etwas ein: „Aber sagen Sie mir, was bringt Sie dazu, Steine einfach so ins Wasser zu werfen?“ In der Frage lag kein Vorwurf, deshalb ging Lotta sofort darauf ein. Nun ja, dabei geht es darum, den Stein möglichst so flach zu werfen, dass er so oft wie möglich auf der Wasseroberfläche aufkommt. Dafür muss man etwas geschickt sein“ versuchte Lotta zu erklären. 
 

„Wissen Sie denn nichts Besseres mit Ihrer Zeit anzufangen?“ Jetzt war der Vorwurf nicht mehr zu überhören. „Wenn man nicht davon ausgeht, dass man sich mit Steinen unterhalten kann, dann macht das Spass“ entgegnete Lotta mit einer gewissen Schärfe in der Stimme. „Und abgesehen davon kann man sich damit gut abreagieren. Ich war sauer und wollte mich ablenken.“ Lotta zuckte mit ihren Schultern. „Aha, daraus entnehme ich, dass etwas oder jemand Sie verärgert hat“ schloss der Stein. „Das kann man tatsächlich so sagen …“ entgegnete Lotta und war immer noch leicht gereizt. 
 

„Wieso?“, fragte der Stein kurz. Lotta holte Luft. „Ich hatte einen Streit mit meiner Mutter, wir waren beide genervt und manchmal streiten wir dann …“ Mehr wollte Lotta nicht preisgeben. Es wäre, bei näherer Betrachtung, auch nicht der Mühe wert gewesen. „Wieso?“ Diese wiederholte Frage liess Lotta stutzen. „Wieso was??“, fragte sie zurück. „Ich frage mich einfach nur, ob ihr nichts Besseres zu tun habt“ nörgelte er vor sich hin. „Ihr habt nur eine begrenzte Zeit auf Erden und dann vergeudet ihr sie mit Streiten.“ Darauf hatte Lotta keine Antwort. Sie seufzte. „Ja, vielleicht haben Sie Recht. Wahrscheinlich sogar. Aber im Alltag ist das gar nicht so einfach. Worte sind schnell gesagt, manchmal bereut man sie, sobald sie ausgesprochen sind.“ 
 

„Ihr Menschen scheint dann zu schnell mit den Worten zu sein“ folgerte der Stein ganz logisch. Lotta lachte etwas betreten. „Ja, das mag wohl sein. Aber wir sind generell viel schneller als ihr Steine, sonst würden wir in unserem kurzen Leben ja nichts bewegen können.“ Der Stein schien zu überlegen. „Was wollt ihr denn bewegen? Und wozu?“ Zwei einfache Fragen, die für Lotta schwer zu beantworten waren. „Nun ja, ich schätze mal, wir Menschen haben alle unsere Träume und Ziele. Jeden treibt etwas anderes an. Und dann ist da noch der Alltag. Es gibt schöne Momente, aber eben auch Streit. Wir lieben und hassen uns und selbst,  wenn wir uns lieben, streiten wir uns manchmal. Wir Menschen sind so.“ Wieder ein eher hilfloses Schulterzucken. 
 

„Das erscheint mir überaus anstrengend. Kein Wunder, dass ihr nur eine kurze Zeit zur Verfügung habt.“ Der Stein klang fast mitleidig. Lotta konnte das so nicht stehen lassen. „Streitet ihr denn nie? Ist bei euch Gesteinen immer alles in Harmonie?“, wollte sie wissen. „Worüber sollten wir streiten? Ob einer grösser ist als der andere? Ob ein Stein wertvoller ist als der andere? Das würde doch keinen Sinn machen, denn wir verändern uns ständig. Ein Felsen von heute ist morgen ein Kieselstein wie ich, oder noch kleiner. Dann sind wir irgendwann alle Sand und der Kreislauf geht von vorne los.“ Der Stein rührte sich nicht, doch Lotta hatte den Eindruck, als würde er den Kopf schütteln … wenn er denn einen hätte. So als … Stein. 
 

Lotta seufzte. „Im Grunde macht es bei uns auch meist keinen Sinn. Aber unsere Emotionen sagen uns immer wieder etwas anderes.“ Sie dachte an ihren Streit mit Mama. Was für ein Unsinn, sich über so banale Dinge wie Haushalt zu streiten. Man sollte meinen, ein Müllsack und ein voller Geschirrspüler wären viel zu unwichtig um sich zu streiten und möglicherweise tagelang nicht miteinander zu reden; so, wie es eben immer wieder bei Lotta und ihrer Mutter der Fall war. Im Grunde hatte Lotta gar nichts gegen ihre kleinen Pflichten im Haushalt, nur kollidierten ihre Prioritäten und ihr Tagesrhythmus leider häufig mit den Ansichten und Gewohnheiten ihrer Mutter. 
 

„Ich liebe meine Mama“ überlegte Lotta laut. „Aber ihre beleidigte Art, wenn ich mal wieder den Müll nicht rechtzeitig rausgebracht habe, regt mich einfach auf. Und auch ihre Leidensmiene, wenn sie den Geschirrspüler ausräumt, weil ich es nicht getan habe. Man kann doch nicht immer Lust auf solche Pflichten haben …“ 
 

Der Kieselstein wiederum wackelte … „Vergeudete Zeit … so viel vergeudete Zeit …“ schimpfte er. „Es liegt aber nicht nur an mir“ verteidigte sich Lotta. „Meine Mutter denkt immer, ich wäre nicht bereit, selbst Verantwortung zu übernehmen. Dabei krätscht sie mir immer in meine Angelegenheiten. Wenn ich erst einmal ausgezogen bin, werde ich ihr beweisen, dass ich das kann. Ich bin doch kein Versager, ich will nur endlich unabhängig sein!“ Als sie sich so reden hörte, wurde ihr klar, dass sie sich wie ein typischer Teenie anhörte. Das war sie wohl noch immer: ein Teenie, obwohl sie sich meist so erwachsen fühlte und von ihr erwartete, auch so behandelt zu werden. Wäre sie an der Stelle ihrer Mutter, wäre sie sicherlich auch sauer. 
 

Der Kieselstein sah sie an. „Freiheit und Unabhängigkeit sind Illusion. Wir sind alle miteinander verlinkt, du mit allen anderen Menschen dieser Welt und ihr Menschen mit der Natur, mit den Elementen dieser Erde. Wir sind alle Teile eines grossen Ganzen. Du willst anders sein als deine Mutter, doch du bist ihre Tochter und ihr damit ähnlicher, als du es vermutlich wahrhaben willst. Aber das spielt überhaupt keine Rolle, weil jeder so ist wie er ist und genauso sein soll. Jedes Wesen dieser wunderbaren Welt ist genauso, wie es gedacht ist, weil alles in den grossen Kontext passt, egal wie gross oder klein. Wir Steine haben das schon lange begriffen, deshalb verschwenden wir keine Zeit damit, anders sein zu wollen, als wir sind. Damit wird das Dasein erheblich leichter, das können Sie mir glauben.“ 
 

Lotta sah den Stein an, als hätte sie noch nie einen Kieselstein gesehen. „Das ist doch mal cool!“, entfuhr es ihr. „Aber wenn ihr Steine euch nicht mehr mit Identitätskrisen herumschlagt, was macht ihr dann den ganzen Tag, ausser … äh … herumliegen?“ 
 

Die Antwort war ebenso einfach wie überraschend: „Wir sind damit beschäftigt zu sein“ erklärte der Stein. Lotta wartete etwas, denn sie hatte etwas besonders Weises und Intelligentes erwartet. Doch das war’s, der Stein schwieg. 
 

„Aha. Mit Sein. Das ist natürlich … äh … interessant.“ Lotta war ratlos. Der Kiesel starrte Lotta irritiert an, offensichtlich hatte er eine andere Reaktion erwartet. Schliesslich seufzte er etwas genervt und erklärte: „Sich auf das eigene Da-sein zu konzentrieren ist die höchste Form des Bewusst-seins. Es bedeutet, sich dessen bewusst zu sein, ein Teil des grossen Universums zu sein, in perfekter Ko-Existenz mit allem, was es sonst noch gibt. Es bedeutet, die eigene Existenz zu feiern, denn dann gibt es keine Wünsche mehr, kein Bedauern und kein Leid. Alles ist so, wie es sein soll und so, wie es erdacht ist. Es bedeutet in Frieden zu sein mit sich und der Welt.“ 

 

Lotta wiederholte versonnen „in Frieden sein mit sich und der Welt“ … das klingt schön …“ Der Stein erwiderte sanft: „Ja, das ist es. Freilich seid ihr Menschen noch weit davon entfernt. Nur ab und zu erleben wir jemanden, der dieses Glück für eine sehr begrenzte Zeit erahnen kann. Doch die meisten von euch sind viel zu beschäftigt mit ihren kleinen und grossen Beschäftigungen, die ihnen soooo wichtig erscheinen. Ich denke, das erfordert noch einige Leben, bis ihr eine Vorstellung davon bekommt, wie sich das vollkommene Glück anfühlen kann.“ In der Stimme des Kieselsteines schwang fast so etwas wie Mitleid, als er die letzten Worte sagte. 
 

Lotta sann noch einige Augenblicke dem nach, was der Stein ihr erklärt hatte. Irgendwann schien sie zum letzten Satz gekommen zu sein, denn es ging auf einmal ein Ruck durch ihren Körper und sie stand auf. „Nun ja, bis dahin haben wir noch ein bisschen Zeit, um viele Dinge besser zu machen und uns an der Bewegung und am Tempo zu erfreuen.“ Sie hätte nicht sagen können, weshalb, aber die verklärte Schilderung des Glücks, der stillen Zufriedenheit weckte in ihr alle Lebensgeister. Sie hatte Lust, sich ausgiebig zu bewegen. Am besten so schnell wie möglich - auf ihrem Fahrrad. 

 

„Herr Kieselstein, vielen Dank dafür, dass Sie mit mir gesprochen haben und besonderen Dank für Ihre Erklärungen. Ich werde das nicht vergessen und vor allem werde ich künftig keinen Stein mehr in seinem Sonnenbad stören.“ Lotta lächelte den Stein freundlich an und stellte sich vor, was wohl ein Spaziergänger denken würde, wenn er sie so sah, wie sie auf einen kleinen Kieselstein einredete. Ihr Lächeln wurde noch eine Spur breiter und sie fragte den Stein zum Schluss: „Möchten Sie hier liegen bleiben, oder darf ich Sie zurück an Ihren Platz in der Sonne legen?“ 

 

Der Stein lächelte fast zurück … sofern Steine eben lächeln können und meinte erfreut: „Oh, ich dachte schon, Sie fragen nie und lassen mich hier einfach liegen. Ja, ich würde sehr gern mein Sonnenbad fortsetzen, wenn Sie so freundlich wären …“ Er schien sogar Lotta’s Hand etwas entgegenzukommen, als sie ihn aufhob und an seinen Platz in der Sonne zurücklegte. „Dankeschön. Das viele Sprechen hat mich nun doch sehr angestrengt. Nun freue ich mich darauf, mich wieder mit meinem Da-sein zu beschäftigen. Das habe ich ja nun lange genug vernachlässigt.“ Es war nur noch ein eher kümmerlicher Versuch, nörgelig zu sein. „Leben Sie wohl und alles Gute!“, sagte Lotta, bevor sie sich zu ihrem Fahrrad wandte. Doch der Stein schwieg, er war schon wieder zu sehr damit beschäftigt, zu sein. 

 

Lotta schwang sich behände auf ihr Rad und trat kräftig in die Pedale. Sie genoss die Bewegung, den Fahrtwind und die Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht. Die Worte des Steines würde sie nicht vergessen, doch sie war, wie er so treffend bemerkt hatte, noch weit davon entfernt, in der schlichten Form des Daseins ihr Glück zu finden. Bis es soweit war, war sie jedoch wild entschlossen, ihrem bewegten Leben so viel Spass wie irgend möglich abzuringen. 
 

© Irene Lichtenberg, NRW, 
mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung auf steinfürsleben/Steingedanken 


 

Schicksalsschläge

Als der Stein vom Feuerstrahl angeschlagen wurde, wunderte er sich sehr und sagte mit strenger Stimme zu ihm: „Welcher Wahn treibt dich, mich zu quälen? Tu mir nicht länger weh, denn du irrst dich in mir: Niemand tat ich etwas zu Leide.“ 

Darauf antwortete der Feuerstrahl: „Bist du geduldig, so sollst du sehen, welch ein Wunderbares aus dir hervorgeht.“ 

Auf diese Worte gab sich der Stein zufrieden, erduldete geduldig die Schläge und ward gewahr, wie aus ihm das wunderbare Feuer entsprang. 

So lässt auch Gott oft durch Schicksalsschläge die Heilige Flamme in uns aufspringen! 

Alle Seelen stammen von der Sonne. 

Der Herr, das Licht aller Dinge, wird die Gnade haben, mich, den Forscher des Lichtes zu erleuchten. 
 

Leonardo da Vinci 

Die Steinsuppe

Es war einmal vor langer Zeit, irgendwo in Osteuropa, da herrschte eine grosse Hungersnot. Die Menschen horteten missgünstig alles Essbare, was sie finden konnten und versteckten es sogar vor ihren Freunden und Nachbarn. Eines Tages kam ein Hausierer mit seinem Wagen in ein Dorf, verkaufte dort einige seiner Waren und begann den Leuten Fragen zu stellen, wodurch er den Anschein erweckte, er wolle über Nacht bleiben. 
 

“Es gibt in der ganzen Gegend keinen Bissen zu essen”, sagte man ihm. “Es wäre besser Sie würden weiterziehen. ” 
 

“Oh, ich habe alles was ich brauche”, sagte der Hausierer. “Eigentlich hatte ich mir gedacht, ich mache eine Steinsuppe und lade euch alle dazu ein.” Er hob daraufhin einen eisernen Kessel von seinem Wagen, füllte  diesen mit Wasser und machte ein Feuer darunter. Dann nahm er feierlich einen schlichten Stein aus seiner Samttasche und legte ihn in das Wasser. 
 

Mittlerweile waren die meisten Dorfbewohner auf dem Platz erschienen oder schauten aus ihren Fenstern, weil sie das Gerede über das Essen gehört hatten. Als der Hausierer an der “Suppe” schnüffelte und freudiger Erwartung über seine Lippen fuhr, begann der Hunger das Misstrauen der Dorfbewohner zu besiegen. 

“Ah”, sagte der Hausierer recht laut zu sich selbst, “ich liebe eine schmackhafte Steinsuppe. Natürlich, eine Steinsuppe mit Kohl, das wäre sicherlich kaum zu übertreffen.” 
 

Kurz darauf eilte ein Dorfbewohner herbei, der einen Kohl aus seinem Versteck in der Hand hielt und legt diesen in den Kessel. “Grossartig”, rief der Hausierer. “Wissen Sie, einmal hatte ich sogar eine Steinsuppe mit Kohl und einem Stück Pökelfleisch darin. Die war eines Königs würdig.” 
 

Der Dorfmetzger besorgte daraufhin etwas Pökelfleisch … und so ging es dann mit Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, Pilzen, und und und weiter, bis sie tatsächlich ein köstliches Mal für alle hatten. Die Dorfbewohner boten dem Hausierer eine Menge Geld für seinen magischen Stein, doch er lehnte ab und zog am nächsten Tag weiter. Von dieser Zeit an, noch lange nachdem die Hungersnot vorbei war, dachten die Leute an die köstlichste Suppe, die sie jemals gegessen hatten. 
 

Quelle: Volksgut 

Der besondere Stein

 

Mal trüb, mal klar. Mal bewegt, mal ruhig. 
Mal warm, mal kalt. Tief und rein. 
Wie das Wasser, so ist dieser besondere Stein. 

Seine Energie schwimmt 
in Wellen in dein Herz. 
Er heilt in deiner Seele 
einen tiefen Schmerz. 

Du fühlst dich leicht und befreit, 
denn dein Stein ist bei dir, 
er schenkt dir Zufriedenheit. 
 

unbekannt 

Lebensweg

 

Lebensweg oft hart und steinig, 
auf der Strecke kein Versteck, 
auch Gelehrte sind sich einig, 
niemand kehrt die Steine weg, 

Selbst muss man für Ordnung sorgen, 
jeder ist sein Lebens Schmied, 
manches Leid liegt tief verborgen, 
das im Voraus keiner sieht. 

Auch Glück kreuzt oft den langen Weg, 
man muss es schnell erhaschen, 
befestigen am Zaun, nicht schräg, 
sonst schlüpft es durch die Maschen. 

Häufig geht auch viel daneben, 
weil man den Stolperstein nicht sieht, 
dann ist die Strecke wieder eben 
und von vorn beginnt das alte Lied. 
 

Horst Rehmann 

Aufbruch

 

Wieder mit den Wellen 
des Flusses ziehen, leicht 
atmet es sich im Morgenwind 
zwischen Sonneninseln, 
begleitet vom uralten Lied. 
Was sich tragen lässt 
hat leichte Fahrt, 
Sperriges bleibt bei den 
Wurzeln der Weiden zurück, 
Treibgut, Geröll wird 
umrundet – ein Spiel. 

Erst grössere Steine 
hemmen den Lauf, 
Drängen, 
Strudeln, 
erzwungene Rast - 
bis endlich die Enge 
sich weitet und frei 
Welle auf Welle 
herabströmt ins Tal .
Aus Bildern und Tönen 
webt sich von neuem 
das Lied. 
 

Wilma Michler 

Nur ein Stein - Lebendige Gedanken zur toten Materie

Erkennst du des Steines Herz …? hat ein Dichter geschrieben. Hat der Stein überhaupt ein Herz? Haben Bäume, Blumen, Gräser … ein Herz, eine Seele? Vom Biologischen her natürlich nicht, vor allem der Stein ist leblose Materie, eben ein harter Stein. Bäumen oder Blumen hingegen wird eine Seele zugesprochen; auch die Fähigkeit im Tode zu leiden, wenn ein Baum sich stöhnend, seufzend neigt, wenn ihn die Säge durchschneidet. 
 

Ein Stein könnte seine Gefühle, seine Schmerzen nicht zeigen, selbst wenn er welche empfinden könnte, er ist unbewegt. Dabei denke ich jetzt auch an Menschen, die ebenso eine steinerne Miene zur Schau tragen, fühlen sie nicht oder zeigen sie es nicht? 

Aber, ist Stein Stein, sind sie alle gleich? Jeder Stein ist anders, in der Farbe, der Form, der Härte, es würde nicht gelingen, zwei ganz gleiche zu finden. 
 

Jeder Stein ist individuell, wie alles in der Natur, wie auch wir Menschen. Jeder Baum, jede Blume, auch wenn sie zur selben botanischen Familie gehören mögen, hat eine eigene Form, unterscheidet sich ein wenig von denen rund um sich. 
 

Sind aber Steine wirklich so leblos? Sie verändern sich im Laufe der Zeit, verwittern, werden glatt oder rau, - hart bleiben sie natürlich immer, steinhart, sogar als winziges, drückendes Sandkorn im Schuh. Dass Steine nicht leblos sind, erfährt man unter Lebensgefahr in den Bergen. Plötzlich löst sich in einer Felswand ein Teil des Felsens, es muss also doch Leben sein (?) - und stürzt als Steinschlag oder nur als Geröll in die Tiefe. Wehe dem, wer da im Wege steht! Ich stand manchmal nicht weit davon entfernt. 
 

Als Bergsteigerin liebe ich natürlich die Steine, fest und hoch aufgetürmt zu einem Gipfel, auf einem schmalen, steinigen Steig erreichbar. Ich habe sie auch oft verwünscht, wenn ich über brüchiges Gelände auf- und absteigen musste. Vorsichtiges Gehen ist vonnöten, ein Stolpern oder Ausrutschen beim Abstieg haben schon viele Tote gefordert. Doch durch dieses bewusste vorsichtige Gehen entsteht eine enge Verbindung mit den Steinen, die nicht nur materiell ist, irgendwie überträgt sie sich durch die Schuhsohlen auf die Füsse, die Beine, den ganzen Körper. Ich fühle mich Eins mit diesen Steinen, die ja ein Teil der Natur sind, durch die ich mich bewege, Teil einer Gesamtheit, zu der auch ich gehöre. Ist sie nun beseelt durch mich, von mir? 


Naturreligionen pflegen die Gesamtheit, dieses Eins sein mit dem Universum. Es gibt heute „heilige Steine“, Altarsteine. Es gibt auch Steine, die einem durch ihr Äusseres persönlich was bedeuten, wie durch eine besonders angenehme Oberfläche, Maserung, Farbmusterung, eine glatte Seite …, es gibt so viele Gründe wie es Motive der Menschen gibt, sie zu sammeln, oder etwas herauszulesen. 
 

Meistens habe ich einen Stein in der Tasche, der mir bei irgendeiner Wanderung geradezu „ins Auge gesprungen“ ist. Im Stein kann man Symbole erkennen, nicht Versteinerungen oder ähnliches, nein, ich habe einen Stein am Balkon, der vom Boden aus gesehen, einem sitzenden grossen Vogel gleicht. Ich hätte ihn noch bemalen können, ihm zumindest Augen verpassen, aber es ist ein Stein, soll auch einer bleiben, für mich aber ein Symbol für den Adler, dessen Form er hat, eine Verbindung mit dem Berg, von dem ich ihn heimgetragen habe. 

Nein, das Herz des Steins habe ich nicht gefunden, vielleicht aber ihn mit meinem Herzen „belebt“ - wenn er mir einen sonnenwarmen Sitzplatz gibt, wenn er so schön in meiner Hand liegt? 
 

Christa Astl 

Ich grüsste ihn trotzdem.

 

Umgang mit Engeln 

Heute morgen 
in aller Herrgottsfrühe 
sah ich an eine Häuserwand gelehnt 
einen Engel stehen. 
Sein Gesicht war ganz versteinert, 
wie die meisten Gesichter hier. 

Er wollte wohl unerkannt bleiben. 
Inzwischen pflege ich einen unbefangenen Umgang 
mit Häuser- und Strassenengeln aller Art. 
 

Ute Elisabeth Mordhorst 

Die Geschichte vom Traumfänger

Eine alte indianische Legende, überliefert von den Atzteken lautet: 
 

Die Alten haben uns erzählt: Wenn es dunkel wird und die Erdenmenschen müde werden und einschlafen, beginnen die Geistenergien mit ihren mannigfaltigen Wesen und Unwesen. Einige verwandeln sich in Träume. Und wie es gute und schlechte Geistenergien gibt, gibt es gute und schlechte Träume. Schlechte Träume bringen Krankheiten oder sie sind ein Zeichen für bösen Zauber. 
 

Die Alten haben erzählt, wie man es macht, damit böse Träume uns nicht erreichen können: "Es war eine Ahnfrau, die sehr unglücklich war. Denn sie hatte ein Kind, das jede Nacht mit den Kojoten weinte, weil ihr im Schlaf böse Träume böse Geschichten erzählten. Und weil die Ahnfrau keine Hilfe mehr wusste, bat sie die Spinnenfrau um ihren Rat. Spinnenfrau war viel älter als Ahnfrau und von grosser Weisheit. Sie bog aus dem Holz der Bäume, die am Wasser wachsen, einen Ring, nicht grösser als der Kopf des Kindes. Dann verwandelte sie sich in eine Spinne und spann Fäden in den Ring, kreuz und quer. Als sie damit fertig war, flocht sie Gegenstände von grosser magischer Kraft in das Netz: Die Rassel der Klapperschlange, die Wurzel einer Zauberpflanze, einen bunten Stein, das Haar des Bären und des Büffels. Und viele andere Gegenstände mehr, alle von grosser magischer Kraft. 
 

Nimm es und hänge es über die Wiege. So wird kein Traum mehr Kraft über dein Kind bekommen. Es wird bewirken, dass keine schlechte Energie mehr in euer Tipi kriecht, es wird alle diese Kräfte fangen und sammeln und am Morgen werden sie mit der Nacht verschwinden. Zeige das Netz deinen Brüdern und Schwestern und webt euch selbst Netze, damit die bösen Träume auch ihre Macht über deine Brüder und Schwestern verlieren. Und so ging die Ahnfrau in ihr Dorf zurück und tat, wie ihr geraten." 
 

Und wie die Ahnfrau von der Spinnenfrau gelernt hat, so machen wir es heute noch: Wir biegen den Zweig vom Baum am Wasser zum Ring und flechten Gegenstände von magischer Kraft in ein Geflecht aus dünnen Därmen. Da sind also Perlen, das Haar des Pumas, der Zahn des Bären, da sind Muscheln und Steine. Wir hängen den Traumfänger über unseren Schlafplatz oder tragen einen kleineren davon auf unserem Kopf. Wir Azteken weben auch viele Federn in dieses Geflecht, denn Federn haben eine besonders grosse, magische Kraft. Wir nennen so einen Traumfänger in unserer Sprache Titlahtin. Das bedeutet: "Das, was mich beruhigt". 
 

Indianische Legende 

Emanuel Geibel 1815 - 1884

Das Herz hat auch seine Ostern,

wo der Stein vom Grabe springt,

den wir dem Staub nur weihten.

Und was du ewig liebst, ist ewig dein. 

Finnisches Sprichwort

Was kann der Wind
dem Stein schon anhaben? 

Mitä tuuli kivelle mahtaa? 

 

.

In dieser Welt gibt es manche Menschen, welche dir immer Steine in den Weg werfen. 

Es hängt von dir ab, was du aus ihnen machst. 

Eine Wand oder eine Brücke! 

 

unbekannt 

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Stein und Mörtel bauen ein Haus. 
Geist und Liebe schmücken es aus. 

Unbekannt 

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Rücken an Rücken 
Wir zwei auf dem Stein,
am Meer. 
Schöner Gedanke. 

Stephan Dreyer 

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tief 

ist das gedächtnis 

der steine 

auf dem grund 

unbekannt 

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Ich bin dankbar für die Steine, 
die mir in den Weg gelegt wurden. 

Ohne sie hätte ich nicht über 
meine Stärken stolpern können. 

 

unbekannt 

Stein in meiner Hand

Stein in meiner Hand, ich schau dich an. 
Du bist einzigartig und doch einer unter vielen. 
Ich kann dich begreifen und dich fühlen. 
Ich kann deine Vielseitigkeit entdecken. 
Ich erforsche deine verschiedenen Seiten und Eigenschaften. 
Aus so mancher Perspektive siehst du so interessant aus. 
Du hast immer eine Seite, die meinem Blick verborgen bleibt. 
Du hast angenehme und unangenehme Seiten. 

Du kannst durch deine Härte und Kantigkeit verletzen. 
Du kannst Wärme aufnehmen, speichern und auch wieder abgeben. 
Du nimmst mich aber nicht wahr. 
Du weisst nichts von mir. 
Du weisst nicht, dass ich dich umfasse und halte. 
Du weisst nicht, dass meine Wärme dich erfüllt. 

Doch ich kann dich begreifen, 
von all deinen Seiten, 
ich kenne dich. 
Wie ähnlich bist du mir, du Stein. 
Wie ich dich in meiner Hand halte, weiss ich mich von Gott gehalten. 
Er hält mich in seiner Hand. 
Er umfasst mich. 
Er kennt mich, von all meinen Seiten. 
Er kennt meine harten und rauen, wie auch glatten Seiten. 
Er schenkt mir Wärme, und erfüllt mich mit seiner Liebe. 
Ich kann das, was er mir schenkt, weiter geben. 
Ich weiss nicht viel von ihm, ist er doch so viel grösser als ich. 
Manchmal ist er so unfassbar für mich, das ich nicht weiss ob er da ist. 
Und doch bin ich geborgen in ihm. 
Ich weiss mich gehalten, behütet und beschützt. 
Lass mich ein Stein sein, 
in Deiner Hand – Gott. 
 

Ulrich Bohlken 

Catharina Elisabeth Goethe

Ich freue mich des Lebens, suche keine Dornen, hasche die kleinen Freuden. Sind die Türen niedrig, so bücke ich mich. Kann ich den Stein aus dem Weg räumen, so tue ich es; ist er zu schwer, so gehe ich um ihn herum - und so finde ich alle Tage etwas, das mich freut. 

Und der Schlussstein, der Glaube an Gott, der macht mein Herz froh, mein Angesicht fröhlich. 
 

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Was für den einfachen Menschen ein Stein ist,
ist für den Wissenden eine Perle. 

Dschalal ad-Din Muhamed Rumi 

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Ich sammle nur Kieselsteine am Ufer des Ozeans des Wissens. 
 

Isaac Newton 

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Tu einem Stein Gutes

- er wird es dir vergelten. 
 

Arabisches Sprichwort 

 

Luisa Francia

Es ist die Schönheit der Steine, ihre grosse Kraft, die nicht nur erfreut, sondern auch heilen kann, ihre selbstverständliche Anwesenheit in unserem Leben, in den Landschaften der Erde, in unseren Wohnstätten. 

Steine machen erwachsene Menschen zu Kindern, sie zaubern ein Leuchten in die Augen von rationalen und gar nicht magisch begabten Menschen, sie entzücken uns mit ihrer Formen und Farbenvielfalt. 

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Vergebung
bewegt den Stein
von deinem Herzen. 

Almut Adler, Lyrikerin und Aphoristikerin 

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Steine seien tot,
doch aneinandergeschlagen klingen sie. 

Dr. Hanspeter Rings 

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Ich fiel mir aus der Hand 
Ich flügelschlagend 
fiel auf den Kies 
die Flügel schlagend 

Mit ausgebreiteten Flügeln 
ich bewahre mich nicht 
mit ausgebreiteten Flügeln 
verlass ich's 

Hilde Domin 

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Ein Mensch, der eine Mauer 
um sich baut, hat mindestens 
einen Krieg hinter sich! 

unbekannt 

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Ich bin das Land, meine Augen sind der Himmel, meine Glieder die Bäume, ich bin der Fels, die Wassertiefe. Ich bin nicht hier, um die Natur zu beherrschen oder sie auszubeuten. Ich bin selbst Natur. 

Squan´na´vai 

.

 

Das Leben formt den Menschen
wie Wasser den Stein. 

Alain Wirth 

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Da baut man jahrelang 

eine Mauer um sich auf, 

denkt, man ist jetzt sicher, 

und plötzlich sitzt da 

jemand drauf und pfeift 

ein fröhliches Lied. 

 

Ihr kennt das! 

 

unbekannt 

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Steinreich 

der Strand 
steinreich 
an Glück 
die Tage 
zwischen Steinen 
am Strand 

Annemarie Schnitt 

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Klarer Bergkristall 
aus harter Erdkruste geformt, 
in dir bricht sich Licht. 

Volker Harmgardt 

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Einladender Weg 
auf Katzenkopfsteinpflaster 
mit Blumen im Gepäck. 

Volker Harmgardt 

Tränen

sind meist nur die Tropfen 
auf die heissen Steine 
des Verlustes aller unsrer Werte. 

Erhard Blanck 

 

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Wenn ich alles mache,
was die anderen von mir wollen,
dann stünde auf meinem Grabstein:
"Mein Leben hat allen gefallen
- nur mir nicht." 

unbekannt 

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Es genügt oft ein kleiner Stein 
um einen Riesen zu Fall zu bringen 

Anke Maggauer-Kirsche 

Chliini Händ

Hesch dä Rägetropf i üsem Dorfbach gseh? 
Irgendeinisch chunt de ou zum grosse Meer! 
Lueg emou dem chliine Zweig bim wachse zue 
Us dem gits e Baum bis wit i Himmel ue 
Drum säg mir nie ich seigi z chlii denn alles do muess mol afoh 
Schritt für schritt der bärg doruuf 
Tritt für tritt loh keine us und chunt e Stei stohni druf und schrei 
Ich gibe sicher nid uf 
Lueg die Vögel flüget mitem Wind derfoh 
Aui hend für dasmou ihres näst verloh 
Und ghörsch si singe üsi melodie 
Singed alli mit wird das e hymne sii 
 

Drum säg mir nie ich seigi z chli denn alles do muess mol afoh 
Schritt für schritt der bärg doruuf 
Tritt für tritt loh keine us und chunt e Stei stohni druf und schrei 
Schritt für schritt der bärg doruuf 
Tritt für tritt loh keine us und chunt e Stei stohni druf und schrei 
Ich gibe sicher nid uf 
Und lachsch über mi denn willi der säge gloubt mer a sich chönd chliini händ bärestarch wärde 
Schritt für schritt der bärg doruuf 
Tritt für tritt loh keine us und chunt e Stei stohni druf und schrei 
Ich gibe sicher nid uf 
 

Songtext von Marco Kunz 

Die magischen Steine

Eines Abends bereitete sich eine Gruppe von Nomaden zum Schlafen vor, als sie plötzlich von einem überwältigenden Licht umgeben waren. Sie wussten nicht, dass dies die Anwesenheit eines göttlichen Wesens bedeutete. Mit grosser Spannung erwarteten sie nun eine himmlische Botschaft von grosser Wichtigkeit, die, wie sie wussten, speziell für sie bestimmt sein musste. 
 

Schliesslich sprach eine Stimme: "Sammelt so viele Kieselsteine, wie ihr nur könnt. Steckt sie in eure Satteltaschen. Reitet morgen einen ganzen Tag lang, und am Abend werdet ihr glücklich und zugleich traurig sein." 
 

Nachdem die Erscheinung verschwunden war, waren die Nomaden enttäuscht und verärgert. Sie hatten die Offenbarung einer gewaltigen und umfassenden Wahrheit erwartet, die sie befähigen würde, Wohlstand und Gesundheit in der Welt zu schaffen und dem Leben einen Sinn zu geben. Aber stattdessen wurde ihnen eine niedrige Arbeit zugemutet, die für sie völlig sinnlos war. Trotzdem, der Eindruck, den der Glanz ihres himmlischen Besuchers bei ihnen hinterlassen hatte, bewog doch jeden, ein paar Kieselsteine aufzuheben und sie in die Satteltasche zu stecken, während sie noch immer ihrem Missvergnügen Ausdruck verliehen. 
 

Sie ritten den ganzen Tag lang, und als sie am Abend ihr Lager aufschlugen, griffen sie in ihre Satteltaschen und entdeckten, dass jeder Kieselstein, den sie gesammelt hatten, zu einem Diamanten geworden war. Nun waren sie glücklich, dass sie Diamanten hatten. Und sie waren traurig, dass sie nicht mehr Kieselsteine gesammelt hatten. 
 

Quelle unbekannt 

Umarmung

Die Kräuter bieten einander 
den Duft ihrer Blüten; 
ein Stein strahlt seinen Glanz auf die andern, 
und jedwede Kreatur hat einen Urtrieb 
nach liebender Umarmung. 
Auch steht die ganze Natur dem Menschen zu Diensten, 
und in diesem Liebesdienst legt sie 
ihm freudig ihre Güter ans Herz … 
 

Hildegard von Bingen: aus "Der Mensch in der Verantwortung" 

Die Liebe

Die Landschaft der Liebe hat Berge und Schluchten 
verwilderte Wege 
steinige Buchten 
Es rief aus den Wäldern: Gebt euch verloren 
Wir stopften uns Büschel von Gras in die Ohren 

Geröll schlug uns blutig 
Wir wollten nicht hören 
Jetzt müssen wir fühlen der Liebe abschwören 
Entflogen die Schwäne die uns grüssten 
Die Landschaft der Liebe hat Meere und Wüsten 
 

Albert von Schirnding 

Ich

Ins Mosaik 
meines Lebens 
hast du Steine gefügt, 
rote und blaue, 
grüne und gelbe, 
runde und eckige, 
kleine und grosse. 
Du hast Erinnerungen 
in mich gelegt 
und dich eingebaut 
in meine Zeit. 
Mit dir 
bin ich geworden, 
was ich bin, 
deine Spuren 
bleiben und leuchten 
in mir. 
 

Tina Willms

Herzsekunde

 

Steine auf dem Weg - kleine, feine - 
Die Füsse treten sie, berühren sie - 
auch das Herz aus Stein - 
Kleines Steinherz auf dem Weg - 
wer, was gab ihm seine Form - 
Die Liebe, die den Stein umgab - 
liess ihn zum Herz erweichen in langer Zeit - 
Es ist Herzsekunde - 
auch in der Zeit der Steine - 
als der kleine Herzstein sich verschenkte ..." 
 

R. G. 

Die Legende um Anton Hammer, anno 1901

 

Den Grundstein für die noch heute gelebte Familientradition im Hotel Hammer legte vor über 100 Jahren die Legende um Anton Hammer. Sie erzählt von einem sonnigen Sommertag im August 1901, als Anton Hammer vom Stäfeli her hinauf aufs Mittagsgüpfi stieg und über die Pilatuskette bis zum Widderfeld wanderte. Leider verschlechterte sich die Sicht rasch. Dicke Wolkenschwaden zogen vom Tal her hoch und verhüllten den Pilatus komplett. Ein starker, kalter Wind peitschte über die Felswände. Nur mühsam fand Anton Hammer den weiteren Weg, als er plötzlich von einem Mann in heller Erscheinung gerettet und zu einer Felsenhöhle unterhalb der steilen Nordwand des Widderfeldes geführt wurde. 

Als Tribut forderte der Retter, dass Anton im Tal ein Haus errichten sollte, das Schutz und Zuflucht für Wanderer und Bergsteiger bietet. Seit jenem Tag hat sich die Familie Hammer die Pflicht auferlegt, den Gästen im sagenumwobenen Eigenthal Unterkunft und Gastfreundschaft zu bieten - und dies nun schon in dritter Generation. 
 

Legende 

Auf dich kommt es an

 

Wenn der Stein denken würde:
"Ein einzelner Stein kann keine Mauer aufrichten", gäbe es keine Häuser. 

Wenn ein Wassertropfen denken würde:
"Ein einzelner Wassertropfen kann keinen Fluss bilden", gäbe es keinen Ozean. 

Wenn das Weizenkorn denken würde:
"Ein einzelnes Weizenkorn kann keinen Acker besäen", gäbe es keine Ernte. 

Wenn ein Sonnenstrahl denken würde:
"Ein einzelner Sonnenstrahl kann keinen Tag erhellen", gäbe es kein Licht. 

Wenn der Mensch denken würde:
"Eine einzelne Liebesgeste rettet die Menschheit nicht", gäbe es weder Freundschaft noch Frieden auf der Welt. 

Wie das Haus jeden Stein benötigt, 
der Ozean jeden Wassertropfen, 
die Ernte jedes Weizenkorn, 
das Licht jeden Sonnenstrahl, 
so benötigt der Friede dich, 
deine Einzigartigkeit 
und deine Liebe. 
 

Nach einer afrikanischen Weisheit 

Die Geschichte vom weissen Kieselstein

Er lag unter tausenden von anderen Kieselsteinen in allen Formen und Grössen am Strand. Eine lange Zeit war er sich seiner selbst nicht bewusst gewesen. Er hatte am Tag die Wärme der Sonne in sich aufgenommen und sie an die Kühle der Nacht abgegeben. 
 

Dann eines Tages erwachte sein Selbstbewusstsein. Er erkannte, dass er ein annähernd runder und gänzlich weisser Kieselstein war - einer unter unzähligen. Es machte ihn sofort traurig, nur ein kleiner Teil einer riesigen Masse zu sein. Wohin der Kieselstein auch blickte, er sah nichts als Kieselsteine. Wie sehr beneidete er die Palme in seiner Nähe, deren Schatten jeden Tag eine Weile auf ihm ruhte. Sie stand allein und schön am Strand. Sie war einmalig, etwas ganz Besonderes. Auch das Meer in seiner mächtigen Endlosigkeit, dem sprühenden Spiel seiner Brandung - war es nicht bewundernswert? In ständiger Bewegung, Ebbe und Flut erzeugend, und doch geheimnisvoll in sich ruhend! Und was war er dagegen? 
 

Ein unbeweglicher, kleiner, weisser Kieselstein, irgendwann an den Strand gespült und dort liegengelassen - in der Hitze der Sonne, der Kühle der Nacht preisgegeben, Regen und Sturm ausgeliefert - nur einer unter unzähligen seiner Art. Er war nicht einmal unter Seinesgleichen etwas Besonderes. Da gab es grosse, schwere Steine, die so leicht kein Sturm bewegen konnte. Andere besassen wunderschöne Farben und Muster. Seine Traurigkeit über sich selbst wurde noch grösser. Wie gerne hätte er mit dem Meer getauscht, mit den Vögeln in der Luft, mit den Sternen am Himmel. Was half ihm sein erwachtes Selbstbewusstsein, wenn es ihm nur zeigte, wie klein und unbedeutend er war. Wenn er wenigstens ein paar schöne Farben hätte oder zumindest eine feine Faserung wie so viele Steine in seiner Nähe … 
 

Eines Nachts erwachte der Stein aus tiefem Schlaf. Am Himmel strahlte der Vollmond und tauchte den Strand in ein seltsames, zartes Licht. Plötzlich hörte der weisse Kieselstein die leisen Stimmen zweier anderer Steine, deren Gespräch der Wind zu ihm trug. Als er merkte, dass sie über ihn sprachen, lauschte er aufmerksam, damit ihm kein Wort entging. „Schau mal, der Weisse dort. Sieht er nicht wunderschön aus im Vollmondlicht? Er ist mir noch nie aufgefallen. Er hat wohl eine Schönheit,  die sich nur in einem bestimmten Licht offenbart. Gegen sein leuchtendes Weiss wirken alle anderen Steine ganz blass. Ob er weiss, wie wunderschön er ist?“ Am liebsten hätte der weisse Kieselstein jetzt vor Freude einen Sprung ins Meer gemacht. „Er liegt da wie eine grosse Perle, eben und rund. Ich wollte, ich wäre an seiner Stelle!“ 
 

Nun drehte sich der Wind und trug die leisen Stimmen der beiden Steine in eine andere Richtung. Doch der weisse Kieselstein hatte genug gehört. Er dachte eine Weile nach und begriff plötzlich, dass es anderen Steinen genauso ging wie ihm: Auch sie sehnten sich danach, anders zu sein als sie waren. Und gerade die beiden Steine, die so gut über ihn sprachen, hatte er wegen ihrer Grösse schon oft beneidet! Vielleicht ging es ja auch der Palme so! Womöglich wollte sie lieber das Meer sein oder der Stern am Himmel. Und das Meer wollte am Ende lieber das Land sein. „Was mochte es sein, was einen so unzufrieden mit sich selbst machte“, überlegte der weisse Kieselstein. Durch einen Zufall hatte er erfahren, dass er, der einfache weisse Kieselstein, in einem bestimmten Licht schön und wunderbar anzuschauen war. Das hätte er nie für möglich gehalten. Gab es da nicht vielleicht noch anderes an ihm, das er noch nicht entdeckt hatte? 
 

Und so versuchte der weisse Kieselstein zum ersten Mal in seinem Leben, mit sich selbst einverstanden zu sein. 
 

Mit der Zeit fühlte er sich immer wohler in seinem glatten, weissen Körper. Sicher, er war noch immer ein Stein unter unzähligen anderen, aber das störte ihn nicht mehr. Auch mit seiner Unbeweglichkeit hatte er sich abgefunden. Er lag an einem bestimmten Ort und dort würde er immer liegen bleiben, allein vom starken Wind manchmal leicht bewegt. Da ging es ihm wie der Palme, wie dem Himmel und dem Meer. Auch sie konnten den Ort ihres Daseins nicht verlassen. Sie waren keine Vögel. So musste es wohl sein. Er hatte verstanden. Seine Sehnsucht danach, mehr von der Welt zu sehen als diesen Strand, war endgültig überwunden. 
 

In der nächsten Vollmondnacht ging ein Liebespaar den Strand entlang. Die junge Frau entdeckte den Kieselstein und sagte zu ihrem Freund: „Schau, wie er im Mondlicht leuchtet! Wie eine grosse Perle!“ Die Frau bückte sich, nahm den weissen Kieselstein in die Hand und betrachtete ihn mit glänzenden Augen … 
 

… Dann steckte sie ihn in ihre Tasche … 
 

Verfasser unbekannt 

Steinlied

|: Mein Stein ist mein Stein, Miss Mary. 
Mein Stein ist mein Stein, Miss Mary. 
Mein Stein ist mein Stein, Miss Mary. 
Gib mir den Stein, Mary, s'ist mein Stein! :| 

|: Min Stei isch min Stei, Miss Mary. 
Min Stei isch min Stei, Miss Mary. 
Min Stei isch min Stei, Miss Mary. 
Geb min Stei, Mary, s'isch min Stei! :| 

Englisch: 

|: Me stone is me stone, Miss Mary. 
Me stone is me stone, Miss Mary. 
Me stone is me stone, Miss Mary. 
Pass 'em down is me stone, Miss Mary! :| 


Rhythmusspiel aus Trinidad 

Wer kennt den Weg

 

Wer kennt den Weg 
den es zu gehen gilt 
im Miteinander 
den Weg weiter 
ins Verstehen 
den mühsamen 
über Stolpersteine 
wer kennt ihn 
wer wagt ihn zu gehen 
den Weg den stillen 
der Selbstvergessenheit 
 

Annemarie Schnitt 

Sommer

 

Ich nehme Steine 
in die Hand 

die Muscheln 
Federn und all die Dinge 
lichter Momente 

vom wandelbaren Gefüge 
Leben hervorgebracht 

lasse sie wie Glasperlen 
alter Rosenkränze 
durch meine Finger gleiten 

halte sie nicht fest 
horte sie nicht 

sie kreisen mit mir 
auf gleicher Bahn 
um die innere Sonne 
 

Maryse Bodé 

Gelehrtenstein

 

Am Ende der langen Wanderung packte der Freund zu meiner Überraschung einen bestimmt sieben Kilogramm schweren Stein aus dem Rucksack. Er hatte ihn im Flussbett des Doubs gefunden und stillschweigend mitgetragen. Er wolle den schweren Brocken zu Hause aufstellen, als sein Gelehrtenstein, erklärte er. Solche durch Erosionsprozesse von der Natur fantastisch geformte Steine (*siehe Cover und Bild links) würden vor allem in China und Japan gesammelt. Es ist eine Tradition, lese ich später nach, die in China bis ins siebte Jahrhundert zurückreicht. Aber - und das ist so interessant - ein Gelehrtenstein wird nicht allein wegen seiner ästhetischen Qualität geschätzt, sondern vor allem als Objekt der persönlichen Vertiefung. Wer einen besitzt, kann sich ganz in ihn vertiefen; den Facetten seiner Färbung, den Linien, Einbuchtungen und Einsprengseln seiner Oberfläche folgen, als wären es die Wege und Stationen einer Reise, die man einmal unternommen hat und an die man sich gerne erinnert - oder als wären es die Schlüsselmomente einer Lebensphase. Der Stein wird so zum Gegenstand, der einen in einen Zustand der Ruhe versetzt. Was in diesen Zeiten bestimmt guttut. 

 

Ich werde mich jetzt auch auf die Suche nach einem Gelehrtenstein machen. In den Schweizer Bergen liegen bestimmt noch ein paar passende rum. Falls Sie, liebe Lesende, bereits einen besitzen, schicken Sie mir bitte ein Bild, es interessiert mich sehr. 

 

Finn Canonica, Editorial: Warum wir jetzt alle einen Stein auf dem Schreibtisch haben sollten 
 

Aus: *Das Magazin Nr. 46, 14. November 2020, Tagesanzeiger 

Allein am Strand

 

das Meer macht leer 
das Meer macht frei 
ich schwebe 
Wellen waschen die Steine 
waschen die Stirn 
waschen mein Herz 
blank liegen die Sinne 


Annemarie Schnitt 

Labyrinth und Rosen

 

labyrinthwege gehen 
unter dem leuchtenden blau 
in der suchbewegung 
des herzens 
die flügel der sehnsucht 
oft müde - nur gehen 
bringt weiter nur gehen 
 

auf losem gestein die füsse 
schwer vom gewicht der jahre 
die schultern 
manchmal sicher und frei 
oft tastend und suchend 
wohin 

das ziel so fern und so nah 
auf dem weg 
zu den rosen 
zur mitte 
 

Wilma Michler 

Was ich ihm sage …

Ich gehe mit meinem Sohn ins Freie und zeige ihm einen Baum, lasse ihn die Blätter berühren, das ist ein Blatt, sieh her, es ist grün, es hat Adern, so ist es geformt, greif´s an. Er berührt das Blatt, und der Zweig zittert mit, dicke Händchen greifen ungestüm und zärtlich nach dem, was ich ihm zeige. Ich lasse ihn barfuss auf dem Boden stehn, diese Erde spüren, braune Erde und Kiesel, festen Lehm, Samen haben es schwer, darin Wurzeln zu fassen, erst Sand und Blätter, Zweige und Dünger machen den Boden fruchtbar. 
 

...Das alles sage ich ihm. 
 

Simon J. Ortiz 

Stolperstein

Wenn unvermutet ein Mensch stirbt, 
dessen innige und verständige Teilnahme 
uns begleitete, 
dessen ununterbrochene Neigung uns gleichsam 
wie eine stille Bürgschaft 
für dauerhaftes Wohlergehen geworden ist, 
ist es immer, 
als stockte plötzlich unser eigenes Leben. 
 

Eduard Mörike 

Ich und Ich - Stein

 

Ich bin ein Elefant, ich vergesse nichts. 
Ist alles eingebrannt, für immer und für mich. 
Ich geb' mir wirklich Mühe, ein anderer zu sein. 
Sei sanft mit mir, 
Denn ich bin nicht allein.
 

Refrain: 
 

Da ist ein Stein, auf meinem Herzen. 
Ein Stein, auf meinem Herzen. 
Der liegt da schon solange, wie in Grönland der Schnee. 
Der liegt da schon solange und tut überhaupt nicht weh. 
Warum beschwerst du dich, über was sag' und tu'? 
Da kannst du sicher sein, lieber wäre ich wie du. 
Ich bin nie geschwommen, so wie der Fluss fliesst. 
 

Sei sanft mit mir. 
Ich weiss nicht, ob du's siehst: 
 

Refrain: 
 

Da ist ein Stein, auf meinem Herzen. 
Ein Stein, auf meinem Herzen. 
Der liegt da schon solange, wie in Grönland der Schnee. 
Der liegt da schon solange und tut überhaupt nicht weh. 
Da ist ein Stein, auf meinem Herzen. 
Ein Stein, auf meinem Herzen. 
Der liegt da schon solange, wie in Grönland der Schnee. 
Der liegt da schon solange und tut überhaupt nicht weh. 
 

Songtext von Ich und Ich 

Kinderreim

 

Ich bin ein kleiner spitzer Stein 
und stehe hier nicht ganz allein. 
Fideralala, fideralala ... 


Ich bin ein kleiner runder Stein 
und liege hier nicht ganz allein. 
Fideralala, fideralala ... 


Ich bin ein kleiner flacher Stein 
und liege hier nicht ganz allein. 
Fideralala, fideralala ... 

 

Aus: Kleinkinder entdecken ihre Umgebung. 
Ideen für Krippe, Kita und Tagesmütter von Ingrid Biermann 

In der Früh

 

Die Sonn ist aufgegangen, 
Ich steh im Tau der Flur, 
Die Glockenblumen prangen 
Und schillern im Azur. 
Die süssen Strahlen scheuchten 
Die lange schwarze Nacht, 
Und Wald und Wiesen leuchten 
Wie funkelnder Smaragd. 
Die Frühlingsnelken blühen 
Wie glühender Rubin, 
Wie Diamanten sprühen 
Die Tropfen im Jasmin. 
Und von den Wasserfällen 
Die Perle glänzend rollt, 
Es blitzet aus den Quellen 
Wie Silber und wie Gold. 
O Liebste, wie beschenk ich 
Mit all dem Schmuck dich gleich? 
Durch dieses Liedchen denk ich 
Mach ich mein Liebchen reich! 
 

Ludwig Eichrodt (1827-1892) 

Ich baue eine Kathedrale

Vor vielen Jahrhunderten arbeiteten drei Maurer an den Grundmauern einer Kathedrale. Einige Steine mussten, damit sie perfekt in die Mauer passten, mit dem Hammer bearbeitet werden. 

Ein Passant kam vorbei und fragte die drei, was sie da tun. 
"Das sehen Sie doch", erwiderte der Erste mürrisch. "Ich bearbeite einen Stein." 
Und der zweite Maurer, der das Gleiche tat, sagte eifrig: "Ich errichte eine Mauer." 
Der dritte Maurer allerdings antwortete stolz und nachdenklich: "Ich baue eine Kathedrale." 
 

Quelle unbekannt 

Die Enkel-Schatzsucher

Auf flinken Füssen 
unterwegs 
Schätze zu sammeln 
am Strand 
Muscheln und Steine 
und Schnecken 
ein Fund in den Händen 
in den Augen das Glück 
und frei die Stirn 
aufzustöbern 
die Schätze der Welt 
 

Annemarie Schnitt 

Wer bin ich?

 

In den Tiefen der Meere habe ich nach Leben gesucht, 
in den Sonnensystemen nach Liebe. 
In den Winden hab ich meinen Halt finden wollen, 
in den Wolken sich erfüllende Träume. 
Hab die Seele mir am Feuer verbrannt 
und mein Herz im Dunkeln verloren. 
Alle Wege gegangen, 
alle Steine gespürt. 


Im Wasserspiegel mein Bild gesucht. 
Und nirgendwo Sicheres gefunden. 

So zieh ich dahin, 
vielleicht nur Richtung Ziel. 
Immer noch will meinen Sinn ich finden. 
Ich bin, wer ich bin, 
auf diese Erde gestellt. 
Zu nehmen, was mir geschieht und - 
daraus zu machen. 
Tapfer laufen, bis ich endgültig falle. 
 

Christina Udwari 

Beamen

 

Und bin ich mal allein, 
pfitschel* ich einfach nen kleinen Stein, 
um uns wieder nah zu sein. 
 

TomatenMarc
 

* schiefern, Steine hüpfen lassen 

steingedanken

 

steingedankenschwere schritte 
durch geröll gehen 
granithartes hätte 
erbarmungslos 

wärest du 
noch 
ich würde 
doch 
der kantige 
gneis 
reibt sich 
in der brandung 
rund 
 

von katrin eilts 

Traum

 

am rande des himmels 
liegen verstreut 
blaue steine

wir sammeln sie 
und bauen aus ihnen 
ein haus 

die ganze stadt 
aus blauen steinen 
aus lapis und aquamarin 

die tore aus gold 
von engeln 
bewacht 
 

Helena Aeschbacher-Sinecká 

Von Stein zu Stein

 

führt der Weg zurück 
in die Zukunft 
von Wort zu Wort 
von omega 
zu alpha 
vom Ende 
zum ewigen Anfang 
zur Quelle 

vom ewigen Ursprung 
der Quelle 
vom Anfang 
zum Ende 
von alpha 
zu omega 
von Klang zu Klang 
von Stein über Stein 
zum Ursprung 
 

Emil Kritzky 

Die Steinlaus

 

Sehr klein, doch wirklich sehr gefrässig, 
frisst die Steinlaus ganz unmässig, 
grosse und auch kleine Steine, 
Marmor und auch ganz gemeine: 
Sand-, Basalt- und Feuersteine, 
Kiesel-, Tuff- und Wackersteine, 
Denkmal-, Schleif- und Stolpersteine, 
Natur- und Kilometersteine. 
Bei grossem Hunger, ausserdem, 
Steine fressen ist bequem: 
Auch Mauersteine, Ziegelsteine, 
selten steh’n die ganz alleine. 
Steine gibt es überall, 
bei Menschen auch, auf jeden Fall: 
Blasen-, Kalk- und Nierensteine, 
wie auch Edelsteine, feine. 
„Die Steinlaus lässt sich leicht entdecken 
am besten durch das Steine-Lecken“, 
sagt Steinlaus-Forscher Loriot, 
der hält auch Vorträge im Zoo. 
Wer Genaueres wissen will, 
findet im Pschyrembel viel, 
ein Lexikon der Medizin, 
das führt auch zu der Steinlaus hin. 
 

Rolf Florus

Im April

Auf einer losen 
Steinplatte stehn, 
in der frühen Sonne, 
ehe der Tag 
dich fortschickt 
und eine Balance 
halten, 
die den Morgen dir 
glücken lässt, 
immerhin dies. 
 

Peter Härtling 

.

Rein wie das Gold,
stark wie ein Feuerstein,
ganz lauter wie Kristall
soll dein Gemüte sein.

Angelus Silesius

.

Realität ist eine Frage der Zeit.
Es ist schon ein Unterschied,
ob ein sekundenlanger Blitz die Welt sieht
oder ein vieltausendjähriger Stein
oder eben ein Wesen,
das einige Jahrzehnte lebt. 

Elmar Schenkel 

.

Was geschah? Der Stein trat aus dem Berge. 
Wer erwachte? Du und ich. 
Sprache, Sprache. Mit-Stern. Neben-Erde. 
Ärmer. Offen. Heimatlich. 

Wohin gings? Gen Unverklungen. 
Mit dem Stein gings, mit uns zwein. 
Herz und Herz. Zu schwer befunden. 
Schwerer werden. Leichter sein. 

Paul Celan 

.

Beschreiben Sie
Ihre körperliche Fitness
mit nur einem Wort." 

"Stein." 

 

unbekannt 

.

Das Bestreben aller sollte sein, 
trotz Steinen unter den Füssen 
ein liebevoller Mensch zu bleiben. 

Eva Lexa Lexova 

.

Das Leben wird leichter,
wenn wir nicht jeden Stein,
der uns in den Weg gelegt wird,
in den Rucksack packen. 

Stefan Werner Huber 

.

Engel meiner Strassen 
zwischen Steinen und Staub 
finde ich immer wieder 
Eure scheuen Grüsse 
Sternensplitter 
Himmelsblumen 
gestreut auf meinen Weg 
in Gesichtern um mich 
suche ich 
Buchstabe für Buchstabe 
Eure flüchtigen Namen 
und lese 
doch immer nur das eine 
aus dunklen Silben 
Ich bin da 

Isabella Schneider 

.

Ich klopfe an die Tür des Steins. 
 

"Ich bins, mach auf." 
 

"Ich hab keine Tür", sagt der Stein. 
 

Wislawa Szymborska 

.

Was, meinst du, ändert sich leichter: 
Ein Stein oder deine Ansicht darüber? 


Bertold Brecht 

.

Behalte immer ein wenig Kind in dir, 
so kann dein Herz nie ganz zu Stein werden 

Isabella Petry 

.

Wenn ein uns lieber Mensch 
etwas mit seinen eigenen Händen 
Stein für Stein aufgebaut hat, 
dann sehen wir dies in einem 
anderen emotionalen Licht 
als das, was jemand mit viel Geld 
hat aufbauen lassen. 

Karl Talnop 

.

Das Leben wird leichter,
wenn wir nicht jeden Stein,
der uns in den Weg gelegt wird,
in den Rucksack packen. 

Stefan Werner Huber

.

Befreie das Kunstwerk aus dem unbearbeiteten Stein,

befreie die Idee aus dem Rohzustand. 

 

unbekannt 

.

Wahr ist das Meer, 
wahr ist das Gebirge, 
wahr der Stein, 
wahr der Grashalm, 
aber der Mensch? 
Er ist immer maskiert, 
auch wenn er es nicht will 
und nicht weiss. 

Luigi Pirandello, 1867 - 1936 

.

Sieh nur, welche Schönheit in jenen Dingen liegt, 

an denen du oft achtlos vorübergehst. 

Wie viel Wissen steckt in einem Stein. Lausche! 
 

unbekannt 

.

Er tastete nach der Märchenwelt,
zu der es keine Eingangstür gibt,
die sich unter irgendeinem Blatt,
einem Stein auftut. 

Thomas Clayton Wolfe 

.

Was für den einfachen Menschen ein Stein ist, ist für den Wissenden eine Perle. 

Dschalal ad-Din Muhammad Rumi 

.

Ich habe mal 

wieder Lust, dich 

zu treffen. 

 

Mit einem Stein 

oder so … 
 

unbekannt 

.

Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen. 

Albert Einstein 

.

Das grosse Glück ist wie ein Mosaik:
ein Werk aus vielen kleinen bunten Steinen. 

unbekannt 

.

Dämmerlicht fällt ins Tal, 
ein Windhauch zieht durch Äste 
und Steine, gleich der Trauer, 
die in den Wolken hängt 
und den Himmel weinen lässt. 

Volker Harmgardt 

.

Sollte man sich selbst 
öffnen müssen 
um ins Innerste der Steine zu gelangen? 

Wir sagen blau 
wo doch der Himmel 
ein schillernder Stein ist 

Jean-Louis Giovannoni 

.

Unsere Gegenwart
und unsere Vergangenheit
sind die Steine, 
aus denen wir unser Leben bauen. 

Henry Wadsworth Longfellow 

Durchbruch

 

wir zählen die stunden 
wir zählen die jahre 
wir zählen die steine 
auf unseren wegen 
und kehren zurück 

zurück ins licht 

Helena Aeschbacher-Sinecká 

Die Liebende

Ja ich sehne mich nach dir. Ich gleite 
mich verlierend selbst mir aus der Hand, 
ohne Hoffnung, dass ich das bestreite, 
was zu mir kommt wie aus deiner Seite 
ernst und unbeirrt und unverwandt. 

... jene Zeiten: O wie war ich Eines, 
nichts was rief und nichts was mich verriet; 
meine Stille war wie eines Steines, 
über den der Bach sein Murmeln zieht. 

Aber jetzt in diesen Frühlingswochen 
hat mich etwas langsam abgebrochen 
von dem unbewussten dunkeln Jahr. 
Etwas hat mein armes warmes Leben 
irgendeinem in die Hand gegeben, 
der nicht weiss was ich noch gestern war. 
 

Rainer Maria Rilke 

Wanderkarte

 

Nur wenn ich innehalte, kann ich herausfinden, wo ich gerade bin. Eine Wanderkarte lässt sich schlecht beim Laufen lesen. Um herauszufinden, wo ich bin, muss ich wissen, wo ich herkomme. Der Weg, den ich schon gegangen bin, prägt mich und hat mich zu diesem Punkt geführt. Mag sein, dass es ein schöner und guter Weg war - dann gilt es, dafür Danke zu sagen. Mag sein, dass es ein Weg mit Steinen, Bergen und reissenden Flüssen war - dann darf ich ihn hinter mir lassen und neu aufatmen. 

Jedenfalls: jetzt bin ich hier. Und ich schaue mich um. Ich nehme wahr, was ist. Das kann ich am besten, wenn ich zur Stille finde. Wenn ich aus dem Jagen und Hetzen zur Ruhe gekommen bin. Wenn mir klar wird, was mir wirklich gut tut - und was ich wirklich brauche. Die Einladung steht: Mehr leben! Und was hindert mich eigentlich daran, es zu probieren? 
 

Andrea Schwarz 

Und noch Eine

Am Anfang war nichts ausser zwei Bergdohlen, die in der Finsternis herumflatterten. 

Sie liebten einander sehr und wollten sich ein Geschenk machen. Aber was sollten sie sich schenken, da es doch nichts gab? 

Sie beschlossen, sich zu trennen und erst wiederzukommen, wenn sie ein Geschenk füreinander hatten. 

Weit weg waren sie gewesen, als sie wieder zurückkamen. 

Die eine Bergdohle hatte ein Kieselsteinchen im Mund und die andere einen Lichtstrahl, und das schenkten sie nun einander. 

Kaum traf der Lichtstrahl auf den Kieselstein, begann dieser zu leuchten und wurde so gross, dass sich die beiden Dohlen daraufsetzen konnten. 

Bisher waren sie immer nur geflogen, es war das erste Mal, dass sie sich irgendwo setzten. Nun merkten sie erst, wie müde sie waren von all dem Herumfliegen im Nichts. 

Sie sagten einander noch einmal, wie sehr sie sich liebten, dann starben sie. 

Der Kieselstein aber wuchs und wuchs und wurde der erste Stern, und aus ihm entstanden später alle anderen Sterne. 

So war das. Vielleicht. 

Vielleicht war es aber auch so, wie es in der Bibel steht, oder ganz anders. Oder was denkt ihr? 
 

Aus: Das grosse Buch/Geschichten für Kinder: Franz Hohler/Nikolaus Heidelbach 

Dann sammle ich Steine (L.K.M.)

Zuhause ist 
Wo der Schlüssel passt 
Ich geb' drauf acht, dass du immer ein bei dir hast 
Ich bin für dich da, bin wegen dir hier 
Nur wegen dir 

Wenn du traurig bist 
Trag ich dein Schwarz für dich 
Hast du Angst vorm Dunkeln. mach ich Licht 
Ich bin für dich da, bin wegen dir hier 
Nur wegen dir, nur wegen dir 

Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
Dann sammle ich Steine 
Dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 

Du hattest mich 
Beim ersten Atemzug 
Die Welt wie sie war, war mir genug 
Ich bin für dich da, bin wegen dir hier 
Nur wegen dir 

Seit diesem Tag bin ich die Mühe wert 
Für dich, die als Schülerin Leben lehrt 
Ich bin für dich da, bin wegen dir hier 
Nur wegen dir, nur wegen dir 

Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
Dann sammle ich Steine 
Dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 

Siehst du mich zum Rand der Welt gehen 
Dann sammle ich Steine 
Dann bau ich ein Haus, das dem Wind trotzt 
und mach es zu deinem 

Songtext: Von Brücken 

(Ulrich Rode, Tobias Schmitz, Nicholas Mueller) 

Seltsam

Es ist etwas Seltsames um den Stein, Seltsameres in einer Hinsicht als um Pflanze und Tier. Denn Werden, Sein und Vergehen sind hier leicht überschaubar zusammengerückt; im Stein ist die grosse Trilogie so weit durch die Zeiten gespannt, dass es das Ewige berührt. Der Stein ist gleichsam Depot von Vergangenheiten, die durch in der Vergänglichkeit bis zu einem gewissen Grade entrissen sind. 
 

Der Forscher jedenfalls kann aus der Gegenwart des Steines Vergangenheit wieder erwecken, kann ganze Landschaftsbilder weit zurückliegender Epochen rekonstruieren. Er treibt dann Geographie der Vergangenheit, Paläogeographie. Oder aber er entzaubert dem Stein die Wandlung des landschaftlichhen Geschehens im Lauf der Jahrmillionen, selbst Jahrmilliarden, und treibt dann Erdgeschichte, sehr allgemein gesagt: Geologie. 
 

Im Berg, in der Felswand, liegen also diese Jahrmillionen, und ihr szenischer Wandel versteinert. Und von der Faszination, die vom grossartigen Zeitinhalt auch des kleinen Steines ausgeht - er ist ja ein Stück Felswand - werden viele Menschen gepackt. 
 

Der Wanderer hebt den Stein auf. Form oder Farbe oder die Zeichnung seiner Oberfläche, welche Geheimnisse des Innern ahnen lässt, fesseln ihn. Der kleine Vertreter grosser Zusammenhänge ist ihm rätselvoll. 
 

Der Forscher führt mit dem Stein ein Gespräch. Die Struktur ist der erste Anstoss dazu. Es ist ein petrographisches, ein steindeutendes Gespräch. Herkunft und Werdegang des Steines erstehen vor dem geistigen Auge, erstehen noch genauer aus dem Dünnschliff unter dem Mikroskop, aus der chemischen Analyse. 
 

Und mit der Enträtselung des Steines beginnt auch die Geschichte seines Berges sich zu eröffnen, beginnen auch Szenen aus der Vergangenheit des Planeten sich herauszuzeichnen aus dem Dunkel dessen, was der Mensch nicht miterlebte. 
 

Und was lange vor seinem Dasein geschah, wird durch Erlebnis Teil seines eigenen Lebens. 
 

Emil Egli 

(Sprichwort)

"Aus einem Kieselstein  kann man keinen Diamanten schleifen."

Der Kiesel wird zum Geschenk für einen Menschen - 
Du hast einen Stein gesucht; 
er hat dich gefunden. 
Du hast ihn in deine Hand gelegt, 
angeschaut, gedreht. 
Gut fühlt er sich an, 
der Stein in deiner Hand. 
 

Du hast wohl ein Herz auf ihn gemalt. 
Ein Wort wie Vertrauen, liebes Leben, Mut, 
Zuneigung, Innigkeit, Danke, 
Herzenswärme, Liebe eingraviert - 
oder einen Schmetterling, 
einen Engel, 
einen tanzenden Elefanten … 
Deiner Fantasie sind Flügel gewachsen … 
Du hast das Glück gespürt 
in deinen Händen 
und in deinem Herzen … 
 

Und der Kieselstein? - 
In der Schatzkammer der Hosentasche - 
gehalten, 
in alle Winde mitgetragen - 
möchte der Stein nichts anderes sein, 
als das, was er ist - 
ein kleiner, glücklicher Kieselstein … 
 

Ruth Glanzmann 

Wald

 

Ich habe damals mit allem geredet, mit dem ich zusammenkam, mit Käfern und mit dem Moos, mit Steinen und Quellen. Es war alles lebendig, und ich selbst war nichts anderes als sie alle. Wenn ich über die waldigen Abhänge hinschaute, geschah es mir immer wieder, dass aller feste Stoff sich vor meinen Augen auflöste und alles durchscheinend wurde, als sei es aus Glas. Die Bäume verloren ihre Dichte und wurden, als wären sie aus Licht. Die Felsen wurden durchscheinend auf die Erdtiefe, die dahinter und darüber war. Die Hügelkämme am Horizont gingen über in die abendliche Helligkeit, so, als wäre diese ganze wunderbare Welt, in der ich lebte und schaute, nur ein kaum wirklicher Vordergrund zu einem Land aus Licht und geistiger Kraft. 

Wenn ich den Wald wieder verliess, war er in mir und ich selbst war eine Art Wald. Ich brachte ihn mit in die Stadt und füllte die Stadt mit "Wald". 
 

Mit Unabhängigkeit. Mit Phantasie. Mit Lebendigkeit. 
 

Jörg Zink 

Die Liebe

 

Die Liebe 
sitzt in der Sonne 
auf einer Mauer und räkelt sich 
für jeden zu sehen 
Niemand hat sie gerufen 
niemand könnte sie wegschicken 
auch wenn sie störte 


Woher kam sie als sie kam? 
Man sieht selbst die Katze kommen 
oder ein Gedicht auf dem Papier 
Und der dunkelfüssige Traum 
stellt sich nicht aus 
 

Die Mauer ist leer 
wo die Liebe sass 
Wohin ging sie als sie ging? 
Selbst der Tod, selbst die Träne 
lässt eine Spur 
 

Hilde Domin 

Drei Steine

Die Bäume wogten im stürmischen Wind und der Regen fiel in dicken Tropfen auf das dichte Blätterdach des Finsterwaldes. Bo Kauk, der kleine Koboldjunge, starrte gedankenverloren auf die Wiese vor seinem Elternhaus. Er vermisste seine Schwester Flana, die schon seit über einem Jahr fort war. Angefangen hatte die ganze Geschichte mit einem geheimnisvollen silbernen Spiegel, den Flana auf dem Markt auf der Bärenlichtung erstanden hatte. Mit diesem Zauberspiegel wollte seine Schwester ihren Vater Mo von seinem Fluch befreien. 
 

Vater war immer bei Vollmond verschwunden gewesen. Warum wusste Bo bis heute noch nicht. Mo ging es wieder gut, davon abgesehen, dass er sich ebenfalls Tag für Tag grämte, wo seine Tochter Flana abgeblieben ist. Rina, seiner Mutter, erging es dabei nicht besser. Bo überlegte schon seit geraumer Weile, was er tun könnte, um diese überaus missliche Situation zu ändern. Er wollte, dass seine Schwester wieder bei ihm war, mit ihm spielte und ihm bei den Hausaufgaben half. Und er wollte, dass seine Eltern wieder so fröhlich wie früher waren. Er musste einfach etwas unternehmen. 
 

Eine Woche später stand Bo schon vor seinen Eltern auf, holte ein herabgefallenes Blatt aus dem Garten und schrieb mit Mutters Elbenkreide eine Botschaft darauf. Da er noch nicht sonderlich gut schreiben konnte, fasste er sich kurz: Macht euch keine Sorge. Ich bin nur zur Bärenwiese. Will Markt besuchen. Bin bald wieder da. 
 

Dann nahm er seinen kleinen Rucksack, in den er schon am Vortag ein Stück Brot und einen Strauch Brombeeren gepackt hatte, zog seine dicke Jacke und seine festen Stiefel an und verliess leise das Haus. 
 

Er wusste genau, wie er gehen musste, um zur Bärenwiese zu gelangen. Zuerst den Fuchsstieg entlang, den Wolfsanger überqueren und schliesslich den Einhornpfad bis zur Bärenlichtung nehmen. Das war einfach. So dachte Bo jedenfalls. Doch nachdem er schon eine Stunde unterwegs war und den Wolfsanger immer noch nicht gefunden hatte, fragte er sich das erste Mal, ob es nicht doch besser gewesen wäre, noch einmal mit Ma oder Pap über den Weg zum Markt zu sprechen. Bo's Idee war gewesen, den Markt zu besuchen und die fremde Frau zu finden, die Flana damals den silbernen Spiegel verkauft hatte. Vielleicht wusste sie, wenn sie schon zauberkräftige Dinge feilbot, wo Flana sein könnte. Ihren Namen hatte sich Bo gemerkt. Sie hiess Mira Keel. Und wenn er auch nicht wusste, wie sie aussah, so hätte er nach einer Frau mit diesem Namen fragen können. Aber dazu musste er natürlich den Markt auch erreichen. 
 

Plötzlich raschelte das Gebüsch auf der linken Seite des Stieges und ein buschiger, rotbepelzter Schwanz wurde sichtbar. Bo blieb erschrocken stehen. Doch dann erkannte er den Besitzer des Schwanzes. Es war Pelun, der Fuchs. 
 

„Pelun“, sagte Bo. „Was machst du denn hier?“ 
 

Der Fuchs fuhr blitzschnell herum und entblösste nadelspitze Zähne. 

„Ach, der kleine Kauk“, antwortete er nach einer kleinen Weile. „So allein im Wald unterwegs?“ 
 

Bo lief es kalt den Rücken herunter. Er mochte Pelun nicht sonderlich. Der Fuchs sagte immer so seltsame Sachen, bei denen man nie genau wusste, ob er jetzt Spass machte oder es sein Ernst war. Und schliesslich war Pelun ein Raubtier und fast genauso gross wie Bo selbst. 
 

Was frassen Füchse eigentlich? Doch keine Kobolde, oder? 

Bo war sich diesbezüglich nicht sicher und wollte seine Begegnung mit Pelun so kurz wie möglich halten. 
 

„Ähh Pelun, wie komme ich denn am schnellsten zum Markt?“, fragte er mit leicht zitternder Stimme. 
 

Der Fuchs legte den Kopf schief und betrachtete den Koboldjungen mit funkelnden Augen. 
 

Bo erschauderte. Ich sollte so schnell wie möglich von hier verschwinden, dachte er. 
 

Pelun wandte den Kopf und sagte leise: „Dort entlang, kleiner Bo. Hinter dem Wolfsanger beginnt der Einhornpfad. Dann nach Norden. Wenn du soweit bist, kannst du den Markt nicht mehr verfehlen.“ 

Damit machte er einen Satz und verschwand im Unterholz. Bo setzte sich wieder in Bewegung. Der Fuchs war vielleicht doch kein so übler Bursche. 
 

Endlich hatte er den Wolfsanger überquert und erreichte einen Weg, der nur der Einhornpfad sein konnte, als er ein knackendes Geräusch hinter sich vernahm. Bo drehte sich herum und sah dort im Zwielicht zwischen den Bäumen eine zierliche Gestalt stehen. Sie war nur ein klein wenig grösser als er selbst, hatte langes, dunkles Haar und ein fein geschnittenes Gesicht. Es war ein Mädchen oder eine Frau. Sie trug ein dunkelgrünes Kleid, in das kleine, glitzernde Steinchen gewebt waren. Anscheinend hatte sie sich mit genau diesem in einem Dornenbusch verfangen, denn sie zerrte und zog an dem Saum ihres Kleides, kam aber nicht frei. Bo kannte die Frau nicht. Sie war keine Koboldin, das wusste er sofort. Aber sie konnte auch keine Elbin sein, dafür war sie zu klein. Für eine Waldfee war sie wiederum viel zu gross. 
 

Da fiel Bo Flanas Erzählung wieder ein. Eine Frau, die zu keinem mir bekannten Volk gehörte, hat mir den Spiegel verkauft , hatte sie damals berichtet. 
 

Bo fing an zu laufen. 
 

„Warte“, rief er. „Kann ich dir helfen?“ 
 

Die Frau blickte auf, ihre Augenbrauen hoben sich erstaunt. Sie hatte ein hübsches Gesicht, befand Bo. Ihre Augen hatten den gleichen Farbton wie ihr Kleid, ihre Nase war klein und spitz. Sie lächelte. „Oh ja. Hilfe wäre mir sehr willkommen“, sagte sie mit sanfter Stimme. 

Bo kniete vor ihr nieder und befreite den Saum des kostbaren Kleides aus dem Dornbusch. 
 

„Danke vielmals. Was machst du so alleine im Wald, kleiner Kobold?“ 
 

„Ich bin Bo Kauk“, antwortete der Junge. „Ich bin auf dem Weg zum Bärenmarkt. Und wer bist du?“, er atmete heftig vor Aufregung. 

„Ich bin eine Sucherin. Wo sind denn deine Eltern?“ 
 

Statt eine Antwort zu geben, stellte auch Bo eine Frage: „Bist du Mira? Mira Keel?“
 

Die schöne Frau legte den Kopf schief, fast so wie Pelun es getan hatte und zog die Stirn kraus. „Wieso suchst du Mira Keel, kleiner Bo?“ 
 

„Weil ... weil, diese Frau meiner Schwester einen Zauberspiegel verkauft hat und dann hat Flana mit diesem Spiegel meinem Vater geholfen, aber seitdem ist sie selbst verschwunden und ich will, nein, ich muss sie wieder finden“, sprudelte es aus Bo nur so heraus.
 

Die Frau lachte glockenhell, wurde aber sofort wieder ernst. 

„Das war aber ein hastiger Bericht, Bo. Nun, ich bin Mira und ich glaube auch zu wissen, warum deine Schwester Flana verschwunden ist. Sie hat den Rat des Orakels nicht bedacht oder nicht verstanden. Deswegen wurde der Spiegel zu einem gefährlichen Objekt und warf den Fluch auf deine arme Schwester zurück.“ 
 

Bo runzelte die Stirn. Er hatte nur die Hälfte von dem verstanden, was Mira soeben erzählt hatte. 
 

„Was ist ein Objekt?“, fragte er deshalb schnell. 
 

Mira seufzte. „Ein Ding, eine Sache, in diesem Fall der Spiegel.“ 

„Hmm, kannst du mir einen Rat geben, wie ich meine Flana wiederfinden oder zurückholen kann?“ 
 

Mira seufzte erneut. „Ich weiss nicht. Bist du nicht noch ein wenig zu klein für derlei Abenteuer?“ 
 

„Bitte Mira, ich vermisse meine Schwester so sehr und meine Eltern sind die ganze Zeit traurig und lachen fast überhaupt nicht mehr.“ 

Mira strich Bo über sein struppiges rotes Haar und lächelte wieder. Diesmal wirkte es aber nicht mehr fröhlich, sondern fast schon traurig. 
 

„Manche Dinge sind nicht so einfach, wie sie scheinen, Bo. Ich kann dir nur den Weg zu einem Hilfsmittel sagen, wie du deine Schwester vielleicht finden kannst. Aber die Betonung liegt hierbei auf dem Wort vielleicht.“ 
 

„Aber ich will es versuchen. Wenn es eine Möglichkeit gibt, will ich es versuchen“, gab der Junge energisch zurück. 
 

Mira nickte nachdenklich. „Also gut. Es gibt im Osten einen Bach. Der Gurgelbach. In seinem Kiesbett kann man zauberkräftige Steine finden. Du wirst sie erkennen, wenn du sie siehst und daran denkst, was du bist.“ 
 

Bo runzelte die Stirn und öffnete den Mund, aber Mira gebot ihm mit einer Geste zu schweigen. 
 

„Drei davon musst du zusammenfügen, erst dann entfalten sie ihre Macht. Mit diesen Zaubersteinen kannst du viele Dinge tun. Doch Vorsicht! Du musst genau wissen was du willst.“ 
 

„Danke, Mira. So schwierig hört sich das gar nicht an.“ Bo bückte sich um eine Eichel aufzuheben. „Aber trotzdem würde ich noch gerne wissen, wie man die Steine ...“ 
 

Als Bo sich wieder aufrichtete, war die fremde Frau verschwunden. „...zusammenfügt“, beendete er seinen Satz verblüfft. Er drehte sich um die eigene Achse. Umrundete den Dornenbusch und blickte den Weg hinauf und hinab, aber Mira Keel blieb verschwunden. 
 

Bo kratzte sich an der Stirn, zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg zum Gurgelbach. 
 

Nach einiger Zeit hatte Bo den Gurgelbach erreicht. Das Wasser glitzerte in der Sonne und kleine schäumende Wellen brachen sich an den Steinen des Bachbettes. 
 

Der Junge blieb stehen, setzte seinen Rucksack ab und betrachtete den wunderschönen Wasserlauf nachdenklich. 
 

Wie soll ich die Steine denn nun erkennen?, dachte er. Ich soll mich darauf besinnen, was ich bin. Ich bin ein Kobold. Ein junger Kobold. Hmm, und jetzt? 
 

Bo kratzte sich wieder an der Stirn. Das tat er immer, wenn er angestrengt nachdachte. 
 

Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. Er lächelte. „Ich bin ein Kobold“, rief er. „Ich habe irgendein magisches Talent.“ 
 

Kobolde, so hatte ihm sein Vater erzählt, haben immer die ein oder andere magische Begabung. Nur wusste Bo noch nicht, welche die seine war. Er zog seine Stiefel aus und watete in den Bach hinein. Das Wasser war eiskalt. Bo quiekte leise, da er dachte seine Zehen würden erfrieren, aber nach kurzer Zeit hatte er sich an das kalte Nass an seinen Füssen gewöhnt. Er begann mit seiner Suche. 

Als die Sonne hinter den Baumwipfeln verschwand, hatte Bo drei kleine Kieselsteine gesammelt. Der eine war schwarz, der andere kupferfarben und der letzte hell. 
 

Er taumelte an das Ufer und stürzte ins hohe Gras. Er konnte seine Füsse nicht mehr spüren. 
 

Bo bekam schreckliche Angst. Seine Mutter hatte ihn im Winter vor Erfrierungen gewarnt. 
 

Seine Zehen würden absterben und seine Füße für immer unbrauchbar sein. 
 

„Nein“, jammerte der kleine Kobold. „Bitte nicht. Ich will meine Zehen behalten. Sie sollen wieder warm werden.“ 
 

Dabei hatte er gar nicht an die drei Steinchen in seiner linken Hand gedacht. Doch nun fühlte er, wie sie warm wurden. Die wohlige Wärme breitete sich in seinem ganzen Körper und auch in seinen Gliedern aus. Er konnte seine Füsse wieder spüren. Er wackelte mit den Zehen und jauchzte: „Juhu. Nichts wird mir abfrieren.“ 
 

Dann blickte er auf seine Handfläche. Die Steine waren wieder kühl. Aber der Kupferfarbene war jetzt auch schwarz. Was auch immer das zu bedeuten hatte, er konnte zaubern. 
 

Er sprang auf und lief zu Rucksack und Stiefeln zurück. Nun war es schon fast dunkel. Heute würde er nicht mehr nach Hause finden. Oder doch? 

 

Bo schloss seine Hand fest um die kühlen Steine und dachte: Ich will nach Hause. Jetzt! 
 

Ein Rauschen erklang, dann wurde Bo ganz schwindelig und er setzte sich rücklings auf seinen Hosenboden. In der Düsternis konnte er Licht erkennen. Das war sein Haus. 

 

„Juhu“, rief er wieder. Langsam bewegte er sich auf sein Elternhaus zu. Dann blieb er erneut stehen und blickte in seine linke Hand. Nun waren alle drei Steine schwarz. Der Junge kratzte sich wieder an der Stirn. Zwei der Steine hatten sich verändert. Für jeden Zauber ein Stein. Das bedeutete, dass er nur noch einen Zauber übrig hatte. 

Seine kleine Faust schloss sich wieder um die magischen Kiesel. 

„Ich will, das Flana wieder hier ist“, sagte er laut. 
 

Nichts geschah. Er wiederholte seinen Wunsch. Viel lauter diesmal. 

Es passierte absolut nichts. Plötzlich legte sich eine Hand auf seine Schulter. Bo erschrak schrecklich. 
 

„Bo Kauk, wo warst du den ganzen Tag und die halbe Nacht?“, schimpfte seine Mutter und zerrte ihn ins Haus. 
 

Bo erzählte seinen Eltern alles. 
 

„Ich habe die falschen Steine genommen. Es hätte kein schwarzer dabei sein dürfen“, beendete der Junge seinen Bericht und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. 

 

„Bo, mein Kleiner. Beruhige dich. Das war sehr mutig von dir. Und es war eine selbstlose Tat. Irgendwann wird das belohnt werden. Wir werden einen Weg finden. Gemeinsam“, tröstete ihn sein Vater. 
 

Helmut Marischka 

Beständigkeit

Ich wünsche dir 
die Beständigkeit 
eines Steins, 
der in sich selbst 
an seinem Platz ruht. 

Beständigkeit 
schafft Inseln der Ruhe, 
um wieder zu sich selbst 
zu finden. 


Maria Sassin 

Ich weiss nicht

 

Ich weiss nicht, wie ich der Welt erscheinen mag; aber mir selbst komme ich nur wie ein Junge vor, der am Strand spielt und sich damit vergnügt, ein noch glatteres Kieselsteinchen oder eine noch schönere Muschel als gewöhnlich zu finden, während das grosse Meer der Wahrheit gänzlich unerforscht vor mir liegt. 

 

Sir Isaac Newton 

Verschmerzen

Schön 
wenn der verwundete Mensch 
seine Narben verschmerzt 

sich gesellt 
zum stillen Stein 
zum beredten Wasserfall 

und sich erkennt 
im Blick 
der Nachbarpupille 
 

Rose Ausländer

Die Bienenkönigin

Zwei Königssöhne gingen einmal auf Abenteuer und gerieten in ein wildes, wüstes Leben, so dass sie gar nicht wieder nach Haus kamen. Der Jüngste, welcher von den anderen nur Dummling genannt wurde, machte sich auf und suchte seine Brüder. 
 

Als er sie endlich fand, zogen alle drei miteinander fort und kamen an einen Ameisenhaufen. Die zwei Ältesten wollten ihn aufwühlen und sehen,  wie die kleinen Ameisen in der Angst herumkröchen und ihre Eier forttrügen, aber der Dummling sagte: "Lasst die Tiere in Frieden, ich leid's nicht, dass ihr sie stört." Da gingen sie weiter und kamen an einen See, auf dem schwammen viele Enten. Die zwei Brüder wollten ein paar fangen und braten, aber der Dummling liess es nicht zu und sprach: "Lasst die Tiere in Frieden, ich leid's nicht, dass ihr sie tötet." Endlich kamen sie an ein Bienennest, darin war so viel Honig, dass er am Stamm herunterlief. Die zwei älteren Brüder wollten Feuer unter den Baum legen und die Bienen ersticken, damit sie den Honig wegnehmen könnten. Der Dummling hielt sie aber wieder ab, und sprach: "Lasst die Tiere in Frieden, ich leid's nicht, dass ihr sie verbrennt." 
 

Endlich kamen die drei Brüder in ein Schloss, wo in den Ställen lauter steinerne Pferde standen und es war kein Mensch zu sehen. Sie gingen durch alle Säle, bis sie vor eine Tür ganz am Ende kamen. Vor der Tür hingen drei Schlösser und in der Tür gab es ein kleines Fenster, durch welches man in die Stube sah. Da sahen sie ein graues Männchen das an einem Tisch sass. Sie riefen es an, einmal, zweimal, aber es hörte sie nicht. Endlich riefen sie zum dritten Mal, da stand es auf, öffnete die Tür und kam heraus. Es sprach aber kein Wort, sondern führte sie zu einem reichbesetzten Tisch. Als sie gegessen und getrunken hatten, brachte das Männchen einen jeden in sein eigenes Schlafgemach. 
 

Am andern Morgen kam das graue Männchen zu dem Ältesten, winkte und leitete ihn zu einer steinernen Tafel, darauf standen drei Aufgaben geschrieben, wodurch das Schloss erlöst werden könnte. Die erste war, in dem Wald unter dem Moos lagen die Perlen der Königstochter, tausend an der Zahl, die mussten aufgesucht werden. Aber wenn vor Sonnenuntergang noch eine einzige fehlte, so ward der, welcher gesucht hatte, zu Stein. Der Älteste ging hin und suchte den ganzen Tag, als aber der Tag zu Ende war, hatte er erst hundert gefunden und es geschah wie auf der Tafel stand, er ward in Stein verwandelt. Am folgenden Tag unternahm der zweite Bruder das Abenteuer: Es ging ihm aber nicht viel besser als dem Ältesten. Er fand nicht mehr als zweihundert Perlen und ward zu Stein. 
 

Zuletzt kam auch an den Dummling die Reihe. Er suchte im Moos, es war aber schwer, die Perlen zu finden und ging sehr langsam. Da setzte er sich auf einen Stein und weinte. Und wie er so sass, kam der Ameisenkönig, dem er einmal das Leben erhalten hatte, mit fünftausend Ameisen, und es ging gar nicht lange, so hatten die kleinen Tiere die Perlen alle gefunden und auf einen Haufen getragen. Die zweite Aufgabe aber war, den Schlüssel zu der Schlafkammer der drei Königstöchter aus der See zu holen. Wie der Dummling zur See kam, schwammen die Enten die er einmal gerettet hatte heran, tauchten unter, und holten den Schlüssel aus der Tiefe. Die dritte Aufgabe aber war die Schwerste: Aus den drei schlafenden Töchtern des Königs sollte die Jüngste herausgesucht werden. Sie glichen sich aber vollkommen und waren durch nichts verschieden, als dass sie, bevor sie eingeschlafen waren, verschiedene Süssigkeiten gegessen hatten. Die Älteste ein Stück Zucker, die zweite ein wenig Sirup und die Jüngste einen Löffel voll Honig. Da kam die Bienenkönigin von den Bienen, die der Dummling vor dem Feuer geschützt hatte und setzte sich auf den Mund von allen dreien. Zuletzt blieb sie auf dem Mund sitzen, der Honig gegessen hatte und so erkannte der Dummling die rechte. 
 

Da war der Zauber vorbei, alles war aus dem Schlaf erlöst und wer von Stein war, erhielt seine menschliche Gestalt wieder. Der Dummling vermählte sich mit der jüngsten Königstochter und seine Brüder heirateten die anderen beiden Schwestern. Nach dem Tod des Königs wurden der Dummling und seine Frau König und Königin. Sie regierten das Land weise und gerecht und allen Menschen in ihrem Volk ging es gut. 


Gebrüder Grimm 

Bau mir ein Haus

Der Wind kommt. 
 

Der Wind, der die Blumen kämmt 
und die Blüten zu Schmetterlingen macht, 
der Tauben steigen lässt aus altem Papier 
in den Schluchten Manhattans 
himmelwärts, bis in den zehnten Stock, 
und die Zugvögel an den Türmen 
der Wolkenkratzer zerschellt. 
 

Der Wind kommt, der salzige Wind, 
der uns übers Meer treibt 
und uns an einen Strand wirft 
wie Quallen, 
die wieder hinausgeschwemmt werden. 
Der Wind kommt. 
Halte mich fest. 
 

Ach, mein heller Körper aus Sand, 
nach dem ewigen Bilde geformt, nur 
aus Sand. 
Der Wind kommt 
und nimmt einen Finger mit, 
das Wasser kommt 
und macht Rillen auf mir. 
Aber der Wind 
legt das Herz frei 
- den zwitschernden roten Vogel 
hinter den Rippen - 
und brennt mir die Herzhaut 
mit seinem Salpeteratem. 
 

Ach, mein Körper aus Sand!
Halte mich fest, 
halte 
meinen Körper aus Sand. 
 

Lass uns landeinwärts gehn, 
wo die kleinen Kräuter die Erde verankern. 
Ich will einen festen Boden, 
grün, aus Wurzeln geknotet 
wie eine Matte. 
Zersäge den Baum, 
nimm Steine 
und bau mir ein Haus. 
 

Ein kleines Haus 
mit einer weissen Wand 
für die Abendsonne 
und einem Brunnen für den Mond 
zum Spiegeln, 
damit er sich nicht, 
wie auf dem Meere, 
verliert. 

Ein Haus 

neben einem Apfelbaum 
oder einem Ölbaum, 
an dem der Wind 
vorbeigeht 
wie ein Jäger, dessen Jagd 
uns 
nicht gilt. 
 

Hilde Domin 

Bausatz

Sich einen Bestand an Narrheiten 
zulegen 
sehen was es zu sehen gibt 
einen Stein auf den anderen 
setzen 
zum Haus zum Dorf 
zum Klotz am 
Bein 

 

Brigitte Fuchs 

Ursprung

 

Als die Zeit 
noch jung war, 
und das Leben 
in den Steinen atmete, 
 

als Erde 
und Mond 
gemeinsam 
der Sonne 
huldigten, 
erwärmte mich 
ihr Gruss. 
 

unbekannt 

Was weiss der Stein

 

Was weiss der Stein von den Notizen 
die der Wind in Schnellschrift auf die 
Wiese wirft sieht er der Liebe auf den 
Grund und jener blinden Angst 

Da rollt er hin den Fluss hinab ins Tal 
fällt ab als Last vom bangen Herzen 
hüpft einmal schiefernd übers Wasser 
um dann für immer abzutauchen 

Liegt er mit Absicht uns im Weg kennt 
er sich aus mit Mauerbau weiss er vom 
Räderwerk das ihn dereinst zu Staub 
zerreibt was weiss der Stein 
 

Brigitte Fuchs 

Sehnsucht

 

Diesen Stern am Himmelszelt 
haben wir uns auserwählt, 
wenn wir aneinander denken, 
liebe Grüsse uns zu schenken. 
Sirius mit deinem Schein, 
glitzernd wie ein Edelstein, 
leuchtest über Raum und Zeit 
wohl in alle Ewigkeit 
und verbindest durch Äonen 
alle, die auf Erden wohnen. 
Doch - unfassbar dem Verstand - 
alle gleich in Gottes Hand.
 

Brigitte Goldberg 

Kreise

 

Es war auf dem Weg nach Hause, an der Dünenkette entlang, an einem Spätnachmittag, an dem sich das Meer während der Ebbe seidenweich an den Strand schmiegte: Ein einziger Tropfen oder war es ein Steinchen, eine kleine Muschel - löste sich von meinem Fuss, der durch das seichte Wasser stapfte, und fiel auf dessen fast unbewegten Spiegel, der von der Nachmittagssonne ganz durchlichtet war: Es gab einen hellen Ton, ein feiner Wellenkreis bildete sich, der sich im Nu erweiterte, konzentrische Kreise um sich schlug, weitere und weitere. Die Figur erregte mein Staunen, so bekannt sie ist, in diesem Augenblick war sie mir neu, so sehr, dass ich im Gehen innehielt, um dieser bewegten Form nachzuspüren, zumal das Licht sie auf dem Grund des Wassers nachzeichnete, eine konzentrische Kreisfigur, zitternd, von feinsten Schwingungen in sich vibrierend, die nun immer weiter ausschwang, sich entgrenzte, bis die nächste leise Welle kam, die genügte, um die Figur zu überspülen. Eine Figur, die nur für Sekunden bestand, jedoch jeden Moment wieder erstehen kann: der Kreis, der konzentrische Kreise um sich schlägt - eine Grundfigur der Welt, die gleiche, die die Schallwellen bilden, die unser Kommunikationsnetz tragen ...
 

Ingried Riedel 

Träume

 

Träume sind Gedanken, die auf Reisen geh´n, 
die frei durch Zeit und Raum, die Welt mit andren Augen seh´n. 
Verschlossen wird das Tor zur Wirklichkeit, 
das eigne Ich, entflieht der Zeit. 

 

Durch tiefe Wälder kühl und still, die Reise immer weiter will. 
 

Die Wiese dort am Wegesrand, mit Blumen bunt und schillerndem Gewand. 
 

Verweilen sollst du dort und sei ganz still, 
bis die Reise weiter führt zum nächsten Ziel. 
 

Der klare Bach, er führt dich weiter fort 
und nimmt dich mit, an seinen nächsten Ort.

 

Am Horizont, die Berge mächtig hoch und majestätisch schön, 
die Gipfel schon gen Himmel geh'n. 

Die Welt von oben winzig klein, die klare Luft, der kalte Stein, 
Gedanken frei und ganz weit fort, 
hier ruh dich aus, an diesem Ort. 
 

Lass die Gedanken frei in Zeit und Raum 
und denke daran, es ist dein Traum. 
 

Dein Traum, der nur für dich bestimmt 
und acht darauf, dass niemand dir das Träumen nimmt. 
 

Denn Träume tief bei dir ins Innre geh'n und 
durchaus auch, die Seele seh'n. 
 

Guido Horst 

Wähle das Leben

 

hör doch 
das Leben singt 
lockt mit seiner 
verführerischen Melodie 
lass dich fallen 
in den Rhythmus 
der trägt 
werde Musik 
Herzschlag der Schöpfung 
eins mit Baum Wolf Gestein 
atme ein aus 
in der pulsierenden 
Kraft des Lebens 
werde sei Kraft 
und folge 
dem Ruf 
der grossen Bärin
 

Andrea Schwarz 

Steine der Vergebung

 

Der alte Rektor einer Schule sah mit grossem Bedauern, dass von Jahr zu Jahr die Streitigkeiten und Raufereien unter den Schülern zunahmen. 
 

Er machte sich darüber Gedanken und liess einen Berg Steine auf den Schulhof liefern. 
 

Die Kinder bekamen den Auftrag, all ihren Ärger und ihre Wut auf andere Menschen jeweils auf einen Stein zu schreiben. Diese Steine sollte jeder einen Tag lang mit sich herumtragen. 
 

Am Ende des Tages, als alle vom Steine schleppen müde waren, zitierte der Rektor ein chinesiches Sprichwort: "Wenn du loslässt, hast du beide Hände frei." 
 

Da legten die Schüler erleichtert ihre Last wieder ab. 

Seit dem "steinigen Tag" veränderte sich beinahe schlagartig das Verhalten der Schüler zum Positiven. Es kam sogar vor, dass einige Kinder ihren Eltern nahe legten sich "Vergebungssteine" zuzulegen. 


Gisela Rieger 

Sich an der Natur erfreuen

Ist es nicht herrlich, 
wie der Bach hier die Schlucht durchfliesst, 
da du dich langsam ihm näherst, 
und die Lachse ganz ruhig darin 
hinter den Steinen stehn? 
 

Sind sie nicht herrlich, 
die dicht mit Gras bewachsenen Ufer? 
Doch nie mehr werde ich 
hier Willow Twig treffen, 
obwohl ich mich noch so sehr sehne. 
Nun, so ist das. 
Das Schlängeln des Baches 
durch die Schlucht 
ist herrlich. 
 

Ist es nicht herrlich, 
das bläuliche Felsinselchen dort, 
da du dich langsam ihm näherst? 
Wen stört es, 
dass die wehenden Geistwinde 
über den Fels irren? 
Denn diese Insel ist herrlich, 
da du dich ihr näherst 
mit besonnenem Schritt 
und sie einholst mit Schwung. 
 

Snehyttens, Indianische Weisheit 

Bis meine Welt die Augen schliesst

Ich hab dich einmal gesehen, 
und für immer entdeckt. 
Ich hab dich einmal gefragt, 
du hast für immer ja gesagt. 
 

Komm wir schauen zu den Sternen, 
doch hier unten leuchten wir. 
Die meisten gehen alleine, 
doch ich geh jetzt mit dir. 
 

Bis meine Welt die Augen schliesst 
werd ich dich lieben. 
Bis meine Welt die Augen schliesst 
werd ich alles für dich geben. 
Du liegst neben mir, 
wir haben Tränen gelacht. 
Uns fallen Steine vom Herzen, 
wer hätte das gestern gedacht? 
 

Wir ziehen leise durch die Nacht 
und wir brauchen nicht viel. 
Wir haben uns beide verpasst 
und uns dann ein Herz gefasst. 
Komm wir verstecken uns im Gras 
und feiern lauthals den Regen. 
Wir brauchen nur uns, 
wir fühlen uns wieder mal am Leben. 
 

Bis meine Welt die Augen schliesst 
werd ich dich lieben. 
Bis meine Welt die Augen schliesst 
werd ich alles für dich geben. 
Du liegst neben mir, 
wir haben Tränen gelacht. 
Uns fallen Steine vom Herzen, 
wer hätte das gestern gedacht? 
 

Bis meine Welt die Augen schliesst 
Bis meine Welt die Augen schliesst 
Bis meine Welt, bis meine Welt die Augen schliesst 
Bis meine Welt die Augen schliesst 
Bis meine Welt die Augen schliesst 
Bis meine Welt, bis meine Welt, bis meine Welt 
 

Bis meine Welt die Augen schliesst 
werd ich dich lieben. 
Bis meine Welt die Augen schliesst 
werd ich alles für dich geben. 
Du liegst neben mir, 
wir haben Tränen gelacht. 
Uns fallen Steine vom Herzen, 
wer hätte das gestern gedacht?
 

Songtext Alexander Knappe 

Der Stein

 

In jeder Gesellschaft gibt es das sogenannte goldene Mittelmass, das Anspruch auf den ersten Platz erhebt. Diese Leute der goldenen Mitte sind 

schrecklich von sich eingenommen. Sie sind diejenigen, die auf jeden Neuerer den ersten Stein werfen. 
 

Fjodor Michailowitsch Dostojewski 

 

Erwachen

 

Ich lag in dir noch unverzweigt, 
du tiefer Felsen einer Nacht; 
so kalt wie Stein und trostesarm. 

Da fühlt ich plötzlich, wie der Tag 
sich an dem Sein im Licht verfing 
und liebewarm und flammenhaft 
sich an die kleinsten Dinge hing. 

Da war ich wach. 
Doch war mir noch ein Silberklang, 
der sich an einem Zimbal schlug, 
erhörbar, 
und meines Engels Morgengang. 
 

Regina Ullmann 

Erinnerung

 

Und du wartest, erwartest das Eine, 
das dein Leben unendlich vermehrt; 
das Mächtige, Ungemeine, 
das Erwachen der Steine, 
Tiefen, dir zugekehrt. 

Es dämmern im Bücherständer 
die Bände in Gold und Braun; 
und du denkst an durchfahrene Länder, 
an Bilder, an die Gewänder 
wiederverlorener Fraun. 

Und da weisst du auf einmal: das war es. 
Du erhebst dich, und vor dir steht 
eines vergangenen Jahres 
Angst und Gestalt und Gebet. 
 

Rainer Maria Rilke 

Du

 

Ins Mosaik 
meines Lebens 
hast du Steine gefügt, 
rote und blaue,
grüne und gelbe, 
runde und eckige, 
kleine und grosse. 

Du hast Erinnerungen 
in mich gelegt 
und dich eingebaut 
in meine Zeit 

Mit dir 
bin ich geworden, 
was ich bin, 
deine Spuren 
bleiben und leuchten 
in mir. 
 

Tina Willms 

Voller Hoffnung

 

Den Stein 
vom Grabe getragen 
 

nicht trauern 
hoffen 
 

Ostern 
Frühling 
Zuversicht 
Glück 
 

Christel Anders 

Auf die Vision kommt's an

Tief im Mittelalter ging ein Mann auf einer verstaubten Strasse seines Weges. Wo immer er auf Menschen stiess, blieb er stehen und fragte sie, was sie arbeiteten und für wen sie es taten. Denn seit geraumer Zeit wusste er um sein Leben nicht mehr Bescheid, wusste nicht mehr, was er tun sollte und wofür. Des Nachsinnens müde, war er ausgezogen, um von anderen Menschen zu hören, was sie bewegte. Auf diese Art wollte er in Erfahrung bringen, was ihm verloren gegangen war. Da stiess er auf einen Mann, der am Wegrand sass und ganz gebückt auf einen Stein einschlug. Der Wanderer blieb stehen und schaute ihm lange zu. Da er seine Tätigkeit nicht verstand, fragte er ihn: “Freund, lange schon schaue ich dir zu, wie du auf diesen Stein einschlägst. Allein es mangelt mir an Verständnis. Freund, kannst du mir, einem Fremden und deines Handwerks Unkundigen, verraten, was du da machst?”

 

Ohne in seiner Tätigkeit innezuhalten, murmelte der Mann missmutig in seinen Bart: "Du siehst alles. Ich behaue einen Stein." 

 

Mit trüben Gedanken zog der Mann weiter. "Was ist das für ein Leben", dachte er bei sich, "die ganze Zeit Steine zu behauen?" 

 

Da seine Verwirrung nun noch grösser war, betrachtete er es als ein Glück, als er wenig später wieder einen Mann da sitzen sah, der emsig auf einen Stein einschlug, in der gleichen Art wie zuvor der andere Mann. Auf ihn ging der Wanderer zu und fragte ihn sogleich: "Freund, wozu schlägst du auf diesen Stein?" - 

 

Der Mann, etwas erschrocken von der unerwarteten Frage, antwortete nach einigem Zögern: "Siehst du nicht, Fremder, ich mache Ecksteine!" 

 

Betroffen ob seiner Unwissenheit setzte der Wanderer seinen Weg fort. Die Verzweiflung in ihm wuchs, denn er konnte sich nicht abfinden mit dem, was er gesehen hatte. Sollte das ganze Glück des Lebens darin bestehen, Steine zu behauen oder Ecksteine zu machen? In der Sorge seines Herzens versunken, hätte er beinahe übersehen, dass er wieder an einem Mann vorbeigekommen war. Auch dieser sass am staubigen Wegrand und schlug auf einen Stein ein, nach der Art, wie die beiden anderen Männer. Der Wanderer blieb stehen und prüfte voller Staunen, was dieser Mann tat. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass auch dieser Mann mit derselben Fertigkeit wieder auf einen Stein einschlug, ging er langsam auf ihn zu und richtete seine Rede, die er nicht weiter zurückhalten konnte, an ihn und fragte: "Freund, sag mir: Was ist deine Tätigkeit? Behaust auch du nur Steine, oder machst du gar Ecksteine?" - 

 

"Nein, Fremder", antwortete der Mann und wischte sich den Schweiss von der Stirn, "siehst du denn nicht? Ich baue eine Kathedrale!" 

 

aus: Sinnvoll leben von Alfried Längle 

Erinnerungen malen

 

Erinnerungen malen 
mein Herz bernsteingold 
übertünchen Alltagslast 
schmücken Sorgentage 
überstrahlen poliertes Silber 
reicher als edelmetallene Schätze 
funkeln wie Diamanten 
füllen das Herz mit Lachen 
und Dankbarkeit 
lassen es ballonleicht 
durch Zeit und Raum fliegen. 

Die Sonnenblume von gestern 
zwinkert mir zu, es lächelt 
die knospende Rose: 

Heute sammeln wir neue Schätze 
in die Vorratskammer 
die uns im Lebenswinter nährt. 
 

Maria Sassin 

Solide zerfallen

 

Hart sind die Steine, 
fein ist der Staub, 
heute wird alles 
solide gebaut. 

Solide für wen, 
wem solls gefallen? 
Soll denn nicht einfach 
mal alles zerfallen?

Denn selbst ein Stein 
ist eigentlich ganz fein. 
Lasst uns nicht warten, 
um den Abbau zu starten. 

So gibt’s wieder Raum, 
um die Zukunft zu baun'n. 

 

Beat Suter